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Ausflaggungspraxis konsequent stoppen

Rede von Herbert Behrens,

Maritimes Bündnis fortentwickeln – Schifffahrtsstandort Deutschland sichern– Drucksachen 17/10097, 17/11307 –

Herbert Behrens (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenden wir uns einmal dem eigentlichen Thema zu. Wir haben hier Lobreden gehört über das, was in Form dieses Gesetzentwurfs auf den Tisch gelegt worden ist. Wenn wir einmal wirklich ernsthaft darauf schauen und uns die Entwicklung dieses Gesetzentwurfs vor Augen führen, müssen wir zu einem anderen Ergebnis kommen. Das, was heute vorliegt, ist wirklich – der Begriff wurde schon genannt – eine Verschlimmbesserung dessen, was Sie ursprünglich vorgesehen hatten.

Es sollte darum gehen, wieder Schifffahrtsförderung, Ausbildung und Beschäftigung möglich zu machen. Aber hier zeigt sich: Mit dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, wird genau das Gegenteil erreicht. Was hier vorgelegt wurde, wird keine Stärkung des Schifffahrtsstandorts Deutschland bewirken, sondern wird dazu beitragen, dass weniger Schiffe unter deutscher Flagge fahren, als das jemals der Fall war. Es wird wahrscheinlich auch nicht die Zahl erreicht werden können, die mit dem Maritimen Bündnis ursprünglich vorgesehen war. 600 Schiffe sollten es sein. Das hatten die Reeder zuge¬sagt, als das Maritime Bündnis einst das Licht der Welt erblickte. Wir haben diese Zahl kaum je erreicht. Die aktuelle Zahl lautet: 366 Schiffe. Das ist weit entfernt von dem, was sein sollte.

Nachdem es einige Irritationen gegeben hatte, hat die Bundesregierung jetzt angekündigt, die Zuschüsse wie¬der fließen zu lassen. Gleichzeitig haben sich die Reeder verpflichtet, zusätzliches Geld lockerzumachen; die Gebühren für Ausflaggungsmaßnahmen werden erhöht. Das soll in die Stärkung des Schifffahrtsstandorts Deutschland fließen.

Was macht die Bundesregierung? Anstatt das, was die Reeder zugesagt haben, produktiv aufzunehmen und die Reeder ein Stück weit wieder verpflichtend in das ganze Verfahren einzubinden, wurde ein Gesetzentwurf vorge¬legt, der schon zu Beginn keine Qualität hatte und im weiteren Verlauf der Beratungen noch weiter verschlech¬tert worden ist.

Die Regierungskoalition besserte nach – in Anführungszeichen –; während ursprünglich vorgesehen war, 2018 mit der Ausflaggung Schluss zu machen, ist im Änderungsantrag der Regierungskoalition, der im Ausschuss vorgelegt worden ist, davon nicht mehr die Rede, angeblich aus Wettbewerbsgründen. Stattdessen soll 2016 überprüft werden, wie sich das insgesamt entwi-ckelt hat. Ich meine, aufgrund der Erfahrung mit dem Maritimen Bündnis und mit der Zuverlässigkeit des Bündnispartners Reeder können wir schon heute ab¬schätzen, welche Entwicklung das nehmen wird.
In dem Gesetzentwurf wird zudem die Bedingung ge¬strichen, dass nur in wirtschaftlicher Not ausgeflaggt werden darf. Damit wird eine Praxis legalisiert, die uns das Problem, mit dem wir es heute zu tun haben, eigent¬lich erst beschert hat. Um das besser verkaufen zu können, hat die Koalition zur Bedingung gemacht, dass auf jedem auszuflaggenden Schiff eine Ausbildungsstelle geschaffen werden muss, von der sich die Reeder allerdings freikaufen können – zu einem Betrag zwischen 20 000 und 30 000 Euro. Damit sollten die Ausbildungs- und Lohnkosten subventioniert werden. Aber nun hat die Regierungskoalition auch das korrigiert. Dieser Betrag wurde um 90 Prozent reduziert. Jetzt ist davon die Rede, dass man sich von dieser Verpflichtung mit 2 000 Euro freikaufen kann.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRܬNEN]: Das ist eine lächerliche Summe!)

Es wäre für Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ausreichend Gelegenheit gewesen, das wirklich offensiv aufzunehmen, Verbesserungsvorschläge zu machen und Forderungen aufzustellen, um das, was hier durchgesetzt werden soll, unmöglich zu machen. Sie bleiben mit Ihrem Antrag allerdings weit dahinter zurück. Es hätte wirklich eine Alternative dazu geben können.
Der Weg, den Sie mit Ihrem Antrag beschreiten wollen, ist grundsätzlich richtig. Die sozialen Aspekte werden anders gewichtet als im Regierungsvorschlag. Darum werden wir dem Antrag zustimmen.
Aber insgesamt bleibt es dabei: Wir fordern die Bundesregierung auf, die Ausflaggungspraxis konsequent zu stoppen. Dazu gehört mehr als der vorliegende untaugliche Versuch.

(Beifall bei der LINKEN)