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Die Krise zeigt, dass das neoliberale Wirtschaftsmodell gescheitert ist

Rede von Heike Hänsel,

Zur Neuausrichtung der europäischen Entwicklungszusammenarbeit "Agenda für den Wandel"

Heike Hänsel (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir sprechen heute über die Neuausrichtung der europäischen Entwicklungszusammenarbeit unter der Überschrift „Agenda für den Wandel“.

Dies geschieht in einer Zeit, in der sich die Europäische Union in ihrer größten finanziellen und wirtschaftlichen Krise befindet. Das europäische Integrationsmodell hat mit der Lissabon-Strategie auf ein neoliberales Wirtschaftsmodell gesetzt, mit der Konkurrenz - jetzt muss vor allem die FDP gut zuhören - um die niedrigsten Löhne, die niedrigsten Steuersätze und die niedrigsten Sozialstandards, verbunden mit Deregulierung, Liberalisierung und der größtmöglichen Freiheit für Kapital und Unternehmen. Wir müssen feststellen: Die Krise zeigt, dass dieses Modell gescheitert ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenige Länder profitieren davon, aber die Mehrheit verliert.
Nun will die EU ausgerechnet in der Entwicklungszusammenarbeit diese gescheiterten Instrumente für die Armutsbekämpfung einsetzen. Im Papier der Kommission steht: Wachstum, gutes Geschäftsklima,

(Patrick Döring (FDP): Gut!)

Handelsliberalisierung,

(Patrick Döring (FDP): Sehr gut!)

Stärkung des Privatsektors,

(Patrick Döring (FDP): Wunderbar!)

Integration der ärmsten Länder in den Welthandel,

(Patrick Döring (FDP): Bestens!)

Ausweitung privat-öffentlicher Projekte,

(Patrick Döring (FDP): Noch besser!)

noch mehr Freihandelsabkommen usw.

(Patrick Döring (FDP): Super!)

Diese ganze verfehlte Politik unter der Überschrift „Agenda für den Wandel“ soll also auf die Länder des Südens ausgeweitet werden.

(Patrick Döring (FDP): Schauen Sie mal nach Nordkorea! Da sieht es nicht gut aus!)

Das ist in unseren Augen ein Programm für mehr Armut und nicht für Armutsbekämpfung.

(Beifall bei der LINKEN - Patrick Döring (FDP): Isolationismus à la Nordkorea hilft nicht weiter!)

Daneben sollen auch noch die Finanzmärkte, die ja selbst gerade durch enorme Spekulationen mit Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen zur weltweiten Armut beigetragen haben, in Bezug auf die Finanzierungsinstrumente eine größere Rolle spielen. Auch das ist völlig kontraproduktiv.

(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring (FDP): Armut ist kontraproduktiv! Da haben Sie recht!)

So beurteilt zum Beispiel auch CONCORD, ein Bündnis europäischer Entwicklungsorganisationen, diese Agenda für den Wandel mit den Worten: Die EU betreibt mit diesem Konzept statt Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern eine Politik für ihre eigenen Interessen und für die eigene politische Ausrichtung, die durch sie dominiert wird und nicht die Mitbestimmung der Entwicklungsländer in den Mittelpunkt stellt. Die Mittel fließen in Investitionen im Energie- und im Privatsektor,

(Patrick Döring (FDP): Sehr gut!)

die eben auch vor allem im Interesse der Europäischen Union liegen.
CONCORD warnt auch davor,

(Patrick Döring (FDP): Die fliegt schon lange nicht mehr!)

dass die Reduzierung der Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel für Mitteleinkommensländer ein großes Risiko darstellt, da dort 75 Prozent der Armen weltweit leben und die soziale Ungleichheit in diesen Ländern teilweise größer ist als in Niedrigeinkommensländern.

Das zeigt sich übrigens auch im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Auch hierzu gibt es Reformvorschläge. Insgesamt wird jedoch weiterhin stark auf den Export in die Länder des Südens gesetzt, der die Existenz von Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern gefährdet und deshalb nicht armutsbekämpfend ausgerichtet ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Vor allem von den Chinesen! Patrick Döring (FDP): Wir würden auch nach Nordkorea exportieren, wenn sie das zulassen würden!)

Wir begrüßen grundsätzlich das Mittel der Budgethilfe. Wir halten es für ein sehr zukunftsweisendes Instrument zur Armutsbekämpfung. Es kann selbstbestimmte Entwicklungen und vor allem auch den Aufbau von sozialen Sicherungssystemen und Gesundheitssystemen ermöglichen, aber nur dann, wenn es eben nicht als Sanktionsinstrument benutzt wird.

(Beifall des Abg. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und die EU nicht von vornherein vorschreibt, wie die Länder ihre Politik ausrichten sollen, gegen diese Bevormundung wehren wir uns, sondern wenn diese Länder ihre politische und wirtschaftspolitische Ausrichtung und die Richtung, in die sie gehen wollen, selbst bestimmen können.

(Beifall bei der LINKEN Patrick Döring (FDP): Schön wäre es, wenn die Bürger und nicht diese komischen Machthaber das entscheiden könnten!)

Wir haben hier - das finde ich interessant - vor über einer Stunde über einen Bericht der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ debattiert. In dem Bericht wird Wachstum als politisches Ziel des 21. Jahrhunderts infrage gestellt und ausgeführt, dass wir hier im Norden, wenn wir in den Ländern des Südens ernsthaft die Entwicklung voranbringen wollen, weg müssen von diesem Wachstumswahn und diesem enormen Rohstoffverbrauch. Das findet sich in dieser Agenda aber leider nicht wieder. Das halten wir für ein großes Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Weg von der Profitorientierung: Das ist im Grunde das Gebot der Stunde. Weg von der Profitmaximierung hin zu einer Politik des sozialen Ausgleichs und der Solidarität: Das wäre eine Antwort auf die Krise in Europa und für mehr Entwicklung in den Ländern des Südens.

Es gibt übrigens weltweit Initiativen, die dafür auf die Straße gehen. Nächste Woche werden Tausende von Menschen in Frankfurt zur Blockupy kommen. Ich kann nur dazu aufrufen:

Kommt alle hin! Danke.

(Beifall bei der LINKEN Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Peinlich!)