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Biokraftstoffquotengesetz

Rede von Hans-Kurt Hill,

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Biokraftstoff-Strategie der Bundesregierung ist gescheitert. Die Zwangsbeimischung von Agrosprit zu mineralischem Benzin oder Diesel ist ein Irrweg zu Lasten des Naturhaushaltes und des Klimaschutzes. Ich fordere den Umweltminister deshalb auf, sein Scheitern in dieser Sache einzugestehen und das Gesetz samt Änderungsvorlage zurück zu ziehen.

Die Bundesregierung setzt mit ihrer angeblich „ökologischen Industriepolitik“ selbstbewusst auf das falsche Pferd. Richtig wäre: Eine nachhaltige Biomasse-Erzeugung und Nutzung zu fördern, die den Naturhaushalt nicht überfordert und für Wertschöpfung in der Region sorgt. Das schafft dann auch zukunftssichere Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

In Deutschland und Europa stehen für die Nutzung von Bioenergie nur begrenzte Anbauflächen zur Verfügung. Der Bundesumweltminister übersieht diese Tatsache, als gäbe es sie nicht. Überhöhte Ziele, gerade bei Biokraftstoffen, überfordern deshalb die Böden und haben keinen Nutzen für den Klimaschutz. Sie führen ökologisch schädliche Anbauweisen und den massenhaften Import von Agroenergie. In den Ländern des Südens sind Regenwaldzerstörung sowie Vertreibung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern die Folge. Eine internationale Zertifizierung für Energiepflanzen ist nicht kontrollierbar und wird deshalb auch nicht greifen.

In Deutschland selbst ist der massive Einsatz von Agrosprit ohnehin Unsinn, wenn die Wende in der Verkehrspolitik ausbleibt. Statt auf klimaschädlichen Pkw- und Schwerlastverkehr zu setzen, müssen ein nutzerfreundlicher öffentlicher Nahverkehr und eine attraktive Bahn in der Fläche geschaffen werden. Wer glaubt, er könne die Autobauer mit Bioalkohol beruhigen, ist auf dem Holzweg.

Mit dieser Haltung stehen wir nicht allein da:
„Durch die Quotenvorgaben für Biokraftstoffe, werden zum Teil sogar Bioenergiepfade gefördert, die zur Verschärfung des Klimawandels beitragen.“ Und: „Bioenergie darf nicht zu einer Gefährdung der Ernährungssicherheit führen oder die Zerstörung von Regenwäldern oder anderen naturnahen Ökosystemen auslösen.“ Weiter: „Der Anbau einjähriger Energiepflanzen zur Produktion von Flüssigkraftstoffen für den Verkehr ist zu wenig an den Zielen des Klimaschutzes ausgerichtet.“ Das sagt nicht irgendwer, sondern das wichtigste Beratungsgremium der Bundesregierung in Sachen Klimaschutz, der „Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen“. Dieser sagt als Schlussfolgerung zum Biokraftstoffquotengesetz: „Der WBGU plädiert daher für einen raschen Ausstieg aus der Förderung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich.“

DIE LINKE hat sich als einzige Fraktion im Bundestag von Anfang an gegen die Zwangsquote und - wenn überhaupt - für die gezielte Förderung von reinen Biokraftstoffen in dezentralen Strukturen ausgesprochen. Dabei sollte durch steuerliche Erleichterungen ein Marktvorteil zu mineralischen Produkten geschaffen werden. Und: nur regionale in sich geschlossene Kreisläufe zur Herstellung und Verwendung von Biosprit dürfen unterstützt werden. So macht der Pflanzen-Treibstoff für den Eigenbedarf in der Land- und Forstwirtschaft sowie in Bus- und Speditionsflotten vor Ort Sinn.

Hauptsächlich setzen wir uns aber für eine Stärkung der umweltverträglichen Biogas-Produktion ein - und das ist der entscheidende Punkt. Denn hierbei ist je Hektar genutzter Biomasse der Energieertrag und somit auch der Klimaschutzbeitrag am höchsten. Biogas kann sowohl für die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme als auch in Fahrzeugen eingesetzt und ins Erdgasnetz eingespeist werden.

Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, Sie wollen mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel, der dem Klimaschutz dienen soll, neue, riesige klimaschädliche Kohlekraftwerke subventionieren. Dabei ist auch Ihnen klar, dass solche Energieverschwendungsanlagen den Ausbau effizienter und erneuerbarer Energien blockieren.

Der Umweltminister will den massenhaften Anbau von Agrosprit fördern, obwohl er weiß, dass riesige Monokulturen und zerstörte Regenwälder das Ergebnis sind. Er klaubt sich Agroenergien aus Schwellen- und Entwicklungsländern, wie Angola und Indonesien zusammen, um Mineralöl zu ersetzen. Dabei leiden diese Länder viel mehr unter der Teuerung des knappen Öl als Europa und Deutschland. Hierzulande wirft Herr Gabriel sich aber für die Pkw-Hersteller gegen wirksamen Klimaschutz ins Zeug, damit die Autobauer auch weiterhin Spritschlucker produzieren können.

Der so genannte Umweltminister entwickelt sich zum größten CO2-Erzeuger in der Bundesrepublik. Er zerstört die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der internationalen Umweltpolitik und jagt die Klimaschutzziele durch den Schornstein - schöne Bescherung!