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Endlich Extraprofite aus dem Emissionshandel besteuern

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Verordnung der Bundesregierung - Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem Zuteilungsgesetz 2012 (Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 - EHVV 2012)

> Drucksache 16/13189

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Emissionshandels-Versteigerungsverordnung ist rein technisch sicherlich in Ordnung. Das Problem ist nur, dass sie aufgrund des Zuteilungsgesetzes 2012 lediglich für 9 Prozent aller Zertifikate gilt. Damit müssen wir sie natürlich ebenso ablehnen, wie wir das beim zu Grunde liegende Zuteilungsgesetz getan haben.
Die Sache ist doch die, dass die Kraftwerksbetreiber Milliarden an leistungslosen Extraprofiten einfahren, weil ihnen 91 Prozent der Emissionsrechte geschenkt werden, sie aber den Handelspreis der Zertifikate auf den Strompreis umlegen. Oder die Energieversorger verdienen windfall profits, weil sie an den infolge des Emissionshandels gestiegenen Großhandelspreisen auch dann verdienen, wenn ihre Anlagen gar nicht emissionshandelspflichtig sind. So etwa Betreiber von Atomkraftwerken.
So kommt eine im Juni 2008 vorgelegte Studie des Öko-Instituts im Auftrag des WWF Deutschland zu dem Ergebnis, dass diese Extragewinne rund 35,5 Mrd. Euro, also rund 7 Mrd. Euro pro Jahr betragen. Dabei wurde ein CO2-Zertifikatepreis von 25 Euro angesetzt. Nun liegt momentan der Preis aufgrund der tiefen Wirtschaftskrise nur bei 13 Euro. Das kann sich schnell ändern, aber selbst wenn wir mir diesem Wert rechnen, kommen wir in einem Überschlag auf wenigstens 18 Milliarden Euro Extraprofite bis 2012.
Ich meine, das sind ganz erkleckliche Sümmchen. Mir würde eine Menge einfallen, was man damit bezahlen könnte.
Die Bundesregierung hat es jedoch bislang strikt abgelehnt, in irgendeiner Form die windfall profits zu besteuern. Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass die Bundesregierung die in anderen Ländern diskutierte Besteuerung dieser leistungslosen Zusatzgewinne wenigstens einmal thematisiert oder rechtlich geprüft hat. Das ist ein Skandal, angesichts klammer Kassen und Hartz IV!
Finnland dagegen will jetzt einen Teil der ungerechtfertigten Gewinne besteuern, welche die Stromkonzerne kassieren. Betroffen sind die vier in Betrieb befindlichen Atomreaktoren und die großen alten abgeschriebenen Wasserkraftanlagen in Nordfinnland. Damit ist zwar immer noch nur ein Teil der windfall profits erfasst - die in den fossilen Kraftwerken bleiben ja außen vor - aber wenigstens ist ein Anfang gemacht. Ein Anfang, auf den man in Deutschland vergebens wartet.
Aber nicht nur das. Die Bundesregierung will bestimmten Branchen weiterhin Extragewinne zukommen lassen. Sie hat im letzten Jahr zwar im Rahmen der Verhandlungen um das EU-Klimapaket am Ende die Komplettversteigerung für den Energiesektor ab 2013 akzeptiert. Zugleich hat sie aber für den emissionshandelspflichtigen Industriebereich umfangreiche Ausnahmen ausgehandelt, die sie mit dem Schutz vor außereuropäischer Konkurrenz begründet hat.
Bloß warum hat sie das getan? Warum bekommen nun 80 Prozent der Industriebetriebe die Emissionsrechte geschenkt? Schließlich hat eine Auswertung verschiedener wissenschaftlicher Studien zum Thema durch den WWF Deutschland gezeigt, dass die überwiegende Mehrzahl besagter Unternehmen durch eine Auktionierung der Emissionsrechte in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht bedroht sei. Auch der Leiter des UN-Klimasekretariats Yvo de Boer, hat im September 2008 kritisiert, dass das Ausmaß der Betroffenheit oftmals überzeichnet werde. Tatsächlich stehe die Industrie, die in Europa wirklich ernsthaft betroffen sei, nicht einmal für zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes. 2 Prozent also, und nicht 80! Die Differenz ist nichts anderes, als Geschenke an die Wirtschaft.
Es liegt darum der Verdacht nahe, dass die Bundesregierung sowenig Auktionierung will, wie möglich, und dazu noch in Sachen Besteuerung der Extragewinne nach Ausflüchten sucht. So antwortete sie auf eine Kleine Anfrage von uns, die Erhebung einer Windfall Profit Tax würde auf methodische Probleme stoßen, da eine exakte Berechnung für den gesamten Verlauf des Kraftwerkeinsatzes über den Tag durchgeführt werden müsse. Zudem sei eine solche Abschöpfungssteuer systematisch nicht mit dem Emissionshandel vereinbar und darüber hinaus europarechtlich fraglich.
All diese Argumente sind offensichtlich nur vorgeschoben. Denn wie das Beispiel Finnland zeigt, geht es doch. Wenn man will.