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Begrenzung der Managervergütung fördern!

Rede von Klaus Ernst,

Abzocke, Unverhältnismäßig, Empörung - so reagieren viele Menschen auf die horrenden Gehälter von Mangern, die vielleicht noch die Finanzkrise mit verursacht haben. Mit ihrem Antrag "Begrenzung der Managervergütung fördern" (Drs. 16/7743) fordert DIE LINKE die Bundesregierung auf, ihren Einfluss in Unternehmen, in denen der Bund Anteile besitzt, zu nutzen, um die Managergehälter auf das 20fache des niedrigsten Tariflohns zu begrenzen. Klaus Ernst beklagt in seiner Rede, "dass es immer erst eine halbe Katastrophe geben muss, bevor Sie zur Vernunft kommen."

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst zu Herrn Poß: Es freut mich, dass Sie in einigen Punkten aus meiner Sicht durchaus in die richtige Richtung gehen und weiter gehen als der Beschluss, den Sie in der Koalition gefasst haben. Wenn ich höre, was Sie in der nächsten Zeit koalitionspolitisch vorhaben, frage ich mich allerdings, inwiefern Sie glauben, dass Sie das mit der FDP durchsetzen können.

(Joachim Poß (SPD): Aber die sind doch nicht in der Koalition! - Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den Satz haben Sie heute schon mal gesagt!)

Sie merken ja, dass Ihr Vorschlag, der jetzt in der Diskussion ist, der FDP schon zu weit geht.

Herr Bernhardt, Sie haben gesagt, aus zwei Gründen müsse etwas geschehen. Der eine Grund ist, dass damit das wirtschaftliche System in Misskredit gebracht worden ist. Ich wundere mich nur, warum diese Debatte über die Managergehälter erst entstanden ist, als wir vor zwei Jahren den Antrag eingebracht haben, die Managergehälter zu begrenzen.

(Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Ach!)

Ein bisschen Verhältnis zur Wahrheit muss man doch noch haben. Vorher hat das keinen Menschen interessiert. Es war die Linke, die gefordert hat, die Managergehälter zu begrenzen. Wären wir nicht in der größten Finanzkrise der letzten 60 Jahre, dann hätten Sie dieses Thema wahrscheinlich nach wie vor nicht angepackt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die Linke hat 2007 einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Managergehälter vorgelegt. Sie haben ihn abgelehnt mit der Begründung, das sei ein Eingriff ins Eigentumsrecht.

(Joachim Stünker (SPD): Ihr Antrag war es ja auch!)

- Einen kleinen Moment, Herr Kollege. - In dem Antrag, den wir heute hier einbringen, fordern wir, dass wenigstens in den Unternehmen, in denen der Bund Eigentümer ist, diese Regelung getroffen wird. Da ist das Eigentumsrecht nicht berührt. Sie haben in den Unternehmen, in denen der Bund Eigentümer ist - bei der Bahn, bei der Post oder sonst wo -, in den letzten zwei Jahren nichts gemacht,

(Joachim Stünker (SPD): Warten Sie ab!)

sondern einfach weitergemacht wie bisher. Das ist meines Erachtens ein Skandal. Denn dies Thema berührt die Öffentlichkeit.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Sand in die Augen streuen!)

Das Argument von damals ist überholt. Wir haben unter anderem vorgeschlagen, den Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Managergehälter auf 1 Million Euro zu begrenzen. Nicht einmal dazu konnte sich diese Koalition durchringen. Das wäre nun wirklich nicht viel. Wir wollen die Besteuerung ändern: bei Bezügen ab 1 Million Euro 60 Prozent, ab 2 Millionen Euro 65 Prozent. Das ist eine indirekte Begrenzung der Managergehälter, nicht einmal eine direkte.

In den Vereinigten Staaten - auch dort gibt es übrigens Verträge; dass es Verträge gibt, ist ja ein Argument, das Sie immer anführen - greift der Gesetzgeber direkt in die Verträge ein. Wir trauen uns nicht einmal, Regelungen für eine höhere Besteuerung durchzusetzen. In den Vereinigten Staaten wird über 100 Prozent Besteuerung diskutiert, und 90 Prozent werden beschlossen. Die Große Koalition mit ihren Beschlüssen erinnert mich in diesem Punkt an Hasen, die davonlaufen, wenn es ernst wird.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Wenn Ernst spricht, ist es zum Davonlaufen! Das ist wahr!)

- Was würden Sie denn sagen, wenn ein Abgeordneter hier eine Besteuerung von 100 Prozent fordern würde? Dann würden Sie sagen, der kommt aus der DDR. Das wird aber in Amerika gefordert.

Die Bundesregierung schlägt Regelungen vor. Diese Regelungen sind absolut unzureichend. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: weil das mit den Aufsichtsräten nicht funktioniert. Sie wissen genau, dass nach dem Mitbestimmungsgesetz die Aufsichtsräte so besetzt sind, dass die Arbeitgeberseite immer die Mehrheit hat. Ebenso wissen Sie um die Verflechtung der Aufsichtsräte untereinander. Glauben Sie tatsächlich, dass da eine Krähe der anderen die Augen aushackt?

(Ute Kumpf (SPD): Sie scheinen es ja zu wissen!)

Keinesfalls! Vielmehr werden Sie zwar eine größere Transparenz erreichen - das stimmt -; aber Sie werden keinesfalls dazu beitragen, dass die Managergehälter geringer werden.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Kollege Ernst, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poß?

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Ja, gerne.

Joachim Poß (SPD):

Kollege Ernst, nur eine kurze Frage, um die Debatte aus Zeitgründen nicht allzu sehr zu verlängern. Ist Ihnen bekannt, dass die Vorschläge, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten sind, sowie das, was ich ergänzend vorgetragen habe, der Beschlusslage des Deutschen Gewerkschaftsbundes einschließlich aller Mitgliedsgewerkschaften, zum Beispiel auch der IG Metall, entspricht?

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Kollege Poß, das ist mir sehr wohl bekannt. Aber ist Ihnen bekannt, dass die Forderungen des DGB in diesem Punkt weiter gehen als das, was Sie beschlossen haben?

(Joachim Stünker (SPD): Das stimmt doch überhaupt nicht! Das ist schlichtweg falsch!)

In dem Fall würde ich Sie bitten, sich im Internet anzuschauen, was auf der Geschäftsführerkonferenz der IG Metall in dieser Woche beschlossen wurde. Dann würden Sie vielleicht merken, dass Sie der Zeit hinterherlaufen. - Im Übrigen habe ich nichts dagegen, wenn Sie sich bei meiner Antwort auf Ihre Frage setzen. Das ist nicht so tragisch.

Sie erwecken den Eindruck, als würden Sie wirklich etwas ändern. Aber praktisch werfen Sie Nebelkerzen. Wir haben bei den Managergehältern ein Riesenproblem. Es geht um Abzocke, um Unverhältnismäßigkeit und - da gebe ich Herrn Bernhardt vollkommen recht - um Sprengstoff mit einem enormen Potenzial innerhalb der Bevölkerung. Ich habe den Eindruck, dass Sie diese Gefahr noch nicht ausreichend erkannt haben.

Herr Funke von der Hypo Real Estate will einklagen, dass sein Gehalt von vermutlich 1,3 Millionen Euro weitergezahlt wird, obwohl er einen Job gemacht hat, der absolut daneben war. Da fragt sich der normale Mensch, der seinen Job verliert und dann bei Hartz landet: Was ist eigentlich mit mir? Herr Zumwinkel lässt sich seine Rentenansprüche in Höhe von 20 Millionen Euro auszahlen, obwohl er vorbestraft ist und er seinen Job offensichtlich auch nicht ordentlich gemacht hat. Die Gehälter der Manager von DAX-Unternehmen haben sich von 1997 bis 2007 um 240 Prozent erhöht. Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass trotz der stärksten Lohnzuwächse seit 13 Jahren den deutschen Arbeitnehmern im Jahr 2008 erneut weniger Geld in den Taschen geblieben ist. Darüber regen sich die Bürger auf. Wenn Sie dieses Thema nicht angehen, dann werden Sie in der nächsten Zeit Proteste in nicht gekanntem Ausmaße erleben.

Was mich natürlich freut, ist, dass Sie sich diesem Thema überhaupt zuwenden. Ich habe hier einige Zitate aus einer der letzten Debatten zu diesem Thema, insbesondere von Herrn Krings aufseiten der CDU/CSU. Als wir vorgeschlagen haben, in diesem Bereich Regelungen zu treffen, hat er gesagt - ich zitiere aus dem Protokoll vom 16. November 2007 -:

Der Schutz der Schwachen steht im Mittelpunkt unserer sozialen Marktwirtschaft. Das bedeutet aber nicht, das Einkommen derjenigen, die mehr verdienen, zu deckeln.

Das widerspricht inzwischen eklatant der hier von Ihnen vorgetragenen Position. Weiter unten heißt es im Protokoll:

Die Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel nach dem Motto: Was man oben abschneidet, kommt unten an. Unsere Volkswirtschaft, unsere soziale Marktwirtschaft ist eine dynamische Veranstaltung. Die CDU/CSU-Fraktion wird sich daher gegen einen solchen billigen Populismus entschieden wehren.

Ich freue mich, dass Sie sich unserem Populismus inzwischen angeschlossen haben, meine Herren, und dass Sie nach außen so tun, als würden Sie wirklich etwas ändern wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den variablen Bestandteilen - Sie wollen nun bei Aktienoptionen eine Frist von vier anstatt von zwei Jahren - heißt es in dem Protokoll zu ihrer Verteidigung - das hat mich schon ein wenig auf die Palme gebracht -:

Weil variable Bestandteile wie vor allem Aktienoptionen die Verantwortung und das Engagement eines Managers noch einmal steigern. Das gilt übrigens für alle Ebenen eines Unternehmens.

Es freut mich, dass Sie die Realität dazu gezwungen hat, Ihre Positionen zu verändern. Ich bedaure aber, dass es immer erst eine halbe Katastrophe geben muss, bevor Sie zur Vernunft kommen.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der LINKEN)