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Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Waldstrategie 2020 Nachhaltige Waldbewirtschaftung – gesellschaftliche Chance und Herausforderung

Rede von Kirsten Tackmann,

Drucksache 17/7292

Anrede,
Ich fange mal mit dem Positiven an:
• Die Waldstrategie 2020 liegt endlich vor
• die Bundesregierung hat eine Strategie. Kommt ja nicht oft vor.
Ist aber auch dringend nötig.
Mehr Lob ist heute auch mal wieder nicht drin.
Dabei ist Waldpolitik ein ebenso spannendes wie spannungsgeladenes Politikfeld.
Viele Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden.
Zum Beispiel Holznutzung, Erholung, Jagd oder Naturschutz.
Bereits existierende Strategien und Aktionspläne müssen berücksichtigt werden, z. B. zur biologischen Vielfalt.
Da bleiben Konflikte nicht aus.
Einige Beispiele:
• die Nachfrage nach Holz wächst schneller als die nachwachsende Holzmenge
• eine zu starke Holznutzung steht der Speicherung von CO2 sowie anderen wichtigen Ökosystemleistungen des Waldes entgegen.
• hohe Schalenwildbestände tragen zu Schäden an den Bäumen bei
• Die Jägerschaft sieht Jogger, Reiter oder Pilzsucher eher ungern im Wald
An diesen Anforderungen zur Friedensstiftung waren die ersten zu wirtschaftslastigen Entwürfe der Waldstrategie prompt gescheitert.
Die Kritik z. B. des Bunds Deutscher Forstleute oder der Umweltverbände war vernichtend.
Der nun vorliegende Text ist leider nur etwas besser.
Die Bundesregierung hat eine nett zu lesende, aber harmlose Strategie vorgelegt.
Das ist angesichts der großen sozialen und ökologischen Herausforderungen deutlich zu wenig.

Es reicht nicht Probleme zu nennen, wenn die Waldstrategie bei den Zuständigkeiten für die Lösungsvorschläge wortkarg bleibt.
Insbesondere dort, wo die Bundesregierung selbst zuständig wäre.
Die Linksfraktion hatte bereits im Juli 2011 auf 7 Seiten ihre Anforderungen an die Waldstrategie 2020 veröffentlicht.
Wälder sind für uns nicht Natur- oder Wirtschaftsräume, sondern beides.
Wälder haben eine wichtige soziale Funktion, insbesondere die forstliche Arbeitsplätze!

Schutz und Nutzung sind aus unserer Sicht auf derselben Fläche möglich, wenn der Wald nachhaltig bewirtschaftet wird.
Sozialeres und ökologischeres Wirtschaften auf der gesamten Waldfläche bringt aus meiner Sicht mehr Fortschritt als Refugien ohne jegliche Nutzung.
Refugien sind aber eine sinnvolle Ergänzung und müssen verbindlich verabredet werden.
Wir brauchen:
• naturnahe, klimaplastische Wälder
• Wälder, die vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensräume bieten
• Artenreiche Mischwälder, die weniger krankheits- und witterungsanfällig sind als Nadelbaumbestände

Das sind keine Zukunftsillusionen!
Es gibt bereits gute Praxis-Beispiele!
Aber klar ist auch: das ist eine Aufgabe für Generationen!
Für DIE LINKE sind zur Sicherung der öffentlichen Interessen im Wald drei zentrale Voraussetzungen wichtig:
• Eine starke Forstwissenschaft
• Erhalt des öffentlichen Waldeigentums
• Starke staatliche Forstwirtschaftsbetriebe.

Auf 3 zentrale Defizite der Waldstrategie 2020 der Bundesregierung möchte ich eingehen:
1. Thema Forstleute:
Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung braucht gut qualifizierte und fair bezahlte Arbeitskräfte.
Die etwa 100.000 Menschen in den Forstbetrieben haben eine körperlich anstrengende und gefährliche Arbeit.
6,5 Prozent aller Arbeitsunfälle passieren im Wald.
Deshalb gilt die Forderung der LINKEn nach einem gesetzlichen Mindestlohn auch im Wald!

2. Thema Holznutzung:
Aktuell wird jährlich Holz mit einem Volumen von 50 Cheops-Pyramiden verbraucht! Tendenz weiter steigend.
Die Bundesregierung will die einheimische Holzernte von 80 Mio. auf bis zu 100 Mio Vorratsfestmeter pro Jahr steigern.
Ohne klare und verbindliche sozial-ökologische Mindeststandards der Waldbewirtschaftung wird das zum Raubbau führen.
Deshalb müssen sie im Bundeswaldgesetz verankert werden. Was DIE LINKE seit langem fordert, die
Bundesregierung aber verweigert!

3. Thema Jagd
Wer Waldumbau will, muss auch über Wild und Jagd reden.
Bei hohen Schalenwildbeständen können Jungbäume nur hinter Zäunen schadlos aufwachsen.
Das erschwert und verteuert den Waldumbau.
Richtigerweise fordert die Waldstrategie eine natürliche Waldverjüngung ohne Zaunschutz.
Aber genau das klappt vielerorts nicht.
Wie also können Wildschäden vermieden werden?

Sie haben ja vielfältige Ursachen!
Z. B. hohe Schalenwildbestände. Die sind aber auch zu hoch, weil die Agrarlandschaft von heute exzellente Äsungsverhältnisse und Rückzugsbedingungen bietet.
Landwirte, Waldbesitzer, Forst und Jägerschaft müssen also zu einer strategischen Partnerschaft finden.
Wie kann die Politik das konstruktiv begleiten?
Gibt es Defizite im Vollzug der Jagdgesetze oder müssen diese selbst geändert werden?
Statt die Vielzahl von Fragen zu beantworten, fordert die Bundesregierung Dritte auf, ein Leitbild Jagd zu erarbeiten.

Aus meiner Sicht entzieht sich die Bundesregierung damit der eigenen Verantwortung und verlagert nur den Streit in die Dörfer.
Das ist unredlich!
Mein Fazit:
Der Bund hat seine Bringschuld mit der Waldstrategie nicht erfüllt!
Die offenen Fragen böten viel Stoff für eine öffentliche Anhörung.