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Doris Achelwilm: Die »Vorstandsquote« kommt - viel Symbolpolitik, wenig Wirkung

Rede von Doris Achelwilm,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Führungspositionen-Gesetz von 2015 wird heute erneuert, damit Frauen bessere bzw. teilweise überhaupt Chancen haben, in die Vorstände und Aufsichtsräte deutscher Unternehmen zu kommen. Die Situation ist teilweise wirklich mittelalterlich. Das Gesetz ist konsequenter als sein Vorgänger, was es auch sein muss, und es widerspricht falschen Glaubenssätzen wie denen, dass es Frauen an der nötigen Qualifikation fehlte, dass sie sich besser behaupten müssten oder dass sie durch Quoten übervorteilt würden.

Für einen echten Meilenstein allerdings bleibt die Reichweite des Gesetzes aus unserer Sicht doch noch ein bisschen zu bescheiden. Die Privatwirtschaft muss das Führungspositionen-Gesetz überhaupt nicht fürchten. Es betrifft bundesweit nur ein paar Dutzend Vorstände, die jetzt mindestens eine Frau nachbesetzen müssen, weil sonst nichts passiert. Das ändert Selbstverständlichkeiten – für manche ein Tabubruch, aber ein überfälliger. Hier hätten wir uns einfach noch mehr Konsequenz gewünscht.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum Ausgleich von Lohnunterschieden braucht es größere Hebel, sicherlich. Zum Vergleich: Unter den Spitzenverdienenden, wo sich der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern besonders niederschlägt, gibt es hierzulande fast 160 000 Männer und knapp 23 000 Frauen. Nur, an dieser Schieflage wird das Führungspositionen-Gesetz erst mal sehr wenig ändern. Auch hier hätten wir uns mehr gewünscht.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Zielgrößenregelung, von der viel in den Medien zu lesen war, wurde verschärft. Bislang konnten Unternehmen, die in Berichten geschlechtergerechte Zielgrößen nachweisen mussten, einfach „null“ angeben – Frauen nicht vorgesehen. Diese Haltung läuft so nicht mehr durch. Ausnahmen von der Regel müssen nun ernsthafter begründet und offengelegt werden. Bei Pflichtverletzung drohen Bußgelder, was wir auch richtig finden. Inwiefern aber die Einhaltung des Gesetzes angemessen überprüft und sanktioniert wird, das bleibt noch etwas zu vage.

Bis heute sind die Vorstände börsennotierter Unternehmen zu fast 90 Prozent männlich. In Aufsichtsräten konnte diese Monokultur durch eine verbindliche 30-Prozent-Quotierung ein Stück weit aufgebrochen werden. Nur dort, wo fest quotiert wird – so ist es einfach –, gibt es Bewegung über Schneckentempo und Stillstand hinaus.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was nun für die Vorstände kommt, ist allerdings keine Quote, sondern eine Mindestbeteiligung – schon allein das Wort! – von einer Frau pro Vorstand ab drei Personen. Egal wie groß das Gremium ist, eine Frau muss zur Not reichen. Das kann es nicht sein! Auch die sinnvollerweise noch nachgearbeitete Regelung – vielen Dank auch von uns –, Vorstandstätigkeiten unter Mutterschutz zu stellen, hat eine Kehrseite, weil Väter mit Elternzeitansprüchen anders behandelt werden und das allgemein vermittelte Geschlechterbild doch eher traditionell ist.

Insgesamt weist dieses Gesetz noch nicht ausreichend über die Gleichstellungspolitik dieser Legislaturperiode hinaus. Die Aufgabe wurde bewältigt, aber es braucht noch stärkere Effekte, um Frauen tatsächlich gleichzustellen. An der Wirkung und Ausstrahlung des Gesetzes muss noch weiter gearbeitet werden, auch wenn ich mir wirklich vorstellen kann, dass das alles schon reichlich Arbeit gemacht hat und das Maximum dessen war, was in dieser Legislaturperiode zu erreichen gewesen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)