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Dreiste Schlecker-Lügen der Bundesregierung

Rede von Sabine Zimmermann,

Sehr geehrter Herr Präsident
liebe Kolleginnen und Kollegen,


was wir in den letzten Tagen und Wochen im Fall Schlecker erlebt haben, ist kaum in Worte zu fassen.
Nachdem die Politik es zugelassen hat, das ein Großunternehmen wie eine Würstchenbude geführt wird und so für die Schlecker-Pleite mitverantwortlich ist, wurden die Schlecker-Beschäftigten von der Bundesregierung und den meisten Landesregierungen hingehalten. Am Ende wurde ihnen die Hilfe verweigert. Das ist ein Armutszeugnis.
Milliarden flossen für die Banken, der Ex-Bundespräsident Christian Wulff erhält bis an sein Lebensende einen Ehrensold, aber die Politik schafft es nicht einen Kredit von 70 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung mit einer Frau an der Spitze der Regierung und des verantwortlichen Ministeriums hat sich geweigert die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau anzuweisen, eine Bürgschaft für die Transfergesellschaft zu übernehmen. Damit stellt die Bundesregierung unter Beweis, dass ihr Frauenarbeitsplätze in den Dienstleistungsberufen weniger Wert sind.
Es geht hier nicht um Anton Schlecker. Er und seine Familie fallen weich. Zehntausende Beschäftigte, die für diese Familie den Rücken krumm gemacht haben, müssen um ihre Existenz bangen.
Die Bundesregierung behauptet, dass die Schlecker-Frauen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und verweist auf 25.000 offene Stellen in den Verkaufsberufen. Sie verschweigt, dass in dieser Berufssparte zugleich bereits über 300.000 Menschen arbeitslos gemeldet sind.
Die Bundesregierung behauptet, dass es keinen Sinn macht mit öffentlichen Geldern die Arbeitsplätze bei Schlecker zu fördern. Sie verschweigt aber, dass auch Arbeitslosigkeit die Gesellschaft Geld kostet. Bis zu 113 Millionen Euro können es sein, unterstellt man das jede zweite Beschäftigte, die bei Schlecker ihren Arbeitsplatz verliert, keinen neuen Job findet.
Die dreistete Lüge, die Vertreter von FDP und Union verbreiteten, ist zu behaupten, die Politik habe mit der Schlecker-Pleite nichts zu tun, sie sei ein Ergebnis der Marktwirtschaft.
Die Wahrheit ist: Die Politik hat die gesetzlichen Regelungen zu verantworten, nachdem Anton Schlecker ein Unternehmen mit zehntausenden Beschäftigten wie eine Würstchenbude führen konnte. Schlecker meldete sein Unternehmen als „eingetragener Kaufmann“ an. So konnte er die für Großunternehmen sonst üblichen Vorschriften zur Rechungsführung und einer Kontrolle durch einen Aufsichtsrat umgehen. Als „eingetragener Kaufmann“ war Anton Schlecker auch nicht verpflichtet Insolvenz anzumelden und nicht für eine Insolvenzverschleppung strafrechtlich belangt werden.
Das alles hat die Politik zu verantworten, denn sie macht die Gesetze. Auch deshalb steht sie in einer besonderen Pflicht, sich für den Erhalt der Arbeitsplätze einzusetzen.

Unsere Forderungen sind klar:

Erstens: Der Gesetzgeber ist gefordert alle Schlupflöcher zu schließen, mit denen Großunternehmen einer umfassenden Transparenzpflicht und Kontrolle entgehen können. Dazu muss auch ein Stärkung der Mitbestimmung der Beschäftigten gehören. Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten müssen zwingend einen Aufsichtsrat einrichten, der zur Hälfte aus Vertretern der Beschäftigten besteht.

Zweitens: Nach dem Scheitern der Transfergesellschaft brauchen wir ein alternatives Zukunftskonzept für Schlecker, das zusammen mit den Beschäftigten und beteiligten Akteuren wie zum Beispiel den Kommunen entwickelt werden kann. Statt einen Kahlschlag zu betreiben, muss es darum gehen, möglichst viele Filialen und Arbeitsplätze zu erhalten. Ein mögliches neues Unternehmensmodell ist auch mit staatlichen Geldern zu unterstützen, sofern die Belegschaft Einfluss auf die Geschäftspolitik bekommt. Es geht bei der Unternehmensrettung um zehntausende Beschäftigte und ihre Familien, nicht um Anton Schlecker.