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Der Umgang mit dem Mohnanbau ist ein Schlüssel zur Befriedung Afghanistans

Rede von Monika Knoche,

Monika Knoche (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Herren und Damen! Herr Klose, Sie haben sehr eindringlich gesagt, die NATO dürfe nicht scheitern. Ich empfinde das nicht als ein Statement eines gestandenen Realpolitikers, eben weil uns die Wirklichkeit immer deutlicher vor Augen führt: Der Kampf gegen Terror kann mit Krieg nicht gewonnen werden.

(Beifall bei der LINKEN - Rainer Arnold (SPD): Aber mit guten Worten allein auch nicht!)

Wenn Sie immer noch mehr Militär ins Land bringen, bringt das nicht mehr Freiheit und auch nicht Frieden in das Land. Ich erinnere daran: Zu den kriegslegitimierenden Gründen zählte nicht nur die Zerschlagung der al-Qaida, sondern auch die Befreiung der Frau von der Burka und die Beendigung systematischer Menschenrechtsverletzungen an ihnen. Diese Woche wurde in einem schrecklichen Anschlag die Frauenbeauftragte Safiya Omar Jan getötet. Mädchenschulen sind Anschlagsziele. Gerade deshalb sage ich: Es darf nie das Menschrecht der afghanischen Frau zur Disposition gestellt werden.

(Beifall bei der LINKEN - Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Deswegen wollen Sie die Bundeswehr abziehen!)

Die Frage aber ist, ob es dazu des Militärs oder doch nicht mehr Polizei bedarf. Das Menschenrecht der Frau muss von der afghanischen Gesellschaft und ihren staatlichen Institutionen geschützt werden. Die aber sind schwächer geworden, je länger der Krieg dauert.

(Beifall bei der LINKEN)

Präsident Karzai verliert seine Unterstützung. Die afghanische Regierung ist ineffizient; Frauen sind in ihr nicht vertreten, wohl aber die Warlords. Diese haben erkennbar kein Interesse an Frauenrechten, an einer Stabilisierung und am Aufbau einer Zivilgesellschaft. Mir geht es heute darum, eines der Grundübel der innerafghanischen politischen Verhältnisse zu benennen, ein Übel, das mit Krieg gegen Terror genauso wenig zu vertreiben ist wie mit Krieg gegen Drogen:

Das ist der Mohnanbau. Er ist Quelle der Finanzierung von Korruption, Quelle der Finanzierung der Warlords und der archaischen Macht. Dass das so ist, daran hat leider auch Deutschland Anteil. In Ermangelung anderer Staatsmänner wurden in der Ära nach den Taliban die Warlords in die Regierung gebracht und das Ganze wurde als Demokratie bezeichnet. Bis heute ist der Drogenanbau rasant gestiegen; die Gewinne explodieren.

Da hilft auch das Abbrennen der Mohnfelder nichts, im Gegenteil: Es treibt die bäuerliche Bevölkerung noch tiefer in den Sumpf der Abhängigkeit. Die Ursubstanz für Heroin gedeiht; die agrarische Produktion ist dadurch nahezu vollständig ersetzt worden. Was also ist zu tun? Es ist an der Zeit, das Unorthodoxe zu denken. Es ist an der Zeit, den Drogenanbau in kontrolliertem Umfang zu legalisieren. Es ist an der Zeit, den Drogenanbau zu ersetzen. Angesichts der Preise, die die Bauern dadurch erzielen, scheitert die prinzipielle Illegalisierung sowieso. Ein Ausweg ist die massive Subventionierung des Anbaus agrarischer Produkte. In Europa haben wir uns längst daran gewöhnt, die Landwirtschaft finanziell zu unterstützen.

Ein weiterer Weg ist ein lizenzierter, legaler, kontrollierter Mohnanbau und der Aufbau eines staatlichen Monopols zur Aufbereitung für medizinische Zwecke. Die Welt braucht kostengünstige Schmerzmittel. Das gilt insbesondere für die so genannten Entwicklungsländer. Man muss mutige, neue Wege gehen und nicht noch mehr vom Falschen verordnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Stellen wir uns doch einfach einmal vor, den Warlords, den Drogenkönigen, würde der Geldhahn abgedreht, indem ihnen das Schmiermittel für die Korruption und die Finanzierungsquelle für ihre Milizen abhanden kommt! Ich höre Ihre ernsten Klagen über die Dimension, die der Drogenanbau erreicht hat: Afghanistan beliefert die Welt mit verbotenem Heroin. Das gedeiht unter der massiven internationalen Militärpräsenz. Haben Sie eine praxistaugliche Antwort? Ich habe heute keine gehört. Wenden Sie sich einer pragmatischen Position zu, wie ich sie skizziere.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was wollen Sie denn eigentlich?)

Ich bin mir bewusst, dass Sie das jetzt nicht hören mögen. Aber was ist Ihre Alternative? Sie haben keine.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines ist gewiss: Entwicklung und Entwicklungszusammenarbeit können nur gelingen, wenn die Korruptionsbekämpfung wirksam ist. Korruptionsbekämpfung kann nur durch eine sinnvolle Drogenpolitik gelingen. Das ist eine klare, einfache Wahrheit. Das Geld für internationales Militär ist besser investiert in Wirtschaftshilfe, Rechtsstaatsbildung, Armutsbekämpfung sowie den Aufbau von Polizei und sicheren Grenzen. Afghanistan braucht unsere nachhaltige Unterstützung. Zu einer Exitstrategie gehört nicht nur, den Abzug des Militärs zu planen, sondern dazu gehört auch, eine ökonomische Perspektive für eine volkswirtschaftliche Gesundung des Landes zu entwickeln. Ein starker Einsatz von deutschen Soldaten für zivile Aufgaben wird obsolet, wenn starke zivile Kräfte die Zivilgesellschaft stärken.

(Beifall bei der LINKEN)

Ob das allein die Taliban zurückdrängen wird, weiß ich nicht sicher. Aber es besteht hinreichend Anlass, davon auszugehen, dass ISAF und Operation Enduring Freedom sie nicht wirklich schwächen, im Gegenteil. Haben Sie Mut zu neuen Wegen, denn das Militär befindet sich bereits in einer Sackgasse.

(Beifall bei der LINKEN)