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Die Geisterfahrt "Pkw-Maut" muss beendet werden

Rede von Roland Claus,

Rede von Roland Claus, Haushaltspolitischer Sprecher und Ost-Koordinator der Fraktion DIE LINKE, in der Debatte zum Haushalt 2015 des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur am 28.11.2014 

Roland Claus (DIE LINKE):

Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über den Etat des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Es ist der wichtigste und größte Investitionsetat des Bundes. Da wird es nicht verwundern, wenn wir nach den umfangreichen Haushaltsberatungen hier kundtun, dass wir sehr viele Entscheidungen zur Verbesserung dieser Investitionstätigkeit im Ausschuss durchaus einvernehmlich getroffen haben. Im Titel des Etats dieses Ministeriums steht „digitale Infrastruktur“. Das steht drauf, ist aber nicht drin; darauf komme ich noch zu sprechen.

Ich habe in diesen Beratungen erneut viel gelernt, zum Beispiel über christliche Nächstenliebe.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! - Das ist gut!)

Die Nächstenliebe von CDU und CSU, so habe ich gelernt, endet oft schon an den Grenzen der eigenen Partei. Das sehen wir am überbordenden Populismus der CSU im Kampf gegen die Stromtrassen, wo die Nächstenliebe an den Grenzen Bayerns endet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sehen wir - umgekehrt - bei Eingriffen des Bundesfinanzministers in den Verkehrsetat des CSU-Bundesministers Dobrindt. Da lobe ich mir doch meine Glaubensgemeinschaft der Linken.

(Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Einige Einzelpositionen. Herr Bundesminister Dobrindt, Sie haben, wie auch der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, für mehr private Investitionen in die öffentliche Infrastruktur geworben und sich dafür eingesetzt. Die Linke hat nichts dagegen; auch sie will das. Der einzige Unterschied ist: Sie wollen bei denen betteln gehen oder mit denen Geschäfte machen. Wir wollen die Reichen in diesem Land gerecht besteuern. Das macht den Unterschied aus.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb sagen wir Ihnen noch einmal: Markenzeichen linker Haushaltspolitik sind nicht neue Schulden, sondern ist eine gerechte Besteuerung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will ein Wort zum Flughafen Berlin Brandenburg sagen. Meine Fraktionskollegin Gesine Lötzsch, die bekanntlich auch Vorsitzende des Haushaltsausschusses ist, hat der Bundesregierung sieben sehr konkrete Fragen zu einem in den Medien zitierten Geheimpapier zum Flughafen gestellt. Hier die Antwort ‑ Zitat; Absender ist der Staatssekretär Steffen Kampeter ‑:

Bei dem vertraulichen Papier handelt es sich ausweislich der Pressemitteilung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH um ein illegal entwendetes internes Papier, in dem interne Überlegungen im Hinblick auf die Bewältigung des langfristigen Passagierwachstums abgebildet sind, die zurzeit nicht zur Entscheidung anstehen. Dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur liegt diese interne Unterlage nicht vor.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, das zwingt zu Nachfragen. Die Nachfragen lauten: Warum gibt sich ein Bundesministerium als Miteigentümer mit einer Pressemitteilung der Flughafengesellschaft zufrieden? Warum wird der Zustand, dass ein brisantes Papier nicht vorliegt, nicht abgestellt?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

So etwas kann man doch einfordern! Warum gibt sich ein Bundesfinanzministerium dazu her, eine offenkundige Desinformation eins zu eins an das Parlament weiterzuleiten ‑ und das auch noch für Informationstätigkeit zu halten?

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist doch nur noch Absurdistan vom Platz der Republik.

Nächster Punkt: Pkw-Maut. Bekanntlich sind Linke und ADAC generell gegen dieses Vorhaben und halten das für falsch. Es ist sozialpolitisch falsch, es ist europapolitisch falsch, es ist verkehrspolitisch falsch.

Herr Minister, Sie standen nun vor dem Problem, dass im Haushalt für das Jahr 2015 noch keine Mittel für den Aufbau der notwendigen Logistik eingestellt worden waren, und Sie mussten beim Haushaltsausschuss und beim Bundesfinanzministerium gewissermaßen betteln gehen. Man hat Ihnen dann berechnet, dass dafür eine größere Summe notwendig ist. In der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses haben Sie zwar eine Menge Geld bekommen, aber das ist nur ein Drittel dessen, was erforderlich ist. Insofern sagen wir Ihnen: Beenden Sie diese Geisterfahrt der Pkw-Maut, Herr Minister!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Digitale Infrastruktur: Steht drauf, aber ist nicht drin. Bei den Haushaltsberatungen haben wir eine ganze Menge zu Vorhaben und Projekten zur Digitalisierung in der Wirtschaft gehört. Der Bundeswirtschaftsminister hat das Bündnis „Zukunft der Industrie“ vorgestellt, im Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung steht eine Menge digitaler Programme, und selbst der Bundesagrarminister hat viele dieser Programme in seinem Haushalt. Was ist allen diesen Projekten gemeinsam? Gemeinsam ist ihnen, dass nirgendwo das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur beteiligt ist. Das ist ein Armutszeugnis, Herr Bundesminister.

(Beifall bei der LINKEN - Sabine Leidig (DIE LINKE): Das ist Neuland!)

Sehr geehrter Herr Dobrindt, in Ostdeutschland gab es Mitte der 90er-Jahre einen Nachwendeslogan. Er hieß: „Das Chaos ist aufgebraucht, es war unsere schönste Zeit.“ Heute stelle ich fest: Das Chaos hat eine neue Heimstatt gefunden: das Bundesverkehrsministerium.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Nur: Auf eine schöne Zeit warten wir vergeblich.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))