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Die Waffen müssen schweigen

Rede von Monika Knoche,

Sind nicht fünf Jahre nach dem Terroranschlag nahezu alle Beweise erbracht, dass der Kampf gegen den Terror nicht mit Krieg zu gewinnen ist?

Das sieht man deutlich in Afghanistan. Über die Situation dort ist zu sagen: Dies ist mit Waffen nicht zu schaffen. Schauen Sie sich den Irak an: Die innenpolitische Situation ist einfach grauselig.

Ich will auf den Libanon zu sprechen kommen. Israels Ziel: die Hisbollah zu zerschlagen. Dieses Kriegsziel wurde verfehlt.

Wir hegen keinerlei Sympathie mit der Hisbollah. Die Heimtücke der Anschläge durch Raketen der Hisbollah, aber auch das Ausmaß der Kriegsführung Israels veranlassten uns Linke sofort zu einer zentralen Aussage: Die Waffen müssen schweigen; eine Konferenz für Frieden ist einzuberufen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen!
Herr Steinmeier, ich darf mich an Sie wenden. Sie haben Recht, wenn Sie heute auf den 11. September 2001 verweisen. Aber sind nicht fünf Jahre nach dem Terroranschlag nahezu alle Beweise erbracht, dass der Kampf gegen den Terror nicht mit Krieg zu gewinnen ist?

(Beifall bei der LINKEN)

Das sieht man deutlich in Afghanistan. Über die Situation dort ist zu sagen: Dies ist mit Waffen nicht zu schaffen. Schauen Sie sich den Irak an: Die innenpolitische Situation ist einfach grauselig.
Ich will auf den Libanon zu sprechen kommen. Am 12. Juli entführte die Hisbollah zwei israelische Soldaten. Stunden später antwortete Israel mit Krieg. Israel schlug mit einer militärischen Härte zu, die erschüttert. Israels Ziel: die Hisbollah zu zerschlagen. Dieses Kriegsziel wurde verfehlt.
Wir hegen keinerlei Sympathie mit der Hisbollah. Die Heimtücke der Anschläge durch Raketen der Hisbollah, aber auch das Ausmaß der Kriegsführung Israels veranlassten uns Linke sofort zu einer zentralen Aussage: Die Waffen müssen schweigen; eine Konferenz für Frieden ist einzuberufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wollte die Regierung das? Ich denke, eher nein. Weder die Frau Bundeskanzlerin noch Sie, Herr Außenminister Steinmeier, haben Ihre Ämter dazu genutzt, sich vorbehaltlos für einen Waffenstillstand einzusetzen. Sie haben es weder in der EU noch auf der Ebene der Vereinten Nationen getan.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielmehr haben Sie sich im Schlepptau der USA und Israels so lange nicht hinter die Bemühungen des Generalsekretärs Kofi Annan gestellt, bis klar war, dass Israel seine Kriegsziele nicht wie erwartet erreichen konnte.
Das ist nicht die außenpolitische Rolle, die Deutschland im Nahen Osten einnehmen muss. Gerade weil Deutschland eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels und die Eigenstaatlichkeit der Palästinenser hat, darf es sich nicht zu einer einseitigen Parteinahme hinreißen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage ganz bewusst: Ohne die faschistischen Verbrechen, ohne den Holocaust gäbe es den Kernkonflikt Israel/Palästina nicht. Von Normalität sind wir entfernt. Sie kann uns nicht durch die Regierung Israels zugesprochen werden. Das liegt allein in unserer Verantwortung.
In der grundlegenden Frage deutschen Selbstverständnisses hat die Kanzlerin geschwiegen. Ich habe erwartet, dass sie die Debatte an sich zieht. Sie ließ den Außenminister und den Verteidigungsminister sprechen und beide erzeugten mehr Unklarheiten als Orientierung,

(Widerspruch bei der SPD)

ja mehr noch: Sie widersprachen sich ständig. Über seeseitige militärische Potenz wurde schwadroniert, als sei die Vor-Ort-Präsenz eine ausgemachte Sache. Das war sehr daneben. Heute ist es so: Libanon legt größten Wert darauf, dass die 7-Meilen-Distanz eingehalten wird. Es ist geradezu lächerlich, wenn sich auch noch Deutschland mit seiner maritimen Präsenz in dieser Zone drängeln würde. Also bitte kommen Sie etwas mehr in der Realität an!

(Beifall bei der LINKEN)

Ein parlamentarischer Ausfall waren auch die Fraktionen der großen Koalition. Beide haben es verabsäumt, die parlamentarischen Gremien zu befassen. Wir, die Linke, haben eine Sondersitzung im Auswärtigen Ausschuss verlangt; damit kam der Prozess in Gang. Jetzt erkennen Sie die Qualität unseres Vorschlages für eine KSZ im Nahen Osten. Sie nehmen ihn in Ihre Rhetorik auf und das finden wir gut. Dem müssen Taten folgen.
Der Krieg währte vier Wochen, bis die UN-Resolution zustande gekommen ist. Israel behält die Lufthoheit und die Seeblockade gegen Libanon bei. Allein die Waffenlieferungen an die Hisbollah unterbinden zu wollen, nicht aber zum Beispiel die deutschen U-Boot-Lieferungen an Israel, das kann nicht angehen; das ist gefährlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Immer mehr prominente Stimmen in Israel sprechen von einem zweiten Waffengang. Schon allein das müsste Deutschland veranlassen, sich bei der Absicht zurückzuhalten, mit Soldaten in diese Region zu gehen. CDU/ CSU, SPD und Grüne befleißigen sich aber, gerade das parlamentarisch herbeizuführen. Davor warnen wir. Was ist, wenn der Waffenstillstand nicht hält? Was ist, wenn die USA Kriegspläne gegen den Iran hegen? - Beantworten Sie doch diese Fragen! Sie behandeln sie aber gar nicht, auch heute nicht.
Und was ist, wenn der Libanon eigene Vorstellungen zur UN-Militärpräsenz hat? Mit dieser Selbstverständlichkeit haben Sie erst gar nicht gerechnet. Aber der Libanon muss natürlich Sorge dafür tragen, dass er seine Souveränität erhält und seine Integrität wahrt.

(Markus Löning [FDP]: Es wäre schön, wenn er das mal schaffen würde!)

Sonst hat er keine Autorität, um gegen die Hisbollah vorzugehen und sie auf friedliche Weise in die Gesellschaft zu integrieren.
Wir haben also eine neue Lage. Die Eilfertigen in der Regierung, die sofort nach maritimer Präsenz gerufen und die gesamte Situation völlig unterkomplex behandelt haben, haben sich meines Erachtens kräftig blamiert. Lassen Sie also alle Pläne fallen, deutsche Schiffe dorthin zu schicken! Machen Sie Berlin zum Austragungsort für eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten. Das ist meines Erachtens die anspruchsvollste Aufgabe, derer sich Deutschland angesichts seiner Geschichte in diesem Krisengebiet annehmen kann. Stellen Sie in das Zentrum dieses politisch-diplomatischen Bemühens die Kultur des Dialogs, die Sicherheitsinteressen Israels und das Recht der Palästinenser auf einen eigenständigen lebensfähigen Staat. Denn neben den Folgeproblemen des Libanonkrieges gleicht das Leben in Gaza dem in der Apartheid. Solange hier nicht Recht und Friede einkehren, gewinnt Israel keine Sicherheit.

(Beifall bei der LINKEN)