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Dieses Abkommen ist das TTIP des Luftverkehrs

Rede von Herbert Behrens,

Drucksache 18/5271/ EA LINKE. 18/6194/ Drucksache 18/5580/ Drucksache 18/6072 (neu)

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der internationale Luftverkehr braucht einheitliche Regeln. Darin sind wir, glaube ich, einer Meinung. Doch was hier unter dem sehr unverfänglichen Titel „Änderung zum Luftverkehrsabkommen“ daherkommt, ist weit mehr. Es geht hierin um knallharte Profitinteressen, die geregelt werden sollen.

Erstens. Die wirtschaftlichen Belange der Fluggesellschaften sollen über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gestellt werden,

(Gustav Herzog (SPD): Wo steht das denn? Zitieren Sie!)

die auf saubere Luft und Schutz vor Fluglärm angewiesen sind.

Zweitens. Die Fluggesellschaften sollen über einen Gemeinsamen Ausschuss Einfluss bekommen, um beispielsweise über Nachtflugverbote und andere einschränkende Maßnahmen zu entscheiden.

Drittens. Schiedsgerichte sollen im Konfliktfall darüber richten, ob und zu welchem Preis ein Nachtflugverbot bestehen kann oder auch nicht.

(Kirsten Lühmann (SPD): Wo steht das denn?)

Das ist so etwas wie das Freihandelsabkommen TTIP des Luftverkehrs

(Lachen bei der CDU/CSU)

einschließlich Investorenschutz und privater Schiedsgerichte. Das ist für die Linke unannehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun konkret, Sie haben danach gefragt. Umweltschutz gibt es nicht mehr. Es heißt jetzt nur noch „Umwelt“. Der Schutz wurde vorsorglich gestrichen. Allerdings könnte man auch von Investorenschutz sprechen. Dann trifft es noch zu. Nun sollen Auswirkungen der internationalen Luftfahrt auf die Umwelt lediglich „in wirtschaftlich angemessener Art und Weise“, so heißt es, begrenzt oder verringert werden. Konsequenter Schutz der Menschen in der Nähe von Flughäfen sieht anders aus.

(Kirsten Lühmann (SPD): Darum haben wir es im nationalen Recht!)

Darüber hinaus wird den Luftverkehrsgesellschaften ein direkter Zugang zu allen Entscheidungsprozessen der Luftverkehrsbehörden verschafft, die zulasten der Kapazitäten eines Flughafens gehen können. Die Luftverkehrsgesellschaften können dadurch direkt auf diesen Prozess einwirken. Das ist weit mehr, als zum Beispiel Umweltverbänden oder auch Lärmbetroffenen zusteht. Selbst die ‑ wenn auch aus unserer Sicht untauglichen ‑ Lärmpausen am Frankfurter Flughafen fallen unter diese Regelung des Luftverkehrsabkommens

(Peter Wichtel (CDU/CSU): Falsches wird durch wiederholen nicht besser, Herr Kollege! Den Unsinn haben Sie im Ausschuss schon erzählt!)

wie übrigens auch lärmmindernde Flugrouten und Anflugverfahren, bei deren Festlegung weder Bürger noch Verbände beteiligt werden. Diesen Demokratieabbau müssen wir stoppen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn sich dann noch eine Luftverkehrsgesellschaft ‑ nicht nur US-amerikanische ‑ in ihren Rechten beschnitten fühlt, dann geht es in den Gemeinsamen Ausschuss. Dieser Ausschuss soll kontinuierlich prüfen, an welchen Stellen „widersprüchliche Regulierungsanforderungen“, so heißt es, vorliegen und wie sie abgebaut werden können. Der Gemeinsame Ausschuss erhält einen kontinuierlichen Prüfauftrag für Betriebsbeschränkungen wie zum Beispiel Nachtflugverbote.

Konkret heißt das: Schränkt ein Nachtflugverbot, das vor Ort beschlossen worden ist, die wirtschaftliche Freiheit der Fluggesellschaften ein, kann es mit einem einstimmigen Beschluss des Gemeinsamen Ausschusses aufgehoben werden. Diesen Beschluss müsste die Bundesregierung umsetzen. Wie das geht, haben wir am Flughafen Köln/Bonn gesehen, wo das Bundesverkehrsministerium im Februar dieses Jahres eine Entscheidung des Landtags Nordrhein-Westfalen gekippt hat.

(Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist das!)

Natürlich wird im Gemeinsamen Ausschuss nicht immer Einmütigkeit herrschen. Aber für diesen Fall ist vorgesorgt. Im Konfliktfall, Schritt drei, wird nämlich ein Schiedsgericht angerufen. Worum es dabei geht, wissen wir. Es geht dabei um Entschädigung für entgangenen Profit. Kurzum: Auf der Basis dieses Protokolls zum Luftverkehrsabkommen werden Nachtflugverbote, die den Luftverkehrsgesellschaften nicht passen, entweder ausgesetzt oder richtig teuer.

Wir sagen Nein zu diesem vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Luftverkehrswirtschaft. Wir sagen Nein zu diesem garantierten Profit für Luftverkehrsunternehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer sich in diesem Hause nicht selbst entmündigen und Umweltschutz dem Wachstum im Luftverkehr opfern will, muss diesen Gesetzentwurf ablehnen und unserem Entschließungsantrag zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)