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Die FDP treibt eine Chimäre in die Arena

Rede von Heidrun Bluhm-Förster,

Eine Chimäre ist ein Trugbild, etwas, das nur in der Einbildung von einer oder mehreren Personen existiert - wie hier in der Gruppe der FDP-Abgeordneten, die offensichtlich ein Problem mit dem deutschen Mietrecht haben und das Mietrecht gegen den Schutz von Klima und Umwelt in Stellung bringen wollen. Auf dem Papier ihres Antrages tarnt sich die Chimäre als Retter von Umwelt und Klima, die im Interesse einer stärkeren energetischen Sanierung vor allem ein Haupthindernis aus dem Weg zu räumen habe - eben jenes Mietrecht, das - so die Antragsteller - die Mieter nicht ausreichend zum Dulden von Modernisierungsmaßnahmen zwinge.

Diesen Antrag kann man nur ablehnen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. -

Viel mehr wäre zur der von den Liberalen beantragten „Mietrechtsänderungen zur Erleichterung klima- und umweltfreundlicher Sanierung“ im Grunde genommen nicht zu sagen. Denn die FDP treibt mit ihrem auf Drucksache 16/7175 veröffentlichten Begehren eine Chimäre in die Arena dieses Hohen Hauses. Eine Chimäre ist ein Trugbild, etwas, das nur in der Einbildung von einer oder mehreren Personen existiert - wie hier in der Gruppe der FDP-Abgeordneten, die offensichtlich ein Problem mit dem deutschen Mietrecht haben und das Mietrecht gegen den Schutz von Klima und Umwelt in Stellung bringen wollen. Auf dem Papier ihres Antrages tarnt sich die Chimäre als Retter von Umwelt und Klima, die im Interesse einer stärkeren energetischen Sanierung vor allem ein Haupthindernis aus dem Weg zu räumen habe - eben jenes Mietrecht, das - so die Antragsteller - die Mieter nicht ausreichend zum Dulden von Modernisierungsmaßnahmen zwinge. Denn dies gelte nach überwiegender Rechtsaufassung nur, wenn die Mieter von der Maßnahme der Modernisierung finanziell profitierten. Ist dies nicht der Fall, dann könne der Mieter der Modernisierung von vornherein widersprechen, weil es dadurch zu keiner Einsparung komme. Daher könnte der Vermieter nach der energetischen Sanierung die Betriebskosten für die neuen Anlagen in der Regel nicht auf die Mieter umlegen, bedauert die FDP, da diese zumeist nicht Bestandteil des Mietvertrages sind. Neben anderen angeblichen Nachteilen habe der Vermieter keinen Anteil an den durch die energetische Sanierung erzielten Einsparungen, da die sinkenden Nebenkosten allein dem Mieter zugute kämen. Der Präsident des Bundesumweltamtes, Andreas Troge, habe diesen Umstand als Investor-Nutzer-Dilemma bezeichnet. Was aber ist ein Dilemma? Ein Dilemma bezeichnet in seiner wörtlichen Bedeutung nichts anderes als die Entscheidung zwischen zwei schlechten Lösungen. In unserem Fall ist es jedoch einfacher, da es das angebliche Problem, für das angeblich Lösungen gefunden werden müsste, gar nicht gibt.

Aber folgen wir zunächst noch einen Augenblick der Argumentation und der etwas eigenartigen Logik der Antragsteller. Nach ihrer Darstellung lasse die einseitige Belastung des Eigentümers viele Vermieter vor der energetischen Sanierung zurückschrecken. Zusätzliche Vorgaben für den Fall einer Gebäudesanierung würden vor diesem Hintergrund als zusätzlicher negativer Anreiz wirken, so dass der Eigentümer im Zweifelsfall die Sanierung eines Objektes weiter verzögert. Daraus lernen wir, dass die deutschen Mieter eine große Schuld am Klimawandel tragen, da sie unter unerschrockener Beihilfe des deutschen Mietrechtes die energetische Sanierung ihrer Wohnungen zu verhindern wissen und sich damit als Feinde der Umwelt erweisen - oder wie es kurz, knapp und scheinbar logisch in der Drucksache 16/7175 heißt: Das Haupthindernis für eine stärkere energetische Sanierung im Gebäudebereich ist das Mietrecht.

Und was schlagen nun die wackeren Verteidiger der energetischen Sanierung und die Kämpfer gegen negative Anreize vor. Man kann es sich denken. Die Antragsteller fordern den Gesetzgeber zu neuen Rahmenbedingungen und zum Setzen auch positiver Anreize für den Eigentümer auf, damit das Mietrecht nicht länger der umweltfreundlichen Sanierung im Wege steht. Der geforderte Gesetzentwurf solle die energetische Sanierung von Wohn- und Geschäftsgebäuden erleichtern.

