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Chefsessel statt Vorzimmer: Ohne Quote geht es nicht!

Rede von Yvonne Ploetz,

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

stellen wir uns kurz vor, in Deutschland wären Männer und Frauen gleichgestellt. Dann wäre es möglich, Kinder zu erziehen und ohne Probleme trotzdem Karriere zu machen. Wenn es um Führungspositionen geht müssten sich Frauen nicht mehr sagen lassen, ihr wollt ja eigentlich gar nicht in die oberen Etagen – nein, sie säßen ganz selbstverständlich auf dem Chefsessel statt im Vorzimmer. Und Erzieherinnen würden am Ende des Tages gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen den Kindergarten zusperren – und zwar zufrieden, weil ihr Beruf gesellschaftlich angesehen und angemessen bezahlt wäre.

Nun wissen wir alle, dass der Alltag ein ganz anderer ist. Aber zum Glück gibt es viele Frauen, die jeden Tag für ihre Rechte streiten. Und sie können sich dabei auf das Deutsche Grundgesetz berufen. Dort steht seit 1949 in Artikel 3 Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“.
Dazu gehört eigentlich all das was ich gerade beschrieben habe und noch vieles mehr.

Wenn wir jetzt also über die Quote und die Initiativen von SPD und Grünen reden, sollten wir im Hinterkopf behalten, dass Gleichstellung nicht nur bedeutet, einen gleichberechtigten Zugang zu Führungspositionen zu fordern, sondern dass Frauen und Männer in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichgestellt sein müssen. Die Quote ist ein wichtiges Mittel, nicht das Ziel. Sie ist ein Türöffner hin zur Idee der Geschlechtergerechtigkeit. Die von Frauenministerin Schröder vorgeschlagene Flexiquote ist das nicht.

Und die lauert bereits im Hintergrund, während wir hier debattieren. Kurz zur Erläuterung: Die Flexiquote ist eine freiwillige Selbstverpflichtung, die sich die DAX-Unternehmen selbst geben. Und das Ergebnis? „Dax-Konzerne bremsen Frauenquote aus“, fasst die Süddeutsche Zeitung im Oktober dieses Jahres treffend zusammen. Es gibt einige positive Beispiele, die den Frauenanteil in Führungspositionen bis 2015 auf 30 Prozent erhöhen wollen. Allianz, Bayer, Commerzbank und Deutschen Telekom sind da zu nennen. Andere Unternehmen wie BMW oder Daimler wollten sich dagegen fünf Jahre Zeit lassen und streben lediglich eine Frauenquote von 20 Prozent oder weniger an.

Ich bitte Sie, das sind doch alles Alibi-Veranstaltungen.

Und wir wissen, dass in den vergangenen 10 Jahren der Frauenanteil in den Vorständen der DAX-Unternehmen von 2,5 auf gerade einmal 3,7 Prozent gestiegen ist. Ein bisschen mehr als 1 Prozent Verbesserung in 10 Jahren, muss für die Zukunft heißen, dass man den Unternehmen nicht eben nochmals 10 Jahre Zeit gibt, nochmals 10 Jahre nicht handeln zu müssen. Wir brauchen eine gesetzliche Quote. Ihre Flexiquote ist ein Symbol für die Biegsamkeit des politischen Rückgrats dieser Regierung in der Frauenfrage.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht auch anders. Das zeigt ein kurzer Blick nach Norwegen: Norwegen hat als erstes Land der Welt eine Frauenquote eingeführt. Damals war sie noch leidenschaftlich umkämpft –mit ähnlichen Argumenten wie hier. Heute, zehn Jahre später, ist sie gesellschaftlich akzeptiert, unstrittig und die Unternehmen sind damit erfolgreich.
In Bezug auf die vorliegenden Initiativen heißt das für uns folgendes:

Ja, SPD und Grüne haben Recht, die Quote muss auch über die 30 DAX-Unternehmen hinaus reichen. Und das sollte nicht nur für die Privatwirtschaft gelten, sondern auch im öffentlichen Dienst selbstverständlich sein. Das schließt auch Bundesbehörden mit ein, Frau Schröder. Die Selbstverpflichtung scheint selbst in Ihrem eigenen Haus nicht zu funktionieren. Es gibt in Ihrem Ministerium keine einzige Staatssekretärin und nur eine von fünf Abteilungsleitungen ist von einer Frau besetzt. Gerade Sie sollten doch als Vorbild voran gehen.

Und ja, es muss eine gesetzlich festgeschriebene Quote geben. Allerdings haben wir auch weiterhin unterschiedliche Auffassungen bei der Höhe. Wir finden, dass es keinen Grund gibt, diese auf 30 oder 40 Prozent festzulegen, wenn der Anteil der Frauen in der Gesellschaft bei über 50 Prozent liegt. Und zumal wir es gerade jetzt die bestausgebildetste Frauengeneration der Bundesrepublik haben. Wenn die Quote ein Abbild der Gesellschaft sein soll, wenn sie den Rechten der Frauen Geltung verschaffen soll, dann muss die Hälfte der Posten den Frauen gehören.

Und dennoch, selbst wenn die Hälfte der Spitzenpositionen mit Frauen besetzt wäre, ist es fraglich, ob sie auch den gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Das ist derzeit nämlich nicht der Fall. Und genau das ist einer der wunden Punkte in der ganzen Diskussion. Denn hier setzt sich fort, was auf den unteren Ebenen beginnt. Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Die ungleich verteilte Arbeit von Frauen und Männern. Die ungleiche Wertschätzung der Arbeit von Frauen und Männern. Diese Ungleichheiten müssen beseitigt werden.

Eine emanzipatorische Frauenpolitik muss sich also um Frauen in Führungspositionen kümmern, aber sie muss auch und insbesondere die Frauen in den Blick nehmen, die in unsicheren Arbeitsbeschäftigungen arbeiten, die keine Erwerbsarbeit haben, die trotz Arbeit arm sind und auch im Alter arm sein werden. Es gibt ausreichend vorliegenden Lösungen um all den prekären Situationen entgegenzutreten. Sie liegen Ihnen von Seiten der Linken und der zahlreichen Frauenverbände in Deutschland vor.

Wir sind an der Seite all der Frauen und werden auch weiterhin für sie und gemeinsam mit ihnen für Ihre Rechte kämpfen.

Vielen Dank!