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Birgit Menz: Tierwohl vor Profit: Politik muss Tiere endlich wirksam schützen

Rede von Birgit Menz,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Als ich letzten Freitag las, dass heute der Tagesordnungspunkt Tierschutz aufgesetzt ist, hatte ich kurz die Illusion, dass dieser Punkt von der Koalition kommt, damit sie in dieser Legislaturperiode doch noch etwas für den Tierschutz tun kann. Dem ist leider nicht so. Und doch hoffe und wünsche ich, dass der Antrag, der heute eingebracht wurde, nach den Beratungen in den Ausschüssen nicht nur von der Opposition verabschiedet wird.

Auch wenn der Tierschutz seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist, sieht es in Deutschland diesbezüglich schlecht aus. Selbst die Ziele, die sich die Große Koalition in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, wurden kaum angegangen, geschweige denn umgesetzt. Ich zitiere:

"Wir verbessern den Wildtierschutz und gehen gegen Wilderei sowie den illegalen Wildtierhandel und deren Produkte vor; Handel mit und private Haltung von exotischen und Wildtieren wird bundeseinheitlich geregelt. Importe von Wildfängen in die EU sollen grundsätzlich verboten und gewerbliche Tierbörsen für exotische Tiere untersagt werden."

Die derzeitige Tierschutzpolitik vernachlässigt den Tierschutz und ist vielmehr am wirtschaftlichen Mehrwert der Tiere interessiert. Deutlich wird dies nicht nur in der Landwirtschaft – darüber haben wir am Mittwoch gesprochen –, sondern auch im Heimtierbereich. Auf gewerblichen Tierbörsen floriert das Geschäft insbesondere mit exotischen Tierarten. In Deutschland werden jährlich unzählige Tiere auf diesen Börsen angeboten. Oftmals werden sie in engen Behältern zur Schau gestellt und sind unterschiedlichsten Stressfaktoren ausgesetzt.

Heutzutage gilt es als angesagt, im Privaten exotische Tiere zu halten. Viele Tierhalterinnen und Tierhalter unterschätzen jedoch die privat schwer zu erfüllenden, extrem hohen Ansprüche an die Haltung der Tiere und sind aufgrund fehlender Fachkunde folglich überfordert. Bei vielen auf Tierbörsen angebotenen Exoten handelt es sich zumeist nicht um Zuchttiere, sondern um sogenannte Wildfänge. Somit bedroht der Fang von Wildtieren für den Heimtiermarkt auch das Überleben von Wildbeständen in den Herkunftsländern, und ferner geht das einher mit hoher Sterblichkeit bei Fang, Transport und in Gefangenschaft. Wir fordern daher schon lange ein Verbot des Handels mit Wildfängen und die Einführung einer Positivliste für Arten, die in Privathaushalten tiergerecht gehalten werden können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Haltung von Wildtieren in Zirkussen und von exotischen Tieren in Privathaushalten muss strenger reguliert bzw. verboten werden; denn in beiden Fällen können artgerechte Haltungsbedingungen kaum geschaffen werden. Weder Transportwaggons noch Wohnzimmer sind Freilaufgehege. Gleiches gilt für die Haltung von Tieren zur Produktion von zum Beispiel Pelzen. Es darf nicht sein, dass Tiere allein zur Herstellung von Luxusgütern gehalten und getötet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert ebenso die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzvereine auf Bundesebene. Tiere sollen besser vor Gesetzesverstößen geschützt werden. Wenn sich Behörden und Betriebe über das Tierschutzrecht hinwegsetzen, müssen anerkannte Tierschutzverbände die Möglichkeit haben, stellvertretend für die Tiere zu reden und zu klagen.

Eine der Folgen des bisher unzureichenden staatlichen Tierschutzes ist die Ursache dafür, dass die Tierheime, die einen großen Teil der gesellschaftlichen Aufgaben für den Tierschutz erfüllen, in eine sehr schwierige Lage geraten sind. Immer mehr Tiere und Tierarten werden abgegeben, und auch die Verweildauer steigt. Es wird eng in den Tierheimen, und die Kosten für Futter und veterinärmedizinische Leistungen steigen. Für exotische Tiere müssen extra Auffangstationen eingerichtet werden. Wir sehen hier Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in der Pflicht, Finanzmittel für notwendige Investitionen bereitzustellen, Wege zu ebnen, damit die außerordentlich wichtige Arbeit der Tierheime ausreichend gewürdigt und eine gute Versorgung der Tiere auch zukünftig gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Fundtieren und herrenlosen Tieren; denn nur so können die laufenden Kosten in Zukunft gedeckt werden.

Ein wirksamer Tierschutz kann nur gelingen, wenn die Bedürfnisse der Tiere in jedem Fall höher bewertet werden als ihr wirtschaftlicher Nutzen. Tiere sind und bleiben Lebewesen und keine Sachen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)