Zum Hauptinhalt springen

Berufsbeamtentum durch Flexibilisierung zukunftsfähig gestalten

Rede von Frank Tempel,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden. Darin sind wir uns offensichtlich einig.
Das ist auch kein Wunder: Denn das bekommen wir von den Gewerkschaften ständig mit auf den Weg. Das ist auch die logische Konsequenz aus der Debatte rund um den demografischen Wandel, den prognostizierten Fachkräftemangel und aus der Summe verschiedener Fehlentwicklungen der letzten Jahre und Fehlentscheidungen der letzten Regierung.

Der Grund dieser Debatte ist ganz einfach die Sorge, auch in den nächsten Jahren eine ausreichende Zahl an Nachwuchskräften für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. In einem Punkt sind wir uns alle wohl einig: „Attraktiver“ heißt nicht immer mehr Geld und mehr Vergünstigungen. Es bedeutet hier vielmehr: modernisieren, flexibilisieren und entwickeln.

Wer das Berufsbeamtentum verändern will, löst oft Panikattacken aus. Der Untergang des Berufsbeamtentums und der Niedergang der hergebrachten Grundsätze werden in einem solchen Fall schnell prophezeit. Wer aber genau hinschaut, erkennt, dass das Berufsbeamtentum ohne Modernisierung und ohne Weiterentwicklung bald nicht mehr zukunftsfähig sein wird.

Das Lebenszeitprinzip ist ein Grundsatz, der die Zukunftsfähigkeit gefährdet. Setzen junge Menschen in Zukunft bei der Berufswahl – Sie haben es eben beschrieben – eher auf die Sicherheit einer lebenslangen Anstellung, oder geht der Trend nicht doch eher in Richtung flexiblere, offenere Lebensgestaltung?

Ich will das an einem konkreten Beispiel verdeutlichen. Ich bin als Polizeibeamter Beamter auf Lebenszeit. Während ich mein Bundestagsmandat ausübe, ruht mein Dienst. Aber nach Beendigung meiner Abgeordnetentätigkeit würde ich normalerweise den Dienst als Polizeibeamter wieder antreten.

(Zuruf von der FDP)

– Bei dem, was ich dann vielleicht vorhätte, würden Sie sich das vielleicht sogar wünschen.

Nehmen wir Folgendes an: Hier habe ich einige Jahre im Bereich der Drogenpolitik gearbeitet. Ich habe festgestellt, dass bei diesem Thema ein erhebliches Bildungsdefizit bei der Bundesregierung besteht. Ich erkenne also eine Marktlücke und würde mich selbstständig machen, um als Berater für die Bundesregierung zu arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein schönes Beispiel!)

Dann würde ich freiwillig aus dem Beamtendienst ausscheiden. Nach gegenwärtiger Rechtslage würde ich bei der Nachversicherung in die Rentenversicherung einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Mit dem hier richtigerweise vorgeschlagenen Altersgeld – abgesehen von der Ausgestaltung – würde dieser Nachteil ausgeglichen werden, was erst einmal zu begrüßen wäre.

Es bliebe – das ist von Herrn Ruppert richtigerweise angesprochen worden – dann noch die Frage der Zersplitterung in unterschiedliches Landes- und Bundesrecht offen; denn als Landesbeamter von Thüringen fiele ich gar nicht unter die hier zu beschließende Regelung. Hier besteht weiterhin Diskussionsbedarf.

Das vorgeschlagene Altersgeld ist also ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn man aber den Reformbedarf insgesamt sieht, dann muss man sagen, dass es sich eher um einen ganz kleinen Schritt handelt.

Wenn wir über einen leichteren Wechsel vom öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft reden, dürfen wir den Wechsel von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst nicht vergessen. Auch hier müssen modernere Ansätze her. Denn ist es für einen dringend benötigten Experten wirklich attraktiv, im Alter von Mitte 40 zum Beispiel zum Bundeskriminalamt zu wechseln? Angesichts der im öffentlichen Dienst benötigten Fachkräfte besteht hier dringender Diskussionsbedarf.

Es ist dringend erforderlich, die sozialen Belange mehr im Auge zu behalten. Herr Schuster, hier ist das Schulterklopfen beendet. Sie wissen sicherlich, was ich meine: Immer mehr Aufgaben und immer weniger Personal, das war ein Trend der letzten Jahre. Das hat den Staatsdienst nicht gerade erstrebenswerter gemacht. Wenn infolgedessen von hohen Krankenständen, Burn-out-Syndrom und innerer Kündigung berichtet wird, ist das ganz sicher keine Werbung für den öffentlichen Dienst. Gerade hier hilft eine Ausbildungs- und Einstellungsoffensive. Gerade der öffentliche Dienst sollte Vorreiter für familienfreundliche Regelungen – auch das Problem hat Herr Ruppert angesprochen, allerdings ohne Lösungen anzubieten – und flexible Lebensarbeitszeitlösungen sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Stefan Ruppert [FDP])

Die Linke ist gern bereit, solche kleinen Schritte, wie hier vorgeschlagen, mitzugehen. Wir stellen auch gern Hinweise als Gehhilfe zur Verfügung. Aber wer den Weg nicht zu Ende geht, kommt auch nicht ans Ziel.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Der bleibt im Morast stecken!)