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Beschädigtenversorgung - Der Mensch muss in den Mittelpunkt rücken

Rede von Harald Koch,

2./3. Beratung Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund, Drucksache 17/12956. Rede zu Protokoll.


Es ist ja schön, mit etwas Positivem anfangen zu können: Die grobe Stoßrichtung dieses Gesetzentwurfes ist meiner Meinung nach absolut richtig. Ziel ist nämlich, für Beschädigte und Hinterbliebene eine „Versorgung aus einer Hand“ nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes zu schaffen.

Es geht also um die Versorgung von Soldatinnen und Soldaten, die während ihres Wehrdienstes eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, aber auch um die Versorgung von diesen gleichgestellten Zivilpersonen sowie von ihren Hinterbliebenen.
Im Moment ist die diesbezügliche Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern wie folgt aufgeteilt: Für die Versorgung während des Wehrdienstverhältnisses sind Behörden der Bundeswehrverwaltung zuständig. Nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wird aber die Versorgung von den zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden der Länder wahrgenommen. Und zwar im Auftrag des Bundes.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen diejenigen Aufgaben, die auf dem Gebiet der Beschädigten und Hinterbliebenenversorgung im Zuständigkeitsbereich der Länder liegen, ab dem 1. Januar 2015 schrittweise auf den Bund übertragen werden. In einem ersten Schritt ist zum 1. Januar 2015 vorgesehen, dass die Zuständigkeit für Rentenleistungen in der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung sowie für Heil- und Krankenbehandlung auf den Bund übergeht. Die Übernahme der Zuständigkeiten für die Leistungen der Kriegsopferfürsorge – §§ 25 bis 27 j Bundesversorgungsgesetz – soll in einem zweiten Schritt zum 1. Januar 2016 erfolgen.

Mit der Aufgabenkonzentration beim Bund möchte man eine einheitliche Rechtsanwendung des Soldatenversorgungsgesetzes sicherstellen und eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten erreichen. Den Versorgungsberechtigten wird somit gewiss die Orientierung etwas erleichtert werden, wenn sie zukünftig nur noch die Bundeswehrverwaltung als Ansprechpartner haben, unabhängig davon, ob sie sich noch im Wehrdienstverhältnis befinden oder ausgeschieden sind. Betroffene werden eine direkte Ansprechperson in der für sie zuständigen Stelle haben, was für ein stärkeres Vertrauensverhältnis sorgen dürfte. Kürzere Wege und direkter Kontakt sich absolut sinnvoll.

Die Vorteile der Neuregelung liegen zweifellos auf der Hand. DIE LINKE forderte stets, dass Soldatinnen und Soldaten schneller und effektiver versorgt werden müssen.


Dennoch stimmen wir dem Gesetzentwurf nicht blindlings zu. Drei Gründe sind für die Enthaltung der LINKEN ausschlaggebend:

Wenn der Bundesregierung die Bedürfnisse der Soldatinnen und Soldaten bzw. der Beschädigten und deren Hinterbliebenen wirklich so wichtig sind, wie immer getan wird, kann ich nicht verstehen, dass sich die vollständige Übertragung der Zuständigkeiten auf den Bund noch fast drei Jahre hinziehen sollen. Hier hätte ein früherer Umsetzungstermin gefunden werden müssen.

Die Bundesregierung schmiert sich zweitens selbst Honig ums Maul, indem sie hier wieder unentwegt betont, sich generell nur am Wohle der Soldatinnen und Soldaten zu orientieren. Das sehe ich aber nur in kleinen Teilen so.
Zuletzt zeigte dies der Bericht des Wehrbeauftragten für das Jahr 2012. Herr Königshaus vermittelte zurecht ein äußerst kritisches Bild vom Zustand der Truppe. Die Lasten der Neuausrichtung der Bundeswehr werden nämlich viel zu einseitig den Soldatinnen und Soldaten aufgebürdet. Menschliches fällt dabei allzu schnell hintenrunter.

Es herrscht eine große Verunsicherung in der Bundeswehr. PTBS-Opfer werden beispielsweise oft alleingelassen, sobald sie der Bundeswehr den Rücken kehren. Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist weiterhin frommes Wunschdenken.Selbst der Bundesvertei-digungsminister sagte heute früh im Plenum des Bundestages: Die Neuausrichtung der Bundeswehr „verlangt den Mitarbeitern viel ab. All das kostet Kraft und führt zu Unsicherheit.“ Und diese Aussage ist noch untertrieben.

DIE LINKE fordert, auch andere heiße Eisen endlich anzufassen und sich vollumfänglich für das Wohl der Soldatinnen und Soldaten einzusetzen!

In diesem Zusammenhang stößt uns drittens übel auf, dass in dem Gesetzentwurf ganz konkret deutlich gemacht wird, dass es letztlich doch weniger um die Bedürfnisse der Soldatinnen und Soldaten, sondern eher um eine Fixierung der Bundeswehr auf eine Armee im Einsatz, um eine Fixierung auf Auslandseinsätze geht.
In der Gesetzesbegründung ist zu lesen, dass die Regelungen „unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Auslandseinsätze der Bundeswehr“ geschaffen wurden. Noch deutlicher wird der Nationale Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme. Dort werden schon die „vermehrten Auslandseinsätze der Bundeswehr“ berücksichtigt.

Ich kritisiere, dass Sie Ihr Interesse am Wohl der Soldatinnen und Soldaten bzw. der Beschädigten zum Teil nur vorheucheln und stattdessen alles rücksichtslos der weltweiten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr unterordnen.


DIE LINKE will keine vermehrten Auslandseinsätze, sondern zivile Konfliktlösungsstrategien und friedliche Konfliktbewältigung stärken. Statt Auslandseinsätze zu forcieren, muss sich die Bundeswehr – auch zum Wohle der Soldatinnen und Soldaten – auf die Landesverteidigung beschränken.

Und eines ist ganz wichtig: Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen!