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Befugnis zur Online-Durchsuchung aufheben

Rede von Jan Korte,

Rede von Jan Korte zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, "Befugnis des BKA zur Online-Durchsuchung aufheben"

Jan Korte (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD bereitet sich offenbar auch im Bereich der Innenpolitik auf die nächste Große Koalition vor. Das ist schlecht für das Land. Die FDP - das finde ich witzig -
[Gisela Piltz (FDP): Immerhin!]
richtet auf allen Ebenen Flächenbrände an, in der Wirtschafts- und Finanzpolitik und leider auch in der Innenpolitik.
[Gisela Piltz (FDP): Ja, ist klar!]
Jetzt erzählen Sie uns hier, dass die Linke das löschen soll. Wir versuchen ja, das zu tun. Sie könnten unserem Antrag zustimmen, und dann könnte man den Brand eindämmen. So sieht es aus.
[Beifall bei der LINKEN]
Das war ein bemerkenswerter Beitrag.

Nun zum Thema. Erinnern wir uns an das BKA-Gesetz und an die Einführung der Onlinedurchsuchung. Da gab es hysterische Interviews vor allem in Sonntagszeitungen, in denen erklärt wurde, dass wir dies unbedingt brauchen, um im Kampf gegen den internationalen Terrorismus bestehen zu können. Dann wurde die Onlinedurchsuchung gegen unsere Stimmen eingeführt; denn ohne Onlinedurchsuchung, so die Auskunft der Bundesregierung und derjenigen, die sie wollten, könne man den Terrorismus nicht effektiv bekämpfen. Es sei unerlässlich, sie einzuführen. Das waren Ihre Aussagen.

Nun haben wir - es ist schon zitiert worden - 2010 in einer Kleinen Anfrage die Bundesregierung gefragt: Wie oft wurde die Onlinedurchsuchung überhaupt durchgeführt? Die Antwort der Bundesregierung: kein einziges Mal. Das war die erste Täuschung der Öffentlichkeit; denn wenn Sie sagen, sie sei unerlässlich, und dann in der Antwort auf die Kleine Anfrage schreiben, dass Sie sie kein einziges Mal durchgeführt haben, besteht dort ein gewisser logischer Widerspruch, den Sie nicht widerlegen können.
[Beifall bei der LINKEN]

Dann ging es weiter. Wir haben 2011 eine Kleine Anfrage zum selben Thema gestellt und gefragt: Wie oft haben Sie die Onlinedurchsuchung angewandt? Die Auskunft der Bundesregierung lautete jetzt: Dazu geben wir aus Geheimhaltungsgründen keine Auskunft. Das ist schlicht unseriös, weil man so nicht ernsthaft über die Notwendigkeit oder Sinnlosigkeit der Onlinedurchsuchung diskutieren kann. Das war die zweite Täuschung der Bundesregierung gegenüber der Öffentlichkeit. So sieht es aus.
[Clemens Binninger (CDU/CSU): Es gibt ein laufendes Verfahren! Das wissen Sie doch!]
Jetzt wollen wir weiterdiskutieren. Wir sagen, auch aufgrund der Erfahrung aus den Auskünften, die die Bundesregierung der Linken gegeben hat, dass wir diesen massiven Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte nicht brauchen, weil er erstens unnütz, zweitens unverhältnismäßig und drittens unangemessen für einen demokratischen Rechtsstaat ist. Das möchte ich klar sagen.
[Beifall bei der LINKEN]

Die letzten Tage haben gezeigt, dass unser Antrag, der ein Jahr alt ist, aktueller denn je ist. Das wurde durch den Chaos Computer Club eindrucksvoll belegt. Der Chaos Computer Club, der Arbeitskreis „Vorratsdatenspeicherung", das Aktionsbündnis „Freiheit statt Angst" und die Linke sind übrigens die wahren Verfassungsschützer, und Sie haben ein Problem mit der Verfassung.
[Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN]
So sieht es aus.

Ich freue mich übrigens, dass Kollege Uhl anwesend ist. Er hat sich in der FAZ darüber aufgeregt, dass er, wenn Korte redet, sauer wird. Das freut mich. Ich hoffe, er wird heute noch saurer; denn es zeigt, dass wir richtigliegen.

Davon einmal abgesehen, steht im Antrag Folgendes: Bei diesem schwerwiegenden Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte - dort geht es um geschützte Räume - ist Abhilfe notwendig. Wir brauchen die Onlinedurchsuchung nach Auskunft vieler überhaupt nicht. Man kann übrigens - dies ist heute möglich und war auch vor der Einführung der Onlinedurchsuchung möglich - die Computer von Verdächtigen einfach beschlagnahmen. Es ist ja nicht so, dass man vor Einführung der Onlinedurchsuchung keine Verbrechensbekämpfung machen konnte. Deswegen ist, wenn wir uns der Aufklärung verpflichtet fühlen, die logische Schlussfolgerung aus den Skandalen der letzten Wochen, dass wir erstens keine Onlinedurchsuchung mehr durchführen und dass wir zweitens - das ist der aktuelle Hintergrund - auch keine Onlinedurchsuchung über die Hintertür der Quellen-TKÜ zulassen.
[Beifall bei der LINKEN]

Wir brauchen mehr parlamentarische Kontrolle. Man kann in einer Demokratie Behörden selbstverständlich vertrauen, man muss sie aber auch immer kontrollieren. Was man keinesfalls machen sollte, ist dieser Bundesregierung auch nur in einem Politikbereich zu vertrauen. Das wäre grob fahrlässig und schlecht für dieses Land. Deswegen sollten Sie dem Antrag zustimmen, sodass wir Vertrauen aufbauen und nicht abbauen, wie Sie es jede Woche hier tun.

Schönen Dank.
[Beifall bei der LINKEN]