Zum Hauptinhalt springen

Atomenergie und Asse II

Rede von Dorothée Menzner,

Atomkraftwerke vom Netz nehmen

Dorothée Menzner (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als LINKE begrüßen wir diese Debatte. Sie ist überfällig. Ich erinnere nur an den 26. Februar 2009, als ungefähr 15 000 Menschen Braunschweig, Asse und Schacht Konrad - das ist eine Wegstrecke von 52 Kilometern - durch eine Lichterkette unter dem Motto ?Wir bringen Licht ins Dunkel? miteinander verbanden.

Ich zitiere aus dem Antrag der Grünen:

Der Statusbericht zu den Zuständen im Forschungsendlager Asse II hat unsere schlimmsten Vermutungen noch übertroffen.

Das spiegelt die Stimmung in der Region wider, und zwar nicht nur der Menschen, die sich seit Jahrzehnten gegen Atomkraft engagieren, sondern auch der ganz normalen Bürgerinnen und Bürger, der ganz normalen Anwohnerinnen und Anwohner. Ihre Befürchtungen sind übertroffen worden, und jede Woche ereilen sie neue Hiobsbotschaften.

Was hören diese Menschen hier oder auch sonst im politischen Raum? Ich zitiere die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Katherina Reiche, die am 26. Februar im Inforadio Berlin gesagt hat, der Vergleich zwischen Asse und Gorleben sei ?ein durchsichtiges politisches Manöver?.
(Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU): Ist es auch!)

Im Gegensatz zu Asse verfüge Gorleben über einen intakten Salzstock. Außerdem sei Gorleben in den vergangenen 25 Jahren systematisch untersucht worden.
(Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU): Genau so ist es!)

Ich zitiere wörtlich:

Über einen langen, transparenten und wissenschaftsgeleiteten Prozess ist man zu dem Schluss gekommen, Gorleben sei geeignet.

(Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU): Das ist auch richtig!)

Das lässt Schlimmes erahnen. Die Menschen fühlen sich verhöhnt und bedroht. Das, was ich hier von den möglichen Koalitionspartnern einer möglichen Ampel höre, beruhigt die Menschen meiner Ansicht nach nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Die Menschen fühlen sich von CDU/CSU, FDP und Atomindustrie für dumm verkauft. Ihnen wird immer wieder erzählt, die Atomkraft sei sicher; vor der Haustür erleben sie aber das Gegenteil. Es werden Märchen erzählt, die sie selber als Horrorgeschichten empfinden.

Das erste Märchen lautet, Atomstrom sei billig. Das haben wir auch hier heute wieder gehört. Die mehreren Milliarden, die je nach gewählter Option für die Asse fällig werden und die für den Steuerzahler zur Zahlung anstehen, werden nicht erwähnt. Auch die über 2 Milliarden Euro, die zur Schließung des Endlagers Morsleben anfallen, werden nicht erwähnt; von Gorleben, Schacht Konrad und den Kosten für die Transporte einmal ganz zu schweigen.

Wir wissen auch, dass Uran nicht unbegrenzt vorrätig ist. Wir merken, dass sich das Vorkommen seinem Ende nähert. Die Wissenschaftler sagen, dass es noch rund 50 Jahre reichen wird. Das wird auch an der Preisentwicklung deutlich: Während 1 Pfund Uran 2001 noch ungefähr 7 US-Dollar kostete, kostete es 2007 140 US-Dollar.

Von dem Kollegen Hirte und der Kollegin Brunkhorst haben wir eben wieder einmal gehört, Atomstrom sei klasse, um CO2 zu sparen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Strom aus südafrikanischem Uran heute je Kilowattstunde 126 Gramm CO2 verursacht.

Auch über die Unverzichtbarkeit hören wir immer wieder vieles. Das lässt sich trefflich widerlegen.

Wichtig ist eine transparente und umfassende Kostenbeteiligung der Konzerne. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Dafür werden wir streiten.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Einen Vorwurf kann ich den Kolleginnen und Kollegen der Grünen, die in ihren Anträgen viel Richtiges schreiben, nicht ersparen: Bündnis 90/Die Grünen hat in der Vergangenheit Vertrauen zerstört, und zwar nicht nur Vertrauen in die eigene Partei, sondern in die Politik insgesamt:
(Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unsinn! - Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da mache ich eine Gegenkampagne zu Ihren SED-Geldern!)

mit dem sogenannten Atomkonsens, der eine Betriebsgarantie für die Konzerne war, dem Wegschauen und dem Aussitzen bei Asse II, Gorleben und Schacht Konrad, solange man in der Koalition war, und zwar sowohl in Niedersachsen als auch im Bund.

Es ist zwar lobenswert, jetzt in der Opposition gute Anträge zu schreiben - wir werden gerne mit Ihnen streiten und versuchen, gemeinsam aktiv zu werden -, aber es könnte sehr nach Wahlkampfgeklingel aussehen,
(Zuruf von der SPD: Da haben Sie ja Erfahrung!)

wenn man nicht deutlich macht: Die Macht der vier großen Energiekonzerne, von K+S und anderen DAX-Konzernen ist groß. Dagegen müssen wir angehen; aber das schaffen wir nicht allein.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Das schaffen wir nur gemeinsam mit den Menschen, wenn wir die nötige Transparenz herstellen und wenn wir mit ihnen, die sie sich seit Jahren und Jahrzehnten engagieren und Kompetenz angeeignet haben, streiten. Ich glaube, nur so kommen wir in der Frage des Atomausstiegs weiter, also gemeinsam mit den Menschen und nicht, indem wir Parlamentarier sagen, dass wir alles lösen können. Vielmehr brauchen wir den Druck der Straße, den Druck der Bewegung und die entsprechende Kompetenz.

Ich danke.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))