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Diätenerhöhung unangemessen - Rede zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Rede von Dagmar Enkelmann,

Abgeordnetenrecht, Abgeordnetenentschädigung, Altersversorgung, Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt ist es an mir, Wasser in den Wein zu kippen; ich vermute einmal, Sie haben mit nichts anderem gerechnet. Herr van Essen, angesichts der Höhe der Diäten und der sonstigen Versorgung, die wir bekommen, ist Mitleid nicht angebracht.
(Jörg van Essen [FDP]: Habe ich auch nicht gefordert! Ich habe Selbstbewusst-sein eingefordert, nicht Mitleid!)
Seit Juni bekommen Rentnerinnen und Rentner in diesem Land 0,99 Prozent mehr Rente;
(Jörg van Essen [FDP]: Hier geht es nicht um die Altersversorgung, Frau Kollegin! Wir arbeiten noch!)
das sind im Schnitt 10 Euro mehr. Das hat nun wahrlich nicht zu La-Ola-Wellen der Seniorinnen und Senioren geführt, zumal in Anbetracht einer Inflationsrate, die über 2 Prozent liegt; die Rentenerhöhung hat also noch nicht einmal die Inflation ausgeglichen.
(Patrick Döring [FDP]: Das ist ein unzulässiger Vergleich!)
Es wird ein Riesenbuhei um Steuerentlastungen gemacht, aber es kommt wohl nur ein Mäuschen heraus: eine Entlastung um 20 Euro, kaum der Rede wert. In diesem Haus und im Vermittlungsausschuss ist monatelang über 5 Euro mehr für Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger diskutiert worden.
(Patrick Döring [FDP]: Aber wir arbeiten!)
Das war eine unwürdige Debatte.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt feiern Sie sich schon dafür, dass Langzeitarbeitslose ab dem nächsten Jahr, ab 2012, möglicherweise 10 Euro mehr erhalten sollen.
Herr Altmaier, Herr van Essen, Herr Oppermann, machen wir es doch einmal konkret – warum haben Sie eigentlich die Zahlen nicht genannt? –: Ab 2012 soll jeder Abgeordnete monatlich 292 Euro mehr erhalten, ab 2013 noch einmal 292 Euro mehr; das ist eine Steigerung um fast 600 Euro innerhalb von zwei Jahren. Das ist unverschämt. Ich frage mich: Warum schämen Sie sich nicht dafür?
(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Wenn Sie zugehört hätten,
wüssten Sie die Gründe!)
Angesichts der mageren Zuwachsraten, die es bei Beschäftigten, Rentnerinnen und Rentnern und Langzeitarbeitslosen gibt, ist dieser Zuwachs bei Abgeordneten absolut unangemessen. Um die Erhöhung durchzusetzen, reicht Ihnen nun eine Beratungszeit von gerade einmal einer Woche;
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Schämen Sie sich Ihres Gehalts, Frau Enkelmann?)
innerhalb einer Woche wollen Sie das hier durchziehen.

Um uns das Ganze schmackhaft zu machen, haben Sie nun angekündigt, eine Kommission zur Neuregelung der Altersversorgung einzurichten. Eine solche Neuregelung für den Bundestag ist längst überfällig, denn es ist nicht hinnehmbar, dass Abgeordnete des Bundestages – im Übrigen auch des Europaparlaments und eines Teils der Landtage – nichts für ihre Altersversorgung ein-zahlen.
Die Linke legt Ihnen heute einen Antrag vor. Es geht uns um die Neuregelung der Altersversorgung. Wir wollen, dass Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Das ist unser Vorschlag. Uns reicht das aber nicht aus. Wir sagen: Wenn wir an das Abgeordnetengesetz her-angehen, dann geht es um mehr Fragen. Dann geht es auch um die Frage, ob die Kostenpau-schale auf den Prüfstand gehört und ob Abgeordnete in Sozialversicherungssysteme einzahlen sollen. Sie haben einen Kollegen aus Ihrer Partei als Beispiel genannt.
(Jörg van Essen [FDP]: Nein, nicht aus meiner Partei!)
Es gibt auch bei uns Kollegen, die zum Beispiel 2002 aus dem Bundestag ausgeschieden sind und die, weil wir nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, kein Arbeitslosengeld bekommen und keinen Anspruch auf Qualifizierung etc. haben. In-sofern schlagen wir Ihnen vor, dass auch
Abgeordnete in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Warum nicht?
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen auch mehr Transparenz bei den Nebentätigkeiten und den Nebeneinkünften. Dies-bezüglich führen wir zwar eine Diskussion in der Rechtsstellungskommission, aber wir kommen auch an dieser Stelle nicht weiter. Sie beschränken sich auf einen kräftigen Schluck aus der Diätenpulle und eine vage Ankündigung in Sachen Pension. Das ist der Linken zu wenig.
Danke.