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Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege

Rede von Lutz Heilmann,

Lutz Heilmann (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste!

Frau Brunkhorst, Sie müssen mir eine Bemerkung erlauben. Als wir die vorliegenden Gesetzentwürfe in den Ausschuss bekommen haben, haben wir uns als Linke auch die Grünen, soweit ich weiß darum bemüht, dass wir hier eine Anhörung durchführen können. Wir hätten Ihre Stimme gebraucht; mit der Stimme der FDP hätten wir als Opposition gemeinsam diese Anhörung erzwingen können.
(Angelika Brunkhorst (FDP): Die Informationen sind doch längst da gewesen!)
Sie wollten das nicht, weil Sie wahrscheinlich schon zu Ihrem Nachbarn schielen und der CDU/CSU im Hinblick auf künftige Koalitionen im Bundestag oder sonst wo nicht wehtun wollen. Ich wollte noch einmal ganz klar und deutlich herausstellen, welche Rolle Sie hier in dem Gesetzgebungsverfahren gespielt haben.
Herr Gabriel, somit komme ich gleich zu Ihnen. Ihre Bilanz als Umweltminister ist, mit einem Wort ausgedrückt, katastrophal:
(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)
katastrophal, weil Sie für die Abschwächung der CO2-Grenzwerte bei Pkws verantwortlich sind, katastrophal, weil Sie mit dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz von 2007 gegen den Geist der Århus-Konvention verstoßen haben, und katastrophal, weil Sie mit dem Scheitern des UGB dem Ganzen noch die Krone aufsetzen. Herr Gabriel, Sie sind da nicht an der CSU aus Bayern gescheitert; das ist vielmehr Ihr ganz persönliches Unvermögen.
(Dr. Matthias Miersch (SPD): Das ist eine Frechheit!)
Sie konnten sich nicht bei Ihrer Kanzlerin durchsetzen, die übrigens einmal Umweltministerin war und der der Naturschutz und der Klimaschutz offenbar für Sonntagsreden auf großen Konferenzen gut sind; wenn es aber ans Eingemachte geht, ist nichts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute abschließend die Überbleibsel ich sage: die Überbleibsel, Kollege Miersch des Umweltgesetzbuches, sozusagen den Rest, darunter die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Sie sagen: Es ist ein gutes Gesetz. Na ja, man muss seine Niederlagen immer irgendwie ein bisschen schönreden, nicht wahr?! Ich entgegne Ihnen: Es ist ein schlechtes Gesetz. Ich würde es nicht Naturschutzgesetz nennen, sondern Naturzerstörungsgesetz.
(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD - Ulrich Petzold (CDU/CSU): Bitterfeld lässt grüßen!)
Ihrer Meinung nach muss dieses Gesetz jetzt ganz schnell verabschiedet werden, weil die Länder ab dem 1. Januar 2010 abweichende Regelungen erlassen könnten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU und von der SPD, Sie waren doch diejenigen, die in der Verfassung die Möglichkeit abweichender Regelungen in den Ländern verankert haben. Dafür sind nicht wir, sondern Sie verantwortlich; schließlich ist das ein Ergebnis der Föderalismusreform.
(Dr. Matthias Miersch (SPD): Was war vorher, Herr Heilmann? Sagen Sie es mal!
Ich möchte jetzt darauf verzichten, eine juristische Auseinandersetzung darüber zu führen, ob es am 1. Januar 2010 wirklich dazu kommt, dass die Länder flächendeckend abweichende Regelungen erlassen. Wir haben ein Bundesnaturschutzgesetz mit Mängeln, das über den 1. Januar 2010 hinaus Gültigkeit hat. Eine Debatte darüber will ich jetzt aber nicht beginnen.
Mit dem Bundesnaturschutzgesetz, das Sie hier heute verabschieden wollen, ist das Ziel verbunden, vernünftige, abweichungsfeste, allgemeine Grundsätze festzuschreiben. Von allen anderen Regelungen können die Länder ganz einfach abweichen. Das ist doch richtig so, Herr Kollege Miersch, oder?
(Dr. Matthias Miersch (SPD): Ich will Ihnen jetzt keine verfassungsrechtliche Vorlesung halten! Aber das, was Sie sagen, ist falsch!)
Es ist doch Fakt so steht es in der Verfassung : Von dem, was nicht abweichungsfest geregelt ist, können die Bundesländer ganz einfach abweichen.
(Ulrich Petzold (CDU/CSU): Aber nicht nach unten! Das ist das Problem!)
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält 8 allgemeine Grundsätze des Naturschutzes. Im noch geltenden Bundesnaturschutzgesetz sind 15 Grundsätze formuliert. Ich stelle gegenüber: 8 Grundsätze im Gesetzentwurf, 15 Grundsätze im geltenden Gesetz.
(Petra Bierwirth (SPD): Es geht um Inhalte! - Weitere Zurufe von der SPD)
Ich höre das Wort „Qualität“.
Schauen wir uns das Ganze einmal anhand eines Beispiels an. Die Eingriffsregelung ist das Kernstück des Naturschutzrechts. Es geht dabei um den Umgang mit Beeinträchtigungen der Natur. § 13 dieses Gesetzentwurfs enthält in einem Satz den allgemeinen Grundsatz; ich verzichte darauf, ihn hier vorzulesen. Ist das von der Qualität her ausreichend? Ich sage: Nein! Es ist notwendig, die Legaldefinitionen, die Abwägungssituation als allgemeinen Grundsatz zu verankern. All das hätte viel umfassender geregelt werden müssen. Wie gesagt, enthält § 13 Ihres Gesetzentwurfes in einem Satz den allgemeinen Grundsatz. Der Rest, also das, was in § 14 ff. Ihres Gesetzentwurfes geregelt ist, ist nicht abweichungsfest. Mit anderen Worten: Die Länder können diesbezüglich abweichende Regelungen treffen. Das wollen Sie hier beschließen. Das ist nicht hinnehmbar.
Die von Ihnen geplante Eingriffsregelung beweist, wie ich aufgezeigt habe, dass dieser Gesetzentwurf nichts taugt. Es ist nicht ausreichend definiert, welche Grundsätze abweichungsfest sind. Deshalb fordert die Linke Ihnen liegt ein Entschließungsantrag von uns vor , qualitativ hochwertige abweichungsfeste Grundsätze.
(Dr. Matthias Miersch (SPD): Öffentlichkeitsbeteiligung!)
- Kollege Miersch, Sie sprechen von Öffentlichkeitsbeteiligung. Wie haben Sie denn die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie umgesetzt? Stichwort „Umwelt Rechtsbehelfsgesetz“! Ich verweise auf sämtliche Beschleunigungsgesetze. Damit haben Sie die Öffentlichkeitsbeteiligung der Bürgerinnen und Bürger ad absurdum geführt.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Heilmann, denken Sie bitte an Ihre Zeit.
Lutz Heilmann (DIE LINKE):
Die Linke fordert eine präzise und vollständig abweichungsfeste Eingriffsregelung.
Ich möchte zum Schluss kommen. Wenn Sie diesen Gesetzentwurf heute verabschieden, tun Sie dem Naturschutz in Deutschland keinen Gefallen. Ich bitte Sie, darauf zu verzichten, unseren Entschließungsantrag anzunehmen und dementsprechend Ihren Gesetzentwurf zu überarbeiten.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN Ingbert Liebing (CDU/CSU): Das kommt gar nicht infrage!)