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Entwicklungszusammenarbeit muss sich an der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme in den Entwicklungsländern orientieren

Rede von Hüseyin Aydin,

Meine Damen und Herren,

Die Entwicklungszusammenarbeit muss sich an der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme in den Entwicklungsländern orientieren.

Das sage ich, das sagt DIE LINKE hier im Bundestag seit zwei Jahren.

Denn wir brauchen keine teuren Wirtschaftsberater für China.

Sondern wir brauchen Schulen und Abwassersysteme in Afrika.

Als Hilfe zur Selbsthilfe.

Und: die Menschen in den Entwicklungsländern brauchen soziale Sicherheit.

Das heißt:
finanzielle Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Unterstützung öffentlicher Rentensysteme,
kostenlose Hilfe bei Krankheit.

Es kann deshalb nicht angehen,
dass 2008
- trotz steigender Etatmittel -
im Haushalt des Entwicklungsministeriums die Zusagen für die Grundbildung stagnieren.

Es kann nicht angehen,
dass die Mittelzusagen bei Wasser und Umwelt sinken.

Dass aber der Zusagerahmen für „Wirtschaftsreform und Marktwirtschaft“ auf 423 Millionen verdoppelt wird.

Das sind 423 Millionen Euro, die den Armen nichts bringen.

Unsere seit zwei Jahren beharrlich vorgetragene Kritik an dieser Fehlorientierung stößt bei der Bundesregierung auf taube Ohren.

Umso erstaunter bin ich,
dass die Regierungsfraktionen hier einen wirklich begrüßenswerten Antrag vorgelegt haben.

Denn im Gegensatz zu dem unverbindlichen Gerede,
mit dem sie uns regelmäßig in entwicklungspolitischen Debatten langweilen,
wird hier Tacheles gesprochen.

Ja, Sie haben Recht
- ich zitiere -
„in den letzten Jahren wurden die sozialen Aspekte in der Entwicklungszusammenarbeit vernachlässigt“.

Ja, Sie haben Recht:
Es hat sich,
wie Sie schreiben,
kein „trickle-down-Effekt“ eingestellt.

Das heißt:
Die Förderung großer Wirtschaftsunternehmen durch die Instrumente der deutschen Entwicklungs-zusammenarbeit ist nicht automatisch den Armen zugute gekommen.

Ganz im Gegenteil!

Die privatisierungsfreundliche Orientierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit torpediert das wichtigste aller Ziele:

die Armutsbekämpfung!

Der vorliegende Antrag fordert deshalb völlig zu Recht neue Prioritäten und die Abkehr von alten Denkansätzen.

Meine Damen und Herren:

Dieser gute Antrag ist eine schallende Ohrfeige für die einseitige wirtschaftsfreundliche Orientierung der Bundesregierung!!

Besonders möchte ich die richtige Feststellung hervorheben,

dass die enorm gewachsene Zahl unsicherer Beschäftigungsverhältnisse eines der größten Probleme darstellt.

In einem Land wie Sambia gibt es nur noch 500.000 Menschen mit einem regulären Arbeitsvertrag.

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation IAO beträgt der Anteil der in der Schattenwirtschaft Beschäftigten in vielen Ländern Asiens und Afrikas zwischen 50 und 80 %.

Bei dieser Gelegenheit erinnere ich Sie daran:

Vor einem Jahr hat die Linke einen Antrag zur Ratifizierung des IAO-Übereinkommens zur Heimarbeit vorgelegt.

Den haben Sie abgelehnt.

Dabei wäre das doch so ein wichtiger Beitrag zur Schaffung sozialer Sicherheit in Entwicklungsländern.

Damit auch Heimarbeiterinnen in Afrika endlich Mutterschutz bekommen.

Ich erwarte, dass Sie hier endlich handeln und das Übereinkommen ratifizieren!!
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Dennoch, ich bleibe dabei:

die Regierungsfraktionen haben nun einen guten Antrag vorgelegt,

der von Ihrer eigenen Regierung eine neue, soziale Orientierung in der Entwicklungszusammenarbeit einfordert.

Doch Papier ist geduldig.

Taten müssen folgen!

Wir werden, wie viele andere auch, in den kommenden Monaten und Jahren sehr genau beobachten,

ob sich die Regierung in punkto Entwicklungspolitik der Mehrheit des Bundestages verpflichtet fühlt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.