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Bundeswehrreform-Begleitgesetz: falsch ausgerichtet und ungerecht

Rede von Harald Koch,

- Es gilt das gesprochene Wort-

Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Das vorliegende Bundeswehrreform-Begleitgesetz ist wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Menschen eigentlich nicht umgehen sollte. Ihr Anspruch war es, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen sozialverträglichen Personalabbau in der Bundeswehr ermöglicht. Abgesehen davon, dass die gesamte Reform der Bundeswehr völlig falsch ausgerichtet und schlecht durchdacht ist, kann auch von sozialverträglichem Personalabbau keine Rede sein.

Es ist beispielsweise nicht sozialverträglich, dass sie eine Obergrenze für die Anzahl der Ausscheidewilligen festlegen, mit der sie noch nicht einmal ihren selbst gesteckten Rahmen erreichen können. Warum lassen sie nicht alle gehen, die gehen wollen?
Und vor allem ist es nicht sozialverträglich Soldaten mit Vordienstzeiten in der NVA auch 22 Jahre nach der deutschen Einheit noch immer zu benachteiligen. Da haben Sie von der CDU, und im Besonderen der Herr Bergner, ein Possenstrück aufgeführt, ein schon verabschiedetes Gesetz extra noch einmal in den Ausschuss zurück gebracht weil sie ‚die Ungleichbehandlung von Ost-Biographien nicht länger hinnehmen wollten. Aber der ganze Theaterdonner ändert nichts daran, dass sie diese Ungleichbehandlung auch mit dem jetzt nachgebesserten Gesetzentwurf nicht beseitigen. Sie heben zwar die Hinzuverdienstgrenzen auch für ehemalige NVA Soldaten auf, schaffen aber gleichzeitig neue Ungerechtigkeiten, weil diese Regelung nur für eine kleine Gruppe von Soldaten gilt, nämlich diejenigen, die infolge der Maßnahmen des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes aus dem Dienst ausscheiden. Alle anderen ehemaligen NVA-Soldaten, die vielleicht bereits ausgeschieden sind, ohnehin in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden wären oder erst nach 2017 ausscheiden wollen sind auch weiterhin benachteiligt.

Das viel größere Problem ist jedoch, dass selbst der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen nur Augenwischerei ist. Denn das eigentliche Problem, die unterschiedlichen Ruhestandsbezüge zwischen Soldaten mit reiner Bundeswehrbiografie und Soldaten mit NVA-Vorzeiten, wird überhaupt nicht angegangen. Dies heißt, dass Soldaten mit NVA-Zeiten auch weiterhin viel kleinere Renten erhalten werden als die Soldaten, die nur in der Bundeswehr gedient haben.

Finden Sie das sozialverträglich und gerecht? Ich finde das skandalös. Aus diesem Grund hat DIE LINKE im Verteidigungsausschuss auch einen Antrag vorgelegt, mit welchem sie die Bundesregierung auffordert noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf vorzulegen welcher sämtliche noch verbliebenen Schlechterstellungen von ehemaligen NVA-Soldaten gegenüber Soldatinnen und Soldaten mit ausschließlicher Dienstzeit in der Bundeswehr beseitigt. Wir sind gespannt, ob die Aussagen von Herrn Bergner und Co. mal wieder nur medienwirksame Lippenbekenntnisse waren oder ob sie zukünftig wirklich eine Gleichbehandlung anstreben.

Insgesamt zeigt sich wieder einmal das Problem, welches wir schon so oft kritisiert haben:
Wenn es um Ausrüstung, Auslandseinsätze oder millionenschwere Beschaffungen geht, dann kann alles nicht schnell, effektiv und schlagkräftig genug sein. Dann ist auch genug Geld da. Wenn es allerdings um die Versorgung, Betreuung oder Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten geht, fängt die Bundesregierung jedes Mal sofort an zu knausern und versucht sich vor ihrer Verantwortung zu drücken. Das ist so nicht hinnehmbar!

Ein weiterer äußerst bedenklicher Aspekt des Gesetzes ist die Absicht der Bundesregierung, die zivile Komponente aus der Bundeswehrverwaltung heraus zu drängen und zivile Dienstposten nun mit Militärs zu besetzen. Artikel 87 b Grundgesetz regelt eine klare Aufgabentrennung zwischen zivilen und militärischen Strukturen. Und dies nicht ohne Grund. Diese Trennung ist eine Folgerung aus der deutschen Militärgeschichte. Soll diese wichtige demokratische Errungenschaft nun auf dem Altar der Re-Militarisierung geopfert werden? Das ist nicht akzeptabel, da es nicht nur zu einer weiteren Militarisierung innerhalb der Bundeswehr, sondern auch zu einer schleichenden Militarisierung der Gesellschaft beiträgt. DIE LINKE lehnt das strikt ab.

Ebenfalls zu einer schleichenden Militarisierung der Gesellschaft führt die vermehrte Rekrutierung von Frauen. Unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung und einer „menschlicheren“ Bundeswehr wird versucht Frauen vermehrt für den Dienst an der Waffe zu gewinnen. Dies ist angesichts der Ausrichtung der Bundeswehr fatal und hat auch nichts mit Emanzipation zu tun. Die Bundeswehr ist eben kein Arbeitgeber wie jeder andere, und das in jeder Hinsicht…

Vielen Dank!