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Bleiberecht statt Abschiebeoffensive

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Union verlangt in ihrem Antrag eine konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht. Bemerkenswert ist, dass die Begründung des Antrags voller Falschbehauptungen ist. Ich möchte insbesondere auf einen Punkt eingehen, weil Sie sich da ausgerechnet auf eine Anfrage aus meiner Fraktion beziehen.

Die Union hebt hervor, dass bei 37 Prozent der Geduldeten fehlende Reisedokumente oder eine ungeklärte Identität der Grund für die Aussetzung der Abschiebung seien. Da liegt offensichtlich ein Fehlschluss vor. Sie tun so, als ob man diese Menschen alle abschieben könnte, wenn sie Reisedokumente hätten. Das ist falsch, und das zeigt ein Blick in die Herkunftsländer der Menschen. Schauen wir auf Afghanistan: Über 4 000 Menschen haben keine Dokumente. Doch selbst wenn bei ihnen Dokumente vorliegen würden, gäbe es keinen Grund, diese Menschen nach Afghanistan abzuschieben.

(Beifall bei der LINKEN – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Sie wissen doch gar nicht, ob die aus Afghanistan kommen, wenn die keine Papiere haben!)

Ähnlich ist es in Bezug auf Iran. Die Bundesländer haben sich verständigt, nicht in den Iran abzuschieben, unabhängig davon, ob Betroffene einen Pass haben oder nicht. Außerdem wissen wir aus der Praxis, dass viele Iranerinnen deshalb keinen Pass besitzen, weil sie für das Foto ein Kopftuch tragen müssten, das aber nicht wollen. Wollen Sie von der Union diese Frauen etwa dazu zwingen? Dann sollten Sie aufhören, Schilder hochzuhalten, auf denen „Jin, Jiyan, Azadi“ steht.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst im Januar hat der Bundestag den Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden anerkannt, und ausgerechnet jetzt droht einer Jesidin aus Shingal die Abschiebung – Sie haben es vielleicht mitbekommen; es ging durch alle Medien. Die Familie von Hayfaa Sharaf Elias ist vor dem Völkermord nach Deutschland geflohen. Ihr schwer traumatisierter Vater hat Suizid begangen. Daraufhin wurde der gesamten Familie der Flüchtlingsstatus widerrufen, und es besteht die Gefahr, dass die Familie abgeschoben wird. Das ist aus meiner Sicht an Unmenschlichkeit kaum zu überbieten. Dabei könnte das BAMF den Widerrufsbescheid einfach aufheben, um das Leid der Familie, der eine Verfolgung durch den IS im Irak droht, zu beenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer eine Abschiebeoffensive fordert, zerstört Menschenleben wie das von Hayfaa

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das steht im Koalitionsvertrag, „Rückführungsoffensive“!)

und nimmt Brutalität und Menschenrechtsverletzungen in Kauf. Wir fordern stattdessen ein sicheres Bleiberecht für alle Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)