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Die Schlupflöcher der Bundesregierung beim Streubombenverbot

Rede von Inge Höger,

zum Antrag 16/11215

Gestern wurde in Oslo die Konvention zum Verbot von Anwendung, Herstellung, Weiterverbreitung und Lagerung von Streumunition durch mehr als 100 Staaten unterzeichnet. Auch Opferhilfe, die Räumung kontaminierter Gebiete und die Vernichtung von Lagerbeständen sind in dem Abkommen eingeschlossen. Dieses Abkommen ist ein großer Erfolg!

Dieser Erfolg wäre ohne das hartnäckige Engagement zivilgesellschaftlicher Gruppen nicht zu Stande gekommen. Handicap International, Human Rights Watch und das Aktionsbündnis Landminen.de haben gemeinsam mit den Staatsvertretern den Vertragrahmen seit Anfang 2007 ausgehandelt.

Die Fraktion DIE LINKE unterstützt den Prozess von Oslo und wir werden auf eine rigorose und schnelle Umsetzung des Abkommens drängen. Diese Position haben wir Anfang dieses Jahres mit dem Antrag zum sofortigen Verbot von Streumunition in Deutschland deutlich gemacht. (16/7767)

Die Bundesregierung ist alles andere als ein Vorreiter dieses Abrüstungsprozesses, auch wenn das nun behauptet wird. Im Gegenteil hat die Bundesregierung den Oslo-Prozess behindert und geschwächt.

Der Antrag der Regierungskoalition stellt mit seiner zweiten Forderung eine weitere Schwächung der Osloer Konvention zum Verbot von Streumunition dar. Hier wird nach einer Regierungserklärung zur Vereinbarkeit der Ratifizierung und gemeinsamer militärischer Operationen mit Nicht-Vertragsstaaten gefragt. Und es wird auch gleich die Richtung vorgegeben: Gemeinsame Kriegseinsätze - auch mit dem Einsatz von Streumunition - müssen weiter möglich sein. Die Bündnisfähigkeit Deutschlands wird höher gestellt ist als das Abkommen zum Verbot von Streumunition!

Aus diesem Grund kann dieser Antrag nur abgelehnt werden.

Wenn Frank-Walter Steinmeier gestern (3.12.08) in der Frankfurter Rundschau schreibt, andere Staaten sollen dem deutschen Beispiel folgen, dann kann ich dem nur widersprechen. Das deutsche Beispiel steht für Scheinheiligkeit und die Durchsetzung von Ausnahmeregelungen. Weiterhin sollen spezielle Formen von Streumunition produziert und eingesetzt werden können. Für diese High-Tech-Munition mit Zielerkennung wurde die Bezeichnung Punktzielmunition geprägt. Nicht humanitäre, sondern militärstrategische Überlegungen sind für die Regierung also leitend. So sagte Andreas Weigel (SPD) in der Parlamentsdebatte (30.05.08) zum Antrag der LINKEN für ein sofortiges Verbot von Streumunition in Deutschland (16/7767): „Aus militärstrategischer Sicht verlangen heutige Einsatzszenarien die Fähigkeit zur Punkt- und nicht zur Flächenzielbekämpfung. Dafür gibt es Punktzielmunition…“

Deutschland hat zusammen mit anderen NATO-Staaten im Osloer Abkommen eine Ausnahme für diese angeblich fortschrittliche Streumunition durchgesetzt. Mit der Konvention wird ein Verbot von Streumunition unterzeichnet, das umfassend und ausnahmslos sein soll. Nun wurde die deutsche Produktion von Streubomben beispielweise beim Waffenproduzenten DIEHL zur Punktzielmunition weiterentwickelt. Diese soll weiterhin international verkauft und eingesetzt werden und darf nun nicht mehr Streumunition heißen. Dieser Schachzug der Neudefinition schließt Munition mit geringerem Gewicht und kleinerer Sprengkörperzahl, mit höherer technischer Zuverlässigkeit und mit Zielerkennungsvorrichtung aus dem Verbot aus.

Die Bundesregierung hat diese Schlupflöcher im Oslo-Vertrag mit dem Druck der möglichen Nicht-Unterzeichnung durchgesetzt. Gleichzeitig präsentiert sich die Bundesregierung als Vorreiter dieser internationalen Abrüstungsinitiative und lobt sich selbst für diesen „Meilenstein auf dem Weg der konventionellen Rüstungskontrolle“ zum Schutz von Zivilisten. Das ist scheinheilig und eine Täuschung der Öffentlichkeit.

Selbstverständlich ist das Oslo-Abkommen ein Riesenschritt voran zur weltweiten Ächtung und Vernichtung von Streumunition. Wir werden die Bundesregierung an ihre umfassenden Verpflichtungen erinnern, die sie mit der Unterzeichnung der Konvention zum Verbot von Streubomben eingegangen ist.

DIE LINKE ist gegen eine rechtliche Unterordnung dieses Abkommens unter die Bündnisfähigkeit Deutschlands und die Durchführbarkeit gemeinsamer militärischer Einsätze mit Nicht-Unterzeichnerstaaten wie den USA.

DIE LINKE fordert ein konsequentes und umfassendes Verbot von Streumunition.