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Andrej Hunko: Für gute Beziehungen ohne Sozialdumping und Aufrüstung mit dem Vereinten Königreich

Rede von Andrej Hunko,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien. Für Die Linke will ich hier ganz klar sagen: Wir wollen auch künftig sehr gute Beziehungen zu den Menschen in Großbritannien. Es darf keine Strafmentalität sein; es muss gute Beziehungen in der Zukunft geben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zu den Signalen, die gegenwärtig aus Großbritannien kommen, insbesondere von Boris Johnson, die darauf hindeuten, ein Dumping in puncto sozialer Rechte, Arbeitsschutz, Ökologie oder Verbraucherschutz einzuleiten, sagen wir ganz klar: Wir wollen kein solches Dumping. Wir unterstützen auch jede Verhandlungsstrategie, die sich gegen ein Dumping, gegen einen Wettlauf nach unten in Europa einsetzt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer hat so etwas vor? Wovon reden Sie denn?)

Grundlage der heutigen Diskussion ist der Verhandlungsvorschlag der EU-Kommission. Dazu gibt es einen Antrag an die Bundesregierung. In diesem Verhandlungsvorschlag stehen gute Sachen – es finden sich zum Beispiel durchaus Passagen gegen ein solches Dumping – aber es stehen auch kritische Punkte in dem Verhandlungsvorschlag.

Ein Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die künftige Justizkooperation, da geht es um Strafverfolgung. Im