Erleichtern - das hört sich gut an. Das hört sich schön an und sehr positiv. Aber natürlich taucht an dieser Stelle sofort die Frage auf, was und wer da eigentlich erleichtert werden soll. Und vor allem auf wessen Kosten? Greifen wir ein, zwei entscheidende Vorschläge der Antragsteller heraus. So sollen zum Beispiel Baumaßnahmen, die zur energetischen Sanierung oder zu anderen Umweltschutzzwecken durchgeführt werden, künftig zu dulden sein und nicht zur Mietminderung berechtigen. So sollen die Umlagen von Modernisierungsmieterhöhungen auf die einzelnen Wohneinheiten vereinfacht werden, zum Beispiel durch die Zulassung von Pauschalwerten. Und damit wird klar, wer hier erleichtert werden soll - der Mieter. Unter Hinweis auf ein so positiv besetztes Kriterium wie die Umweltfreundlichkeit - zu der die energetische Sanierung zweifelsohne beiträgt - sollen die Lasten wieder einmal die Mieter tragen.

Nun ist es aber so, dass das BGB tatsächlich den Tatbestand der Duldung von Modernisierungsmaßnahmen kennt - unter der Bedingung, dass der Wohnwert verbessert wird. In den letzten Jahren wurden die Mieten allerdings schon oft genug erhöht, ohne dass eine solche Wohnwertverbesserung durch Modernisierungsmaßnahmen stattgefunden hat. Der Spielraum, der den Mietern überhaupt noch bleibt, ist auf diese Weise in den letzten Jahren schon fast bis zur Unmöglichkeit verkleinert worden. Ehe wir über eine stärkere Beteiligung der Mieter an der energetischen Sanierung ihrer Wohnungen sprechen, müssten wir wohl zunächst über angemessenere Mieten sprechen, denn das Wohnen muss bezahlbar bleiben. Das schließt die Forderung nach der „Warmmietenneutralität“ ein - die Umlage für die Sanierung darf keinesfalls teurer werden als die auf diese Weise erreichte Einsparung der Heizkosten. Und noch etwas: Das von der FDP hier zum Haupthindernis für eine energetische Sanierung erklärte Mietrecht erlaubt es den Vermietern, die Miete alle drei Jahre um 20 Prozent zu erhöhen - und zwar ohne jede Gegenleistung. Nach demselben geltenden Recht kann der Vermieter pro Jahr 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten auf die Miete aufschlagen. Doch auch wenn die Kosten für die Modernisierung längst abbezahlt sind, verbleibt die Miete auf dem höheren Niveau. Auch diese Fakten gehören zu einem vollständigen Gesamtbild, wenn von den Auswirkungen des deutschen Mietrechts die Rede ist. Und was das auch hier angesprochene Investor-Nutzer-Dilemma angeht, so soll an dieser Stelle noch einmal an die vielfältigen Möglichkeiten zum Nutzen von entsprechenden Fördermitteln erinnert werden. Das sind durchaus positive Anreize. Allerdings fordert DIE LINKE im Interesse der Mieterinnen und Mieter eine Umstellung der Förderung von der bisherigen Darlehensbasis auf Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Gerade Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, können den Teilnehmerkreis an Fördermaßnahmen für die energetische Sanierung erweitern, die sich eine andere Art und Weise der Energieeinsparung am Haus und in der Wohnung nicht leisten können. Und im Übrigen sollte auch bei der energetischen Sanierung der eigenen vier Wände die gesamte Handwerkerrechnung steuerlich absetzbar sein.

Denn Umweltfreundlichkeit und energetische Sanierung sind eine Aufgabe, die die gesamte Gesellschaft betrifft. Mindestens ebenso wichtig wie das Kriterium der Umweltfreundlichkeit sollte in Zukunft das Kriterium der Mieterfreundlichkeit werden - wozu auf jeden Fall ein energiesparendes und bezahlbares Wohnen gehört. Die Behauptung, wonach das bisherige Mietrecht das Haupthindernis für eine stärkere energetische Sanierung im Gebäudebereich sei, ist eine unbewiesene Behauptung, ein mieterunfreundlicher Vorschlag und eine Chimäre dazu, die aus dieser Arena gejagt werden sollte. DIE LINKE lehnt den Antrag deshalb aus guten Gründen ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.