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Ausschüsse für deutsche Einheit und kommunalpolitische Angelegenheiten notwendig

Rede von Roland Claus,

Rede in der Debatte zur Einsetzung der ständigen Ausschüsse für die 18. Wahlperiode am 19.12.2013

Roland Claus (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zur Einsetzung von ständigen Ausschüssen stimmen wir selbstverständlich zu. Das ist auch ein schönes Zeichen für die Öffentlichkeit: Es geht doch, etwas gemeinsam zu unternehmen.

Zudem schlägt Ihnen meine Fraktion vor, zwei weitere Ausschüsse, nämlich einen für kommunale Angelegenheiten und einen für die deutsche Einheit, zu bilden.

(Beifall bei der LINKEN)

Um es vorwegzunehmen: Der Untergang des Abendlandes stünde mit der Annahme dieser Anträge nicht ins Haus, weil es beide Ausschüsse in dieser oder ähnlicher Form im Deutschen Bundestag bereits gegeben hat.

Wir wollen darüber reden und entscheiden, wo und wie sich die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, die das Grundgesetz bekanntlich vorschreibt, vollzieht. Dabei geht es sehr viel um den Osten, aber nicht nur. Wir wissen auch um strukturschwache Regionen im Ruhrgebiet; Gelsenkirchen ist gewissermaßen ein Beispiel dafür.

Und natürlich haben wir die Aufgabe, Struktur- und Regionalpolitik neu zu denken. Schauen Sie sich nur einmal an, welche Auswirkungen die Finanzmarktpolitik auf die Regional- und Strukturpolitik hat. Finanzmärkte ordnen ausschließlich Metropolen. Den Zusammenhang zwischen Metropolregionen und ländlichen Räumen wiederherzustellen, wäre eine Aufgabe, die wir in einem solchen Ausschuss für die deutsche Einheit ausdrücklich zu besprechen hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen natürlich auch nicht verhehlen, dass die Ost-West-Differenzen seit vielen Jahren nicht kleiner werden, sich die Schere also nicht schließt, sondern weiter öffnet. Wir haben nach wie vor keine einzige Firmenzentrale im Osten Deutschlands. Bei einem Blick auf das Ranking der Landkreise in Deutschland wird deutlich: Unter den 50 letztplatzierten Landkreisen in diesem Ranking sind 49 ostdeutsche Landkreise.

Außerdem wollen wir erreichen, dass die Erfahrungen, die in Ostdeutschland im Umgang mit Umbruchs- und Transformationsprozessen gemacht wurden, endlich bundesweit genutzt werden. Das sind Erfahrungen mit einer wirksamen Entwicklung der Sparkassenstrukturen. Das sind Erfahrungen mit ostdeutschen Chemieparks, deren Vorteile schon jetzt in die industriepolitische Sicht einfließen. Das ist die Erfahrung der guten Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung durch eine entsprechende Kinderbetreuungsstruktur. Das sind aber auch Erfahrungen mit einer modernen und zukunftsorientierten Landwirtschaft.

Wir alle wissen: Wenn Sie einen solchen Ausschuss nicht bilden, dann bilden sich da, wo die Strukturen fehlen, informelle Zusammenschlüsse. Wir als die Verantwortlichen der Fraktionen für den Osten haben uns immer in informellen Runden getroffen. Jetzt sollte man diese institutionalisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Sie an dieser Stelle auch darüber unterrichten, dass meine Fraktion Sie in einer weiteren Frage nicht in Ruhe lassen wird, nämlich in der Frage der noch immer zweigeteilten Bundesregierung. Dass noch immer fast die Hälfte der Bundesregierung in Bonn und nicht in der Bundeshauptstadt Berlin sitzt, ist für uns ein Punkt, den wir extra thematisieren werden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir schlagen Ihnen zudem vor, einen Ausschuss für kommunale Angelegenheiten einzusetzen, und zwar vor dem Hintergrund, dass sich der Bund mit seiner Gesetzgebung und mit seiner exekutiven Politik ‑ das wissen Sie alle ‑ in viele Tausend kommunale Angelegenheiten einmischt. Der Bundestag wäre deshalb gut beraten, sich im Rahmen eines solchen Ausschusses für kommunale Angelegenheiten für die Auswirkungen seines Tuns zu interessieren, um zu sehen, wie sich das, was wir hier im Bundestag beschließen, auswirkt. Sie wissen: In den Kommunen findet das reale Leben statt. Sich da Rat zu holen, würde uns als Bundestagsabgeordneten gut zu Gesicht stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will als letzten Punkt anführen: Wir sollten durchaus aus der Geschichte lernen. Der erste Ausschuss für Kommunales wurde im Bonner Bundestag im Jahre 1951 mit guten Gründen eingesetzt. Der damalige CDU-Abgeordnete Dr. Dresbach führte abschließend zur Begründung seines Antrags das Argument ein: Kommunalpolitiker aller Parteien, vereinigt euch! - So sein Wort. Ein kluges Wort!

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Das wollten Sie hier immer schon mal sagen, oder?)

Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Vereinigung würde am besten in einem solchen Ausschuss funktionieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)