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Der TLG-Immobilien-Deal stinkt zum Himmel

Rede von Steffen Bockhahn,

Steffen Bockhahn, in der aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Haltung der Bundesregierung beim Verkauf der TLG“ am 17. Mai 2013 im Deutschen Bundestag.

Steffen Bockhahn (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, dass diese Aktuelle Stunde bisher wunderbar gezeigt hat, dass die Regierung keine einzige Antwort auf die offenen Fragen hat, die im Zusammenhang mit diesem Transaktionsverfahren auf dem Tisch liegen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie drücken sich die ganze Zeit davor, auf die konkreten Fragen zu antworten. Sie kommen hier mit irgendwelchen scheinheiligen Argumenten, Behauptungen oder Klassenkampftheorien der FDP, aber Sie antworten auf keine einzige der gestellten Fragen.

Ich möchte noch einmal ganz deutlich sagen, was einer der größten Skandale in diesem Geschäft ist: Die Bundesregierung beauftragt eine Bank, Barclays, sie objektiv in einem Verkaufsverfahren mit großer Sensibilität zu begleiten. Dafür zahlt sie an Barclays. Dieses Unternehmen betreut das Unternehmen, das kaufen will. Ein und dasselbe Unternehmen kassiert also als Verkaufsberater und als Käuferfinanzierer. Es hat am gleichen Geschäft zweimal verdient, und die Bundesregierung findet das in Ordnung. Ich nicht.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dann werden wir damit vertröstet, dass man Barclays mitgeteilt habe, es hätte eine Chinese Wall geben müssen. Uns wird auch mitgeteilt, dass das aber nicht kontrolliert worden ist, weil man sich darauf verlassen habe. Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich bin im Verwaltungsrat einer größeren Sparkasse. Ich habe mal nachgefragt, wie man das dort sieht, ob sie daran glauben würden, dass man sich an so eine Chinese Wall hält. Alle haben mir gesagt: Na ja, das Gegenteil ist schlecht zu beweisen; aber: nein.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Ich kann nur feststellen: Diese Sparkasse funktioniert sehr gut. Deswegen habe ich Vertrauen zu dieser Sparkasse. Zur Barclays-Bank und zur Bundesregierung habe ich es an dieser Stelle nicht, und das aus gutem Grunde.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Frage: „Warum haben Sie die Wohnungen nicht den kommunalen Genossenschaften oder den Kommunen angeboten?“, ist natürlich ganz interessant. Die Bundesregierung antwortet tatsächlich immer wieder, dass sie sie angeboten hätte. Die Nummer geht so weit, dass man sagt, es hätten sich ja kommunale Wohnungsgesellschaften zusammenschließen und ein gemeinsames Angebot unterbreiten können.

(Iris Gleicke (SPD): Das durften die gar nicht!)

Dazu muss man allerdings wissen, Herr Kollege Kampeter, dass die meisten Kommunalverfassungen und die meisten landesrechtlichen Regelungen es verbieten, dass ein kommunales Wohnungsunternehmen außerhalb der eigenen Kommune tätig wird.

(Iris Gleicke (SPD): So ist das!)

Insofern hätten solche Gemeinschaften gar nicht gebildet werden können. Ich helfe Ihnen aber immer wieder gerne nach im Bereich Kommunalpolitik. Immer wieder gerne!

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt, Sie haben ein Angebot unterbreitet, das so gar nicht angenommen werden konnte, weil Sie nur das Paket verkaufen wollten. Sie haben nie darüber nachgedacht, die Wohnungsbestände in den Kommunen zu belassen und an die Kommunen zu übergeben. Das haben Sie auch deswegen nicht gemacht, weil Sie sich der Gesellschaft in Gänze entledigen wollten, weil Sie sich auch des Personals entledigen wollten. Wenn dann vorhin von den Zugeständnissen an die Beschäftigten gesprochen wurde, frage ich mich natürlich ganz interessiert, was das für Zugeständnisse sein sollen. Etwa, dass weiterhin der Tarif der Wohnungswirtschaft gezahlt wird oder dass nicht sofort alle entlassen werden, obwohl man sie sowieso braucht? Was für Zugeständnisse sind das? Hier tauchen schon wieder die nächsten Fragen auf.

Zu sagen, es habe bisher keine einzige Änderung gegeben, ist nur die halbe Wahrheit. Wir haben nie behauptet, dass es im Bestand Mieterhöhungen gegeben hätte. Aber richtig ist, dass bei Neuvermietungen, ohne dass auch nur eine Sache an der gesamten Wohnung geändert wurde, 20 bis 25 Prozent aufgeschlagen werden.

(Iris Gleicke (SPD): So ist es!)

Das ist auch nicht verboten. Wir kritisieren jedoch, dass Sie einen solchen Verkauf machen, sich aber überhaupt keine Gedanken über Gentrifizierungsprozesse in angespannten Wohnungsmärkten machen. Sie laden Käufer noch regelrecht dazu ein, solche Prozesse zu befördern. Somit machen Sie ganze Quartiere kaputt. Das ist Ihr Versagen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN -Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Nein! Nein! Das kann man so nicht sagen!)

Sie zerstören damit auch das soziale Gefilde in solchen Gebieten.

Ich sage Ihnen noch etwas. Die Ombudsstelle ist noch sehr neu. Dass noch nicht alle Mieterinnen und Mieter darüber Bescheid wissen, muss man verstehen. Viele werden sich auch fragen: Warum soll ich mir diesen Stress jetzt antun, ich verliere doch sowieso? Denn man erlebt es immer wieder, dass man nicht gewinnt.

Ich nenne Ihnen ganz konkret ein Beispiel. Obwohl in der Sozialcharta nichts dazu steht, obwohl Sie den Mieterinnen und Mietern versprochen haben, dass sich für sie nichts ändern werde, gibt es Änderungen. Diese sind zwar laut BGB zulässig, aber sie waren nicht eingeplant. Kleinstreparaturen werden inzwischen offenkundig durch die Mieterinnen und Mieter der TAG selbst bezahlt. Das ist zulässig. Es war aber vorher anders, und Sie hatten versprochen, dass sich für die Mieterinnen und Mieter nichts ändert. Dieses Versprechen ist gebrochen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD -Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Nein!)

Ich will Ihnen noch einen Satz zu unserem Finanzierungsmodell sagen, das Sie immer wieder angesprochen haben. Sie können sich gerne weiter das Maul darüber zerreißen, ob wir ein seriöses Angebot unterbreitet hatten oder nicht. Das hat übrigens mit den Fragen, über die wir hier diskutieren, gar nichts zu tun. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Wohnungsgenossenschaft, die mitgeboten hat, hatte ein sehr seriös finanziertes Angebot. Sie alle kennen denjenigen - ich nenne den Namen jetzt nicht -, der uns da unterstützt hat. Dem sollten Sie Liquidität nicht absprechen.

(Beifall bei der LINKEN - Andrea Wicklein (SPD): Das war mir jetzt zu kryptisch!)