Zum Hauptinhalt springen

Bildung für alle heißt Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Weiterbildung

Rede von Nele Hirsch,

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke die Kollegin Cornelia Hirsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Cornelia Hirsch (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bildung für alle - das hat uns Frau Merkel hier vor wenigen Wochen in der Haushaltsdebatte versprochen. Bildung für alle - leider merken wir, sehr geehrte Frau Ministerin, bisher noch nicht sehr viel davon, dass Sie in der Bundesregierung dieses Versprechen auch ernsthaft umsetzen wollen. Denn Bildung für alle erreicht man eben nicht, indem man die Bildungsrepublik ausruft. Man erreicht es auch nicht, wenn man sich auf Bildungsreise begibt, aber dabei von vornherein nur die prämierten und preisgekrönten Einrichtungen besucht und um die im Bildungswesen viel häufiger anzutreffenden Probleme einen weiten Bogen macht. Man erreicht es erst recht nicht, wenn man einen Bildungsgipfel konzipiert, der eigentlich nichts anderes als ein Marketinggipfel für die Bundesregierung ist, auf dem nur alle ohnehin schon beschlossenen bildungspolitischen Maßnahmen noch einmal hervorgekramt und neu promotet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke sagt: Bildung für alle darf kein leeres Versprechen bleiben. Bildung für alle muss endlich umgesetzt werden. Darum richten wir drei ganz konkrete Forderungen an den bevorstehenden Bildungsgipfel: Erster Punkt. Bildung für alle muss heißen: mehr Geld für Bildung. Frau Schavan, ich meine mit „mehr Geld für Bildung“ nicht Ihre ohnehin schon in den Haushaltsplan eingestellten pillepalle 6 Milliarden Euro.

(Marcus Weinberg [CDU/CSU]: Pillepalle 6 Milliarden? - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

- Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen. - Alle, auch jene, die jetzt auf der Tribüne sitzen und zuhören, bekommen mit, dass der Bundestag in dieser Woche ein Rettungspaket über mehrere Hundert Milliarden Euro verabschieden wird. Zu Recht versteht niemand, der uns zusieht, dass gleichzeitig für die Bildung gerade einmal 6 Milliarden Euro mehr für mehrere Jahre zur Verfügung gestellt werden sollen und dass das alles sein soll.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ich verstehe Sie auch nicht!)

Wenn Sie eine bessere Bildung haben wollen, dann müssten Sie zumindest auf den europäischen Durchschnitt kommen. Das würde pro Jahr 18 Milliarden Euro mehr bedeuten. Dann hätten wir wirklich die Möglichkeit, offene Hochschulen anzubieten und den Numerus clausus zu beseitigen. Dann hätten wir einen ausgebauten Kitabereich, eine bessere Ausstattung an den Schulen und eine bessere Ganztagsschulbetreuung. Dafür setzt sich die Linke ein.

(Beifall bei der LINKEN - Marcus Weinberg
[CDU/CSU]: Da haben Sie in Berlin alle Möglichkeiten für den Bildungsbereich!)

Zweiter Punkt. Bildung für alle muss heißen: mehr Gerechtigkeit. Frau Schavan, Sie haben gerade in Ihrer Rede gesagt: Herkunft darf nicht über Zukunft, Herkunft darf nicht über Bildung entscheiden. - Sehr richtig! Aber wenn Sie das ernst meinen, dann müssen Sie und mit Ihnen Ihre Partei sich endlich vom Irrweg des gegliederten Schulsystems verabschieden. Es kann doch nicht angehen, dass bei Kindern im Alter von zehn Jahren darüber entschieden wird, welche Bildungs- und damit auch Lebenschancen ihnen zugeteilt werden, und zwar je nachdem, aus welcher sozialen Schicht sie kommen und welche kulturelle Herkunft sie haben. Dazu sagt die Linke:
Das werden wir nicht mitmachen. Wir streiten für ein längeres gemeinsames Lernen. Wir brauchen endlich bundesweit die Einführung von Gemeinschaftsschulen und die Abschaffung des gegliederten Schulsystems.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr Gerechtigkeit muss dann auch heißen, dass endlich der Zugang an die Hochschulen geöffnet wird und Durchlässigkeit vorhanden ist. Das erreicht man eben nicht, so wie Sie es jetzt vorschlagen, mit einzelnen Aufstiegsstipendien oder einem Modellprojekt des Bundes „Offene Universität“, sondern notwendig ist - dafür hätten Sie in der Bundesregierung die Kompetenz -, den Zugang an die Hochschulen flächendeckend für Menschen mit einem Berufsabschluss zu öffnen. Dritter Punkt. Bildung für alle muss auch heißen: Gebührenfreiheit. Denn das, was wir zurzeit erleben - angefangen in der Kita über die Schule, wo Eltern zur Finanzierung der Schulbücher, der Schülerbeförderung usw. und immer mehr über private Nachhilfe zur Kasse gebeten werden, bis zu den Hochschulen; in vielen Bundesländern sind Studiengebühren und übrigens auch die von der SPD eingeführten Studienkonten Realität -, zeigt, dass wir Bildung für alle so nicht erreichen. Denn wenn es Gebühren gibt, dann entscheidet der Geldbeutel über die Teilhabe an Bildung, und das steht im Widerspruch zum Ziel „Bildung für alle“.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke sagt deshalb: Für den Bildungsgipfel ist die klare, verbindliche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern notwendig: Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Weiterbildung.
Ich fasse zusammen: Wenn Sie es ernst meinen mit Bildung für alle, dann muss die Messlatte für die Ergebnisse des Bildungsgipfels sein: erstens ein Bildungspakt für eine bessere Finanzierung - der erste Schritt wäre: weg mit dem unsinnigen Kooperationsverbot im Schulbereich -, zweitens längeres gemeinsames Lernen statt unsozialem Aussortieren und drittens die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Weiterbildung.

Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)