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"Die neue Hightech-Strategie" - ein Dokument der Anmaßung

Rede von Roland Claus,

Rede von Roland Claus, Mitglied des Haushaltsausschusses und Ost-Koordinator der Fraktion DIE LINKE, in der Debatte zur Vorlage der Regierungskoalition "Die neue Hightech-Strategie - Innovationen für Deutschland" am 04.12.2014

Roland Claus (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat also einen Plan. „Die neue Hightech-Strategie“, das klingt sehr selbstbewusst. Aber ich muss Ihnen auch sagen: Zwischen Selbstbewusstsein und Anmaßung liegt manchmal nur ein schmaler Grat.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das merkt man bei euch!)

Ihr Text sagt: „Deutschland auf dem Weg zum weltweiten Innovationsführer“; Ihr Text sagt: Deutschland als „führende Wirtschafts- und Exportnation“. Mit Verlaub, meine Damen und Herren: Hier ist die Grenze zwischen Selbstbewusstsein und Anmaßung weit überschritten. Das ist doch Anmaßung pur.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Vorlage sammelt so ziemlich alle Schlagworte, die wir kennen, Schlagworte aller Gipfel, aller Pakte, aller Initiativen, aller Cluster, aller Portale, aller Agenden, aller Kompetenzzentren, aller Zukunftsprojekte usw. usf. Sie haben so lange gebündelt, bis keiner mehr weiß, was in dem Bündel drin ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings kommt das Wort „Friedensforschung“ in Ihren langen Texten nicht vor, dafür an allzu vielen Stellen das Wort von der Verwertungslogik. Ich finde, wer die Erotik am Kreativen so auf Verwertung reduziert, der hat von Erotik nicht viel verstanden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN ‑ Hubertus Heil (Peine) (SPD): Und was kommt jetzt? Kriegen wir jetzt eine Belehrung?)

Wirtschaftsverbände, Wissenschaftsexperten fällen ihr Urteil, das in der Kurzfassung lautet: Die Regierung lobt sich für Milliardenausgaben für Hightech, Unternehmen sind enttäuscht, Investitionen haben nicht gezündet; gefördert werden nur die üblichen Verdächtigen. ‑ Sie haben Ihren Plan vom Glück „Strategie“ genannt und sich damit in eine Falle begeben. Das Wort „Strategie“ kommt bekanntlich aus dem Griechischen, stratēgós ‑ ursprünglich die Kunst der Kriegsführung ‑; heute verstehen wir unter Strategie:

Strategie beschreibt einen angestrebten Zielzustand und den Weg dorthin.

Ziele und Wünsche beschreiben Sie in Menge. Den Weg dorthin bleiben Sie schuldig. Ganze eineinhalb Seiten am Abspann mit dem Titel „Umsetzung“, das erscheint so, als wäre Ihnen aufgefallen: Hoppla, da fehlt doch noch was.

Was Sie hier Strategie nennen, ist ein folgenloses Sammelsurium von wohlklingenden, aber inhaltsleeren Wünschen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Tucholsky würde wohl sagen: Man kann getrost für diese wissenschaftliche Revolution stimmen, mit dieser Regierung kommt sie bestimmt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN ‑ Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Da war mir Luther lieber!)

Während Sie hier über die Zukunft schwadronieren, holt Sie die Gegenwart ein. Die Staatsanwaltschaft München machte vor zwei oder drei Tagen eine Razzia wegen Korruptionsverdachts bei einem Ihrer vielgeförderten Musterschüler, nämlich bei der militärischen Sparte von Airbus, der Airbus Defence and Space GmbH. Diese GmbH ist ein mindestens siebenfacher Zuwendungsempfänger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das ruft doch nach Aufklärung, meine Damen und Herren, auch in Ihrem Ministerium.

Deshalb, Frau Ministerin: Sie können sich nicht in die Zukunft flüchten, solange Sie hier und heute Ihre Förderpolitik nicht im Griff haben.

(Beifall bei der LINKEN - Albert Rupprecht (CDU/CSU): Was war das für ein unterirdischer Beitrag?)