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Der Stadtumbau Ost kann und muss die Vorreiterrolle für Gesamtdeutschland einnehmen

Rede von Heidrun Bluhm-Förster,

Das zukünftige Bild der Bevölkerungsentwicklung ist, in Adjektiven ausgedrückt: weniger, bunter, grauer, vereinzelter. Gemeint ist damit der demografische Wandel, der sich in den nächsten Jahren auch in der Bundesrepublik Deutschland vollziehen wird. Die Zahlen zeigen, dass die Probleme in Ostdeutschland verstärkt auftreten werden. Das bedeutet für die Fraktion Die Linke: Der Stadtumbau Ost kann und muss die Vorreiterrolle für Gesamtdeutschland einnehmen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister!
Das zukünftige Bild der Bevölkerungsentwicklung ist, in Adjektiven ausgedrückt: weniger, bunter, grauer, vereinzelter. Gemeint ist damit der demografische Wandel, der sich in den nächsten Jahren auch in der Bundesrepublik Deutschland vollziehen wird. Der Einwohnerrückgang wird bis zum Jahr 2020 0,5 Prozent betragen, bis zum Jahr 2050 sogar 5 Prozent. Dieser Prozess ist sehr differenziert zu betrachten. Im Westen beträgt der Einwohnerrückgang bis 2020 im Durchschnitt 3,5 Prozent, im Osten allerdings 16,5 Prozent. Der Anteil der über 60-Jährigen wird von 2005 bis 2020 von 24,7 Prozent auf 29,1 Prozent wachsen, so die Prognosen.
Diese Zahlen zeigen, dass die Probleme in Ostdeutschland verstärkt auftreten werden. Das bedeutet für die Fraktion Die Linke erstens: Der Stadtumbau Ost kann und muss die Vorreiterrolle für Gesamtdeutschland einnehmen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Haushaltsansatz 2007 im Bereich der Städtebauförderung beträgt für Ostdeutschland 131 Millionen Euro. Das bedeutet eine Verschiebung von circa 10 Millionen Euro zugunsten des Stadtumbaus West - das begrüßen wir durchaus -, bedeutet aber für den Osten einen im Vergleich zu 2006 verminderten Ansatz um 19 Millionen Euro.
In den nächsten Jahren wird und muss in den westlichen Bundesländern ebenfalls eine höhere Förderung eingeplant werden. Wir alle wissen, dass in den Regionen, in denen Industrieanlagen zurückgebaut werden, städtebauliche Missstände bestehen, die beseitigt werden müssen. Wir brauchen auch hier eine entsprechende Förderung. Ich gehe davon aus, dass das Ministerium das ähnlich sieht.

Unser Vorschlag wäre, im Haushaltsplan nur noch eine Position mit zwei deckungsfähigen Untertiteln zu bilden, so wie es bereits in der Bauministerkonferenz diskutiert worden ist. Das hätte folgende Vorteile: Wir hätten erstens ein Ende der Ost-West-Diskussion, wenn wir mit einem neuen Haushaltstitel „Allgemeine Städtebauförderung“ und dann nur mit den Untertiteln „Ost“ und „West“ arbeiten würden. Zweitens stünden uns nicht abgerufene Mittel einzelner Länder zur Verfügung und könnten unkompliziert in andere transferiert werden. Drittens hätten wir weniger Haushaltsreste. Wir könnten viertens den Verwaltungsaufwand reduzieren und fünftens gäbe es auch auf der Basis der Föderalismusreform einen schnelleren Austausch von Lösungen zwischen den Ländern.

Zweitens muss unserer Meinung nach die Kompatibilität der Förderprogramme verbessert werden. Trotz der Erfolgsstory „Städtebauförderung Ost“ hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es hier Probleme gibt. Auch diese müssen angegangen werden; auf einige wenige will ich eingehen.
Trotz der zusammengeführten Förderprogramme beim Rückbau, bei der Wohnungsmodernisierung, der Wohnumfeldverbesserung und der CO2-Gebäudesanierung gibt es keine Förderung für den Rückbau der technischen Infrastruktur. Das heißt, die Einbeziehung der Versorgungsträger ist hier mangelhaft oder sie fehlt zum Teil.
Die Idee, Herr Tiefensee, die Sie auf dem GdW-Kongress angedeutet haben, nämlich eine Aufsplittung der Rückbauförderung in Höhe von jetzt 60 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in 40 Euro für den Wohnungsrückbau und 20 Euro für den Rückbau der technischen Infrastruktur, hat in der Fachlobby nicht nur zu positiven Reaktionen geführt. Auch wir sind der Auffassung: Das wird nicht funktionieren. Denn damit wird der allgemeine Wohnungsrückbau für viele Bauunternehmen nicht mehr finanzierbar. Letztlich werden auch weniger Fördermittel abgerufen werden. Das Fördererfordernis wird nicht zu dem gewünschten Erfolg, den wir damit realisieren wollten, führen.
Wir brauchen auch die Kompatibilität der GA-Förderung und der Städtebauförderung. Unser Vorschlag: Öffnen Sie die allgemeine Städtebauförderung auch für den Rückbau der technischen Infrastruktur. Der Vorteil wäre: Es gäbe mehr Planungssicherheit für die den Prozess steuernden und beteiligten Kommunen und es käme zur Auflösung der starren Rolle der Versorger.
Des Weiteren können Förderprogramme wie EFRE und die allgemeine Städtebauförderung nicht in einem Programmgebiet Anwendung finden. Die Umsetzung der integrierten Stadtentwicklungskonzepte wird damit zum Flickenteppich. Unser Vorschlag: Aufhebung der starren Förderkriterien innerhalb der einzelnen Förderprogramme zur Herstellung der Kompatibilität.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir fordern drittens, eine ressortübergreifende Förderung zu organisieren. Die ISEKs, die integrierten Stadtentwicklungskonzepte, sind mehr als eine Förderung in Beton. Sie erfordern ein abgestimmtes Vorgehen im Straßenbau, im ÖPNV sowie bei der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Deshalb unser Vorschlag: Schluss mit der Einzelförderung, wie es im Zusammenhang mit dem GVFG, den Regionalisierungsmitteln, der Schulbauförderung oder sozialen Programmen der Fall ist. Lassen Sie uns alle einzelnen Förderprogramme zahlenmäßig zusammenfassen.
Lassen Sie uns die starren Förderkriterien aufheben. Packen wir alles in einen Topf und nennen wir das Kind: kommunale Investitionsförderung.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Vorteil: Damit stärken wir die kommunale Selbstverwaltung und reduzieren den Verwaltungsaufwand bei Bund und Ländern. Damit schaffen wir moderne und zukunftsfähige Städte, die ihre Investitionen nachhaltig in Innovation sowie in die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger flexibel einsetzen und die nicht nur in Beton investieren.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu den Kosten der Unterkunft - das ist Einzelplan 11 - machen. Die Rückwirkungen auf die Stadtquartiere durch Zwangsumzüge und Entmischung werden letztlich auch die integrierten Stadtentwicklungskonzepte nicht greifen lassen. Wenn die Kommunen keine Unterstützung durch den Bund bekommen, dann brauchen sie letztlich noch mehr Fördermittel im Bereich Städtebauförderung, um damit die jetzt schon bestehenden integrierten Stadtentwicklungskonzepte nachschreiben zu können. Damit und durch Reduzierungen in anderen Bereichen können die negativen sozialen Folgen von Hartz IV gemildert werden.
Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften ist 2006 im Vergleich zu 2005 um 220 000 gestiegen. Die Berechnungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zeigen, dass der Bundesanteil 5,7 Milliarden Euro und nicht, wie im Haushaltsansatz geplant, 2,0 Milliarden Euro betragen muss. Hier ist zu erkennen, wo das Defizit liegt und wohin es führt.
Letztlich werden die Lasten zu Ungunsten der Kommunen und der kommunalen Haushalte verschoben. Damit werden die Kommunen überlastet. Auch hier ist eine ressortübergreifende Betrachtung erforderlich. Die fiskalische Ressortbetrachtung muss durch eine ganzheitliche Betrachtung ersetzt werden. Diesem Anspruch muss sich auch die Bundesregierung stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich zum Schluss deutlich machen: Es kommt für uns darauf an, ressortübergreifend dahin gehend tätig zu werden, dass endlich die restlichen Altschulden im Bereich der Wohnungsförderung gestrichen werden

(Beifall bei der LINKEN)

und dass wir die Fristverlängerung für die Grunderwerbsteuerbefreiung für Wohnungsunternehmen und für Einzelpersonen über den 31. Dezember 2006 hinaus ermöglichen.
Danke schön.