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Deutschland bleibt Europameister bei der Geldwäsche

Rede von Richard Pitterle,

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Fraktion DIE LINKE begrüßt die Schließung einer wesentlichen Lücke für die Verhinderung von Geldwäsche durch die Einbeziehung von Glücksspielen im Internet. Doch sind die daraus resultierenden praktischen Auswirkungen überschaubar, denn es existiert kaum ein lizensierter und regulierter deutscher Onlineglücksspielmarkt, was wir auch nicht bedauern. Das Onlineglücksspiel findet fast ausschließlich im illegalen Bereich statt. Da sich daran auch nach Meinung von Sachverständigen in der Anhörung vom 22. Oktober 2012 aufgrund der vorhandenen Angebots- und Nachfragestrukturen in Zukunft kaum etwas ändern wird, ist eine Reduzierung der Geldwäsche bei Onlineglücksspielen kaum zu erwarten.

Allerdings bleibt ein zentraler Ort für Geldwäsche weiter außen vor: Die Spielhallen und Spielotheken. Die Ausschüsse des Bundesrats haben in ihren Empfehlungen vom 11. September 2012 die Einbeziehung der Spielhallen in das Geldwäscheergänzungsgesetz befürwortet, jedoch dabei übersehen, dass bei der letzten Föderalismusreform die Zuständigkeit an die Länder abgegeben wurde. Als Maßnahmenkatalog verwiesen sie analog auf die Instrumente der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Rahmen der geldwäscherechtlichen Aufsicht gemäß § 25c Absatz 4 Kreditwesengesetz. Aufgrund der hohen Bargeldeinsätze sowie des großen Umsatzpotentials der Automatenspielgeräte in den Spielhallen wäre deren Einbeziehung dringend geboten gewesen. Die Risikostruktur von Spielhallen und der Automatenspiele der Spielbanken rechtfertigen keine unterschiedliche geldwäschepräventive Beurteilung. Die Spielbanken sind Verpflichtete des Geldwäschegesetz mit erhöhten Sorgfaltspflichten, dagegen werden die Spielhallen dem Geldwäschegesetz weiter nicht unterliegen. Das offiziell von der Bundesregierung aufgeführte Gegenargument, dass in vielen Fällen die Betreiber der Spielhallen selbst die Geldwäscher seien, steht dem nicht entgegen, sondern den Betreibern der Spielhallen wären spezifische Maßnahmen zur Geldwäscheprävention vorzugeben. Die Berücksichtigung der Spielhallen allein im Rahmen der Gewerbeordnung reicht nicht aus.

An das Kernproblem der Geldwäschebekämpfung in Deutschland traut sich die Bundesregierung auch weiterhin nicht heran: Die völlig unzureichende Durchführung der Geldwäscheaufsicht und –kontrollen im Nichtfinanzsektor - trotz umfassender Kritik von vielen Seiten, z.B. des Bundes Deutscher Kriminalbeamter oder der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF).

Im Nichtfinanzsektor liegt die Zuständigkeit für die Aufsicht bei den Bundesländern. Diese gaben sie in vielen Ländern an die Kommunen weiter. Mit der Zuständigkeit der Länder und Kommunen ging allerdings keine (wesentliche) finanzielle Unterstützung einher. Darüber hinaus kommt es bei länderübergreifenden Fällen zu erheblichem Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand.

Dieser Auffassung ist auch der Bundesrat. Er hat in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012 der Bundesregierung mitgeteilt, dass die Länder nicht in der Lage sind, das Geldwäschegesetz umzusetzen. Das sind klare Worte! Der Bundesrat begründet seine Meinung unter anderem mit einer möglichst einheitlichen und effektiven Vorgehensweise und verweist auf Positivbeispiele wie Bankenaufsicht (BaFin) und Zoll. Da der Gesetzgeber die Aufsichtsbehörden nicht spezifizierte, wurden in den Bundesländern die Zuständigkeiten unterschiedlich geregelt und verortet. Während einige Länder die Aufsicht auf ministerieller Ebene beließen, delegierten andere Länder die Zuständigkeit auf die Mittelinstanzen oder auf die örtlichen Ordnungsbehörden. Die Erfassung von länderübergreifenden Sachverhalten verursacht einen erheblichen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand. Die Zersplitterung bei den föderalen Zuständigkeiten führt zu einer Vervielfachung der vorzuhaltenden Ressourcen und zu Vollzugsdefiziten. Den Bundesländern wurden zudem keine hinreichenden Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Eine Sachverständige hat aus der Praxis der Geldwäscheprävention überzeugend dargelegt, warum die Geldwäscheprävention im Nichtfinanzsektor bisher kaum erfolgt ist. Es fehlte an allem: Schulungen, Organisationsanweisungen, Fachkenntnissen, Koordination, Vorgaben zur Auslegung, Kapazitäten, Ressourcen.

DIE LINKE. schlägt eine Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung durch den Bund vor, zumindest der Geldwäscheprävention (z.B. Auslegungs- und Anwendungshinweise, Konzernbezug, Auslandsbezug). Dass eine Aufsicht auf Bundesebene gut funktionieren kann, sieht man im Finanzsektor. Seitdem Geldwäscheprävention und –bekämpfung der Bankenaufsicht übertragen wurde, ist dieser Weg Geldwäschern weitestgehend verschlossen. Eine Zentralisierung von Aufgaben lehnt die Bundesregierung jedoch ab.

Darüber hinaus fehlt immer noch eine Gesamtstrategie, wie die weiter zunehmende Geldwäsche bekämpft werden kann. Doch die Bundesregierung bleibt ihrer bekannten Politik der kleinen Tippelschritten treu. Es werden lediglich kleine, insgesamt als bescheiden anzusehende Anpassungen des Geldwäschegesetzes vorgenommen – allein 2011 wurden in diesem Gebiet drei Gesetze verabschiedet: das Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention, das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung und das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie. Und alles nur aufgrund des Drucks aus Europa. So ist es auch bei diesem Gesetz.

Als Fazit ist festzustellen, dass das Geldwäschegesetz auch 20 Jahre nach Inkrafttreten nicht umgesetzt wird, Deutschland weiterhin die EU‐Geldwäscherichtlinie verletzt und die FATF‐Empfehlungen nicht umsetzt.

Beim letzten Berichterstattergespräch hatte ich den Eindruck, dass sich alle Berichterstatter einig waren, dass vor allem im Nichtfinanzsektor hinsichtlich der Umsetzung des Geldwäschegesetzes weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht. Wir waren uns einig, die über das Bundesfinanzministerium die Länder zu bitten uns die Daten zu liefern, um uns einen Überblick über den Vollzug der Geldwäschevorschriften in den Bundesländern zu verschaffen. Wir sehen, dass auch die Regierungsparteien daran arbeiten wollen, dass Deutschland seinen Status als Europameister in der Geldwäsche nicht weiter erfolgreich verteidigt. Daher werden wir Ihren Gesetzentwurf auch nicht ablehnen, sondern uns enthalten.

Vielen Dank.