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Ausländermaut ist peinlich, unvertretbar und unbeherrschbar

Rede von Herbert Behrens,

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was eben vom Bundesverkehrsminister vorgeführt worden ist, ist der Sache noch immer nicht angemessen. Mit einer Marketingargumentation wird dargestellt, was die Autobahnmaut hier in Deutschland bewirken soll. Die Ausländermaut wird zur Infrastrukturabgabe umgewidmet, und es wird mit Begriffen wie „sinnvoll“, „fair“ und „gerecht“ umgegangen, ohne dass nachgewiesen werden kann: An welcher Stelle ist sie denn sinnvoll, an welcher Stelle ist sie denn gerecht? Das sind Behauptungen, die Sie von sich geben.

Gestern haben Sie im Ausschuss vorgestellt, was Sie mit Ihrem Gesetz vorhaben. Sie haben uns mit dem Marketingsprech nicht nachweisen und erklären können, warum dieses Gesetz nun einen Zwischenstand erreicht hat. Das wird nicht das endgültige Gesetz sein; das wurde schon angekündigt.

Insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der SPD reklamieren das für sich: Wir haben noch ganz viel Nachbesserungsbedarf.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gehört in den Müll!)

Ich bin gespannt, was daraus wird.

Wir sind der Meinung, dass der Gesetzentwurf in den vergangenen zwölf Monaten vieles ausgelöst hat. Über keinen Gesetzentwurf wurde öffentlich so ausführlich diskutiert wie über diesen. Die Anzahl der Presseartikel darüber lag über der Anzahl der Presseartikel über die Fußballweltmeisterschaft. Dadurch wird deutlich, mit welcher Aufmerksamkeit diese Frage in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Sie haben nicht nachweisen können, warum die Argumente der Opposition falsch sind. Sie haben nicht nachweisen können, warum die Maut europakonform sein soll. Sie haben mit einem Gutachten, das sie vorgestellt haben, das Sie jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht haben, versucht, das österreichische Gutachten auszuhebeln und Gründe dafür zu benennen, warum die Ausländermaut europarechtskonform sein soll. Sie haben nicht nachweisen können, dass dies der große Wurf ist. Wir haben festzustellen: Das ist der große Reinfall. - Darin liegt auch der Grund für die große öffentliche Aufmerksamkeit bei diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf hätte schon vor Monaten aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Er hätte im Papierkorb verschwinden sollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie argumentieren, dieses Gesetz soll sinnvoll, fair und gerecht werden. Dem kann ich aufgrund der Diskussion, die wir bislang geführt haben, nur entgegensetzen: Die Maut, das, was Sie dort zusammengeschrieben haben, ist peinlich, unvertretbar und - wie wir gesehen haben - letztlich unbeherrschbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben geschrieben: Wir wollen mehr Geld für die Infrastruktur. - Was kommt dabei heraus? Sie erheben 3,7 Milliarden Euro, und am Ende kommen 500 Millionen Euro heraus, die für die Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden können.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht mal! - Zuruf von der CDU/CSU: So ein Schmarrn!)

Was ist das für ein Verhältnis? Sie setzen 3,7 Milliarden Euro um, um am Ende 500 Millionen Euro zu erhalten. Wenn dies in einem Unternehmen von einem Geschäftsführer vorgetragen worden wäre, dann hätte dies sofort dazu geführt, dass der Vorstandsvorsitzende diesen Geschäftsführer rausgeschmissen hätte. Ich glaube, das wäre auch das Beste für die Große Koalition.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Gesetzentwurf ist untauglich, eine verkehrspolitische Wirkung zu erzielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir ein Europa ohne Grenzen, ohne Ausgrenzung und ohne Wegelagerei wollen, dann dürfen wir nicht diese ausländerfeindliche Maut erheben. Wir müssen vielmehr zu einer vernünftigen Verkehrspolitik und vor allem zu einer vernünftigen Finanzierung der Verkehrspolitik kommen. Das muss eine steuerfinanzierte Verkehrsinfrastrukturpolitik sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben eine große Verantwortung. Sie sind ein Stück weit dafür verantwortlich, dass dieses Thema überhaupt in den Koalitionsvertrag eingehen konnte. Diese ressentimentgeladene Geschichte aus dem Hause Seehofer hat zu dieser Situation geführt, mit der wir uns nun auseinandersetzen müssen. Daher müssen wir sehen, dass wir die Tür, von der Sie zugelassen haben, dass sie geöffnet wurde, wieder schließen können; denn die Gefahr ist groß - der Kollege Krischer hat es bereits deutlich gemacht -: Mit dieser geöffneten Tür haben wir die Maut für alle im Haus. Herr Dobrindt, Sie haben nicht nachweisen können, dass das nicht passieren wird. Sie haben von einem Strukturwandel und von einem Systemwechsel gesprochen. In der Tat, dies ist offenkundig, und in Ihrem Entwurf ist deutlich sichtbar, dass dies dazu führen wird, dass die Maut auf allen Straßen erhoben wird. Das ist mehr als in anderen Ländern Europas, in denen sie nur auf der Autobahn erhoben wird, und zwar für alle und nicht nur für ausländische Autofahrer. Von daher: Wir wollen nicht, dass die Verkehrspolitik so aussieht, wie Sie sie jetzt gemacht haben - mit einer Privatisierung der gesamten Infrastruktur. Es müssen jetzt ganz schnell beide Gesetze zurückgezogen werden: das Gesetz aus Ihrem Hause und das aus dem Hause des Finanzministers.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen für ein Europa ohne Maut, Schlagbäume und Wegelagerei. Deswegen haben wir seit dem gestrigen Tage die Runde eingeläutet, um die Maut zu versenken und aus dem Verkehr zu ziehen. Unterhalb dessen werden wir aus der Auseinandersetzung nicht herausgehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)