Zum Hauptinhalt springen

Deutschland braucht eine eigene und glaubwürdige Außenpolitik

Rede von Norman Paech,

Dr. Norman Paech (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich den Herrn Außenminister sehr herzlich begrüßen. Alle sprechen von Annapolis, und Sie sitzen schon wieder hier. Das spricht offensichtlich auch für die Intensität und die Ausführlichkeit der Verhandlungen dort.

Wonach bemisst sich eigentlich der Erfolg der Außenpolitik? Nach dem Beliebtheitsgrad, wie ihn Umfrageergebnisse widerspiegeln, oder nach den Einladungen auf die Privatranch von Präsident Bush?

(Jörg Tauss (SPD): Am Erfolg!)

Nimmt man die Lösung von Konflikten und auch die Verbreitung des Friedens in der Welt als Maßstab, so ist die Bilanz eher kümmerlich und geradezu gefährlich.

Herr Außenminister, Sie waren jetzt gerade auf Friedensmission in den USA und haben als Sherpa von Präsident Bush zweifelsohne eine gute Figur gemacht. Schon seit Wochen versucht man uns dieses Treffen, das Gruppenfoto von Annapolis, als Erfolg zu verkaufen. Eines ist jetzt schon sicher: Diese gigantische Public Relations-Show wird überhaupt nichts ändern. Keine der dringlichsten Fragen ob die Siedlungspolitik, der Grenzverlauf, der Status von Jerusalem oder die Rückkehr der Flüchtlinge ist konkret verhandelt worden. Das ist angesichts der katastrophalen Lebenssituation in der Westbank und in Gaza beschämend. Das ist auch erbärmlich angesichts der Erfolglosigkeit von 40 Jahren Politik, die dazu beigetragen hat, die Bildung eines palästinensischen Staates zu verhindern und die auch Israel überhaupt keinen Frieden gebracht hat.

Weiter östlich, in Afghanistan, geht der Krieg jetzt bereits in das siebte Jahr. Kein Ende ist absehbar. Auf den Trümmern der alten Gesellschaft wollen die USA ein modernes Protektorat errichten; sie nennen das einfach Nation-Building. In dieses Projekt haben sich die Bundesrepublik und die NATO eingeklinkt. Sie verstricken sich unaufhaltsam und immer mehr in einen völkerrechtswidrigen Krieg. Die Regierungskoalition hat überhaupt keine Perspektive, wie sie aus diesem Desaster herauskommen will. Stattdessen werden jetzt wieder Forderungen nach neuen Eingreiftruppen laut. Dabei gibt es nur eine Alternative: Verhandlungen mit dem Gegner und ziviler Aufbau.

Ich sage Ihnen: Es gibt keine Bündnispflichten, die es Ihnen verbieten würden, aus diesem Krieg auszusteigen. Nehmen Sie die Schweiz - es ist schon erwähnt worden: Sie hat sich wegen der Zwecklosigkeit mittlerweile aus ISAF verabschiedet.

Im Iran steuern Sie direkt auf eine weitere Niederlage Ihrer Politik zu. So viel ist klar: Wenn Sie diese Politik der Sanktionen so verfolgen wie bisher, dann müssen Sie irgendwann Ihr Scheitern eingestehen, da Iran nicht auf Druck reagieren wird. Oder es kommt zu dem wiederholt angekündigten Überfall der USA auf den Iran. Die Linke fordert: Trennen Sie sich von dieser Politik der Drohungen und Sanktionen! Verhandeln Sie ohne Vorbedingungen, wie Sie es mit Nordkorea getan haben! Fordern Sie statt Suspendierung der Urananreicherung scharfe internationale Kontrollen, und überzeugen Sie die USA davon, dem Iran umfassende Nichtangriffsgarantien anzubieten und die alten Sanktionen aufzuheben! Anderenfalls erhalten Sie das, was Sie immer verhindern wollten, nämlich eine weitere Nuklearmacht im Nahen Osten.

Um es deutlich zu sagen: Das Elend Ihrer Außenpolitik sind Ihre Abhängigkeit von den USA und der Verlust der Eigenständigkeit. Wir haben diese Eigenständigkeit bei der Weigerung, am Irakkrieg offen teilzunehmen, einmal aufscheinen sehen. Das war aber nur für kurze Zeit, und dann ist sie wieder erloschen.

Aber zu der Politik der Drohungen und der Sanktionen gibt es eine Alternative, zu der Sie die Linke auffordert: Koppeln Sie sich von einer Politik ab, die zu immer mehr Konflikten und immer neuen Kriegen führt, ob im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika oder auch in Europa. Sie reden so viel vom Frieden; aber es kommen immer mehr Konflikte, mehr Gewalt und auch Kriege heraus. Unsere Forderung lautet: Entwickeln Sie eine eigene Außenpolitik, die auf der Achtung der Souveränität und der Gleichheit der Staaten sowie auf einer wirklichen Solidarität beruht. Dann wird es auch eine erfolgreiche und glaubwürdige deutsche Außenpolitik sein.

Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)