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Bürgerbeteiligung im Umweltrecht

Rede von Sabine Stüber,

Worum geht es? Es geht um mehr Bürgerrechte in Umweltfragen, um das Recht auf vollständige Informationen über die Einhaltung von Umweltvorschriften bis hin zu Klagemöglichkeiten gegen die Beeinträchtigung der Umwelt auch für kommende Generationen. Die europäischen Länder haben das mit einer Vereinbarung, der Aarhus-Konvention, 2001 im Völkerrecht verankert. Erst fünf Jahre später hat der Bundestag dazu ein Gesetz mit dem sperrigen Namen Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz verabschiedet. Der eigentliche Sinn des Gesetzes bestand darin, dass Bürgerinnen und Bürger ohne Einschränkungen Verwaltungsentscheidungen, das heißt die Genehmigung von Großvorhaben mit erheblichen Umweltauswirkungen, gerichtlich überprüfen lassen können. Aber das steht in dem Gesetz nicht drin.

Rede zu Protokoll in der Plenarsitzung vom 08.11.2012

zum TOP: 26
2./3. Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und anderer umweltrechtlicher Vorschriften Drucksache: 17/10957

Frau/Herr PräsidentIn,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

was ist das für ein schlechter Gesetzentwurf, den wir heute hier besprechen, am liebsten würde ich sagen, besprechen müssen. Wäre es nach meiner Fraktion und nach den beiden anderen Oppositionsfraktionen gegangen, hätte es ohne grundlegende Überarbeitung der Gesetzesnovelle keine dritte Lesung gegeben.

Worum geht es? Es geht um mehr Bürgerrechte in Umweltfragen, um das Recht auf vollständige Informationen über die Einhaltung von Umweltvorschriften bis hin zu Klagemöglichkeiten gegen die Beeinträchtigung der Umwelt auch für kommende Generationen. Die europäischen Länder haben das mit einer Vereinbarung, der Aarhus-Konvention, 2001 im Völkerrecht verankert. Erst fünf Jahre später hat der Bundestag dazu ein Gesetz, mit dem sperrigen Namen Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, verabschiedet. Der eigentliche Sinn des Gesetzes bestand darin, dass Bürgerinnen und Bürger ohne Einschränkungen Verwaltungsentscheidungen, das heißt die Genehmigung von Großvorhaben mit erheblichen Umweltauswirkungen, gerichtlich überprüfen lassen können.

So sollte es sein, so stand es aber nicht im Gesetz. Die Klage der Umweltverbände beim Europäischen Gerichtshof folgte und das Urteil fiel eindeutig aus, wenn auch erst im Mai 2011. Bei dem Spiel auf Zeit ging der Punkt an die Bunderegierung, aber nun muss nachbessert werden!

Schlechtes Timing, denn gerade jetzt will der Bundeswirtschaftsminister mal eben für eine ungewisse Zeit das Naturschutzrecht außer Kraft setzen, es gehe schließlich um Wirtschaftswachstum. Das wirkt, Kolleginnen und Kollegen, populistisch und auch wenig kompetent. Außerdem ist die Angst des Bundeswirtschaftsministers vor einer Klagewelle und der daraus resultierenden Zeitverzögerung für Großvorhaben, völlig unbegründet. Die Zahl von Klagen gegen Umweltbeeinträchtigungen nehmen ab und sind mit weniger als 1% bei den anhängigen Verwaltungsrechtsverfahren verschwindend gering. Die Erfolgsrate liegt allerdings mit rund 40% über dem Durchschnitt.

Trotzdem, was tut die Bundesregierung? Sie ignoriert komplett das Urteil des Europäischen Gerichtshofs und schränkt die Bürgerrechte im Gesetzentwurf noch zusätzlich ein, statt sie zu erweitern. Sie verstößt somit nicht nur wiederholt gegen europäisches Recht, nein, sie entlarvt auch ihre tatsächliche Haltung zu den Bürgerrechten. Beteiligung der Zivilgesellschaft an Gestaltung und Verantwortung, Transparenz und Akzeptanz, das alles meint diese Regierung nicht ernst, es sind und bleiben leere Worthülsen.

Wiederum wird, wie schon 2006, EU-Recht nicht korrekt umgesetzt. Vor dem Europäischen Gerichtshof ist der Gesetzentwurf von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Bundesrat hat Mitte September die Novelle des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, vor allem wegen der Beschränkung der Klagemöglichkeiten abgelehnt. Bei der Nachhaltigkeitsprüfung ist sie ebenfalls durchgefallen. Die Sachverständigen haben in einer öffentlichen Anhörung am 22. Oktober diesen Jahres mehrheitlich auf die Defizite und den unsicheren Rechtsstatus hingewiesen.

Alle Hinweise der Experten, Vorschläge aus den Reihen der Opposition, alles umsonst, nichts findet sich in der Novelle wieder. Diese Bundesregierung ist beratungsresistent, geändert wurden einige Formalien, nicht aber die inhaltlichen Mängel. Das ist nicht einfach schlechtes Handwerk, das hat Methode und ich nenne es Arroganz der Macht. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Vielen Dank!