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Auch in der Filmförderung geht es um Menschen und Kultur, nicht nur um Standorte

Rede von Harald Petzold,

Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Besuchertribüne! Es ist zwar noch nicht ganz Freitag nach eins, aber fast. Freitag nach eins macht bekanntlich jeder seins. Wir sehen das leider auch hier im Plenarsaal. Die Behandlung dieses Gesetzesanliegens ist so wichtig, dass das Filmförderungsgesetz das Dasein in einer Randzone eigentlich nicht verdient hat.

Dass die Bundesregierung beantragt hat, die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt erst jetzt stattfinden zu lassen, spricht Bände in Bezug darauf, welche Wichtigkeit sie diesem Gegenstand tatsächlich beimisst. Nach diesem Tagesordnungspunkt werden übrigens nur noch die Ostrenten behandelt. Auch das spricht Bände hinsichtlich der Wichtigkeit, die die Große Koalition bestimmten Themen hier offensichtlich zubilligt.

Ich bin sehr froh, dass meine Fraktion einen eigenen Antrag eingebracht hat, der bereits im April dieses Jahres in der Kernzeit auf der Tagesordnung stand. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben wir beantragt, das Filmförderungsgesetz sozial ausgewogen und geschlechtergerecht zu ändern. Wir haben uns für Genrevielfalt und für den Erhalt von Kino als Kulturort ausgesprochen.

Damit wurde wenigstens einmal in dieser Legislaturperiode zu einer zugänglicheren Zeit, in der auch mehr Abgeordnete im Plenarsaal sind, dieser wichtige Gegenstand - für die Koalition ist es ja in dieser Wahlperiode eines der wichtigsten Projekte der Medienpolitik überhaupt - öffentlich diskutiert. Das hat in der Öffentlichkeit übrigens ein sehr positives Echo gefunden. Ich finde, das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin darüber hinaus sehr froh, dass sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme sehr deutlich dafür ausgesprochen hat, dass das „in der Filmwirtschaft eingesetzte Personal zu sozialverträglichen Bedingungen zu beschäftigt wird“. Es soll nach Auffassung der Bundesländer eine neue Aufgabe der Filmförderungsanstalt werden - ich zitiere -, „auch die Belange der Beschäftigten in der Filmwirtschaft zu unterstützen“. Ein ganz herzliches Dankeschön an die Bundesländer für diese Stellungnahme und ein ganz herzliches Dankeschön besonders an die Bundesländer mit linker Regierungsbeteiligung, nämlich Thüringen und Brandenburg, die sich besonders intensiv für diesen Punkt in der Stellungnahme der Bundesländer eingesetzt haben. Denn angesichts zu einem großen Teil prekärer Arbeits- und Produktionsbedingungen vieler Filmschaffender ist die Forderung aktueller denn je, dass sich die Filmförderung für Tariftreue, für faire und angemessene Vertragsbedingungen zwischen Produktionsunternehmen und den Beschäftigten einsetzt.

Ich wiederhole in diesem Zusammenhang den Vorschlag meiner Fraktion, der Linken, aus unserem Antrag zur sozialverträglichen Änderung des Filmförderungsgesetzes:

Produzenten, die nachweislich einkalkulierte Tarif- bzw. Mindestlöhne nicht ausgezahlt haben, sollten für drei Jahre von der Förderung ausgeschlossen werden.

Ich sage: Mit der Novelle zum Filmförderungsgesetz böte sich eine gute Chance, dies ein für alle Mal zu ermöglichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union: Die Stellungnahme des Bundesrates müsste für Sie wie eine schallende Ohrfeige gewirkt haben, da Sie uns ja wieder sozialistische Planwirtschaft im Zusammenhang mit unserem Antrag und der Debatte darüber unterstellt haben. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden mit unseren Änderungsanträgen genau diese ursozialistische Forderung, nämlich „Gute Löhne für gute Arbeit“, einbringen und thematisieren, und wir werden auf eine Änderung des vorliegenden Gesetzentwurfs drängen, zumal Sie als Große Koalition nicht einmal bereit sind, bei den Regelungen zur Arbeitslosenversicherung die Belange von kurzfristig Beschäftigten - dazu zählen die Beschäftigten der Filmwirtschaft - besonders zu berücksichtigen und diese zu verändern.

Das ist ein klarer Bruch Ihres Versprechens aus dem Koalitionsvertrag, wo Sie zugesagt haben, dass noch in dieser Wahlperiode für eine Reform der Arbeitslosengeld-I-Regelung für Kulturschaffende gesorgt werden soll. Da nützt es auch gar nichts, wenn die Staatssekretärin Annette Kramme hier Krokodilstränen verdrückt und sagt: Es ist leider nicht gelungen, für die kurzfristig Beschäftigten eine Verbesserung zu erreichen.

Ich kann nur sagen: Das war der Großen Koalition offensichtlich einfach nicht wichtig genug, ähnlich wie möglicherweise die gesamte Filmförderung. Ich kann nur die Forderung meiner Fraktionskollegin Zimmermann von gestern wiederholen, die gesagt hat, dass mindestens vier Monate ausreichen müssen, um Anwartschaften für das Arbeitslosengeld I zu erwerben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Redezeit ist leider nur kurz bemessen. Deswegen kann ich nicht weiter in die Tiefe gehen, um darzustellen, was Ihrem Gesetz noch alles fehlt. Sie haben keine Vorstellung von der Zukunft des deutschen Films. Sie haben keine Idee von den gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Wirkungen des Films. Sie betrachten Film zuallererst als Standortpolitik, dann als Verschiebebahnhof für Fördermittel - wobei Sie auch noch knauserig sind -, und Sie konzentrieren sich dann im Wesentlichen auf Gremienbesetzungen, wobei Sie immer ordentlich darauf achten, dass vor allen Dingen die Verwerterseite in den Gremien ordentlich präsentiert ist, was dann dazu führt, dass von dieser Seite Einfluss auf Filmgeschichten und Drehbücher genommen wird, was wir für unangemessen halten. Sie reden davon, dass eine Frauenquote mehr Geschlechtergerechtigkeit bringt. Fragen Sie einmal unsere europäischen Nachbarn, wie sie mit diesem Thema umgehen. Da haben wir ein Vorbild. Auch dazu haben wir Ihnen in unserem Antrag einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt.

Wir sagen: Der Gesetzentwurf enthält keine Regelung dazu, wie Kinos flächendeckend erhalten und gefördert werden können. Ihre Vorschläge hinsichtlich des Abgabeaufkommens berücksichtigen die Entwicklungen, zum Beispiel den Rückgang beim Verkauf von DVDs, überhaupt nicht. Wir werden also nicht mehr Einnahmen in diesem Bereich haben, sondern weniger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Linke hat Filmförderungspolitik vor allen Dingen zum Ziel, den Film als eine für die Gesellschaft unverzichtbare kulturelle Ausdrucksform in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung zu verankern und das Filmförderungssystem entsprechend neu auszurichten und am Ende zu stärken. In diesem Sinne werden wir uns in die Debatte einbringen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und Ihnen, Herr Präsident, dass Sie etwas großzügig mit mir umgegangen sind, was die Redezeit anbelangt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)