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Die Kosten der Asse II, Atom-Endlagerung und Atomausstieg

Rede von Dorothée Menzner,

Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Präsident! Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das zentrale Projekt der Koalition im Bereich Energie und Klimapolitik ist die Aufkündigung des Atomausstiegs. Das ist ein Rollback und eine Verhöhnung der Menschen, die sich seit Jahren und Jahrzehnten für ihre Sicherheit, für die Sicherheit ihrer Kinder und für die Sicherheit der Umwelt engagieren, der Menschen, die sagen: Ein sofortiger Atomausstieg ist nötig. Die Kapitalanleger haben das sehr schnell realisiert. Die Entwicklung des Aktienkurses der großen Stromkonzerne in den letzten Wochen macht das deutlich. Die Anleger wissen: Längere Laufzeiten längst abgeschriebener AKWs sind eine Lizenz zum Gelddrucken.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau so ist es!)

Laufzeitverlängerungen - das ist hier schon mehrfach gesagt worden - sind keine Brücke für erneuerbare Energien, sondern eher eine Weichenstellung dagegen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, es gebe einen grundlegenden Systemkonflikt zwischen Atom- und Kohlekraftwerken auf der einen und erneuerbaren Energien auf der anderen Seite. Ich halte es für sehr sinnvoll, wenn sich die Politik von Sachverständigen beraten lässt. Man sollte sie aber nicht nur reden lassen, und man sollte nicht beratungsresistent sein. Das, was ich in diesem Koalitionsvertrag lese, lässt allerdings einen anderen Schluss zu.
Zum Hauptpunkt meiner heutigen Rede, zur atomaren Endlagerung: Dabei haben wir einen grundlegenden Dissens, der sich nicht einfach auflösen lässt. Der dürre Satz im Koalitionsvertrag „Die Endlager Asse II und Morsleben sind in einem zügigen und transparenten Verfahren zu schließen“ macht deutlich, was die Koalition plant: Deckel drauf, Augen zu.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Super!)

Es mag Sie ja wenig beeindrucken, wenn wir als Linke sagen, dass das mit uns nicht zu machen ist. Aber ich versichere Ihnen: Auch die Menschen in der Region, die Menschen in Niedersachsen werden das nicht mit sich machen lassen. Das machen sie seit 30 Jahren immer wieder deutlich. Ich erinnere alle, die das vielleicht nicht mehr im Kopf haben, an die Lichterkette im Februar, die von Braunschweig über Schacht Konrad zur Asse führte, oder an den Treck aus dem Wendland nach Berlin im September.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Widerstand lebt seit 30 Jahren. Er ist vital und wird auch weiterhin vielfach sichtbar werden. Die Menschen in Niedersachsen und anderswo lassen sich nicht verschaukeln, und sie lassen sich auch nicht belügen. Davor haben Sie Angst.
Dass eine Gefahr besteht, haben Sie gestern - ich vermute, unfreiwillig - dokumentiert. Gestern erhielten wir die Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegen Petra Pau zu den Kosten für Asse II. Sie fragte, was die Konzerne, die eingelagert haben, für die Einlagerung in der Asse II bezahlt haben. Aus der Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Heinen-Esser geht hervor, dass die Konzerne genau 16 548 553,68 DM gezahlt haben, also rund 16,5 Millionen DM. Weiterhin teilt das Ministerium mit - ich zitiere -: Eine rechtlich verpflichtende Beteiligung der Energieversorgungsunternehmen an den Stilllegungskosten der Asse hätte vor der Ablieferung der Abfälle mit den Erzeugern vereinbart werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Und dann schreiben Sie im Koalitionsvertrag, dass Sie es anstreben, die Unternehmen, die Erzeuger an den Kosten der Erschließung zu beteiligen. Das klingt in den Ohren der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wie Hohn. Sie müssen für die Milliarden einstehen, die bei der Schließung der Asse - das ist absehbar - auf uns alle zukommen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Ulrich Kelber [SPD] und der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Beides werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, dass danach gehandelt wird, was opportun und politisch gewollt ist. Es wird darum gehen müssen, ein transparentes und optimal sicheres Verfahren zu finden. Man muss sicherstellen, dass die Gefahren für die Menschen heute und in der Zukunft möglichst gering sind. Dafür stehen wir. Diese Auseinandersetzung werden wir in den nächsten Jahren auch von dieser Stelle aus führen.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])