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Caren Lay: Rassistische Gewalt ist die größte Bedrohung für die Demokratie

Rede von Caren Lay,

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am vergangenen Montag fand ich vor meinem Büro in Bautzen einen großen Blutfleck. Dahinter steckte eine geschmacklose Aktion, die sich nicht nur gegen mich, sondern auch gegen die Büros von CDU, SPD und Grünen richtete. Auf Twitter bekannte sich die sogenannte Identitäre Bewegung dazu, eine Bewegung, die der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron für eine – Zitat – „tolle Organisation“ und eine „Vorfeldorganisation der AfD“ hält. Das sind Ihre Freunde!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Vorfall am Montag war der 28. Angriff auf meine Büros im Landkreis Bautzen. In der Vergangenheit ging es um Schmierereien mit der Aufschrift „Judenbüro“, um Hakenkreuze, um zerschlagene Fensterscheiben, um Farban­schläge, Hausfriedensbruch, aber auch persönliche Bedrohungen meiner Gäste, meiner Mitarbeiter und von mir persönlich.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Da haben wir ja viel gemeinsam! Da haben wir ja ganz viel gemeinsam!)

Nur in einem einzigen Fall kam es zu einer Festnahme. Das, meine Damen und Herren, ist erschreckend.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch Politikerinnen und Politiker anderer Parteien werden von militanten Rechten bedroht. Bereits erwähnt worden ist die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker von der CDU.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, die ist parteilos!)

– Sie ist parteilos, Entschuldigung. – Aber auch Christoph Bergner, CDU-Bundestagsabgeordneter, Dr. Karamba Diaby von der SPD oder der Kollege Sebastian Striegel von den sächsischen Grünen waren von rechter Gewalt betroffen. Es gibt unzählige Beispiele.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Zum Thema!)

Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion geht hervor: Bis September dieses Jahres gab es 111 Angriffe auf Bundestagsabgeordnete und ihre Büros. Die Verhältnisse sind sehr klar: 93 davon wurden von Rechtsextremen begangen, 18 von Linksextremen. Jeder dieser Angriffe ist ein Angriff zu viel.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Kommen Sie zum Thema!)

Die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den zum Teil schlimmen und lebensgefährlichen Angriffen, denen andere Menschen ausgesetzt sind. Ich spreche hier von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten, alternativen Jugendlichen und Obdachlosen. Diese rassistische Gewalt ist das größte Problem, das unsere Demokratie bedroht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gab allein im letzten Jahr fast 1 000 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und 2 500 weitere Angriffe auf Geflüchtete. An dieser Stelle vermisse ich die Empörung der AfD.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Bleiben Sie einfach in Köln!)

Ihre Bundestagsfraktion ist ja nicht gerade zimperlich. Es ist erwähnt worden: Der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner postete ein Foto von einer Machete und bedrohte das Zentrum für Politische Schönheit. Schon im Juli dieses Jahres gab es ein Foto von einer Steinschleuder mit dem Hashtag „Neuerwerb!“. Das, meine Damen und Herren, ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

19 Mitglieder der AfD-Bundestagsfraktion und 33 Landtagsabgeordnete Ihrer Partei waren Mitglieder einer Facebook-Gruppe mit dem Namen „Die Patrioten“. Dort wurde ein Foto gepostet, das Anne Frank – ein Mädchen, das von Nazis ermordet wurde – auf einem Pizzakarton zeigte, mit einem Schriftzug, der so ekelhaft ist, dass ich ihn an dieser Stelle nicht zitieren kann. Das ist so was von geschmacklos und menschenverachtend, meine Damen und Herren! Schämen Sie sich!

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wer darüber nicht reden und sich davon nicht distanzieren will, der soll aufhören, sich hier als Opfer zu inszenieren. Das ist einfach scheinheilig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Popanz!)

Das ist übrigens der Grund, warum Menschen vor Ihrem Parteitag demonstrieren. Dafür gibt es auch gute Gründe.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja, die lieben Pfadfinder von der Antifa! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ach nee! Und da ist Gewalt dann in Ordnung, oder wie?)

Gewalt, meine Damen und Herren, insbesondere gegen Personen, lehnen wir Linke unmissverständlich ab. Gewalt ist kein Mittel der Politik, schon gar nicht von linker Politik.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das sieht man ja immer wieder! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das sagen Sie immer danach! Immer nur danach!)

Dass Sie aber jetzt so tun, als sei diese Demonstration eine linksextremistische Veranstaltung gewesen,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Die Sie finanzieren!)

geht nicht. Mit dabei waren Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, der Muslime,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja, die auch! Genau!)

der Gewerkschaften und Überlebende des Holocaust. Sie alle haben Grund, sich Sorgen zu machen und gegen Ihren Parteitag zu demonstrieren.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie finanzieren den kriminellen Mob!)

Und warum? Weil die AfD und ihr Umfeld diese Gesellschaft spalten und weil Sie Hass schüren.

(Zurufe von der AfD: Ja, ja! – Oh! – Mir kommen die Tränen!)

Sie machen Geflüchtete zu Sündenböcken für eine gescheiterte Sozialpolitik. Sie stellen Migrantinnen und Migranten als Kriminelle dar. Sie tun so, als würde es in Großpostwitz kein größeres Problem als die Burka geben oder als würde in Kleinwelka die Einführung der Scharia kurz bevorstehen. Hören Sie endlich auf damit! Hören Sie auf, Hass zu schüren! Lassen Sie Ihre scheinheiligen Anträge sein!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Kommen Sie mal nach Duisburg-Marxloh!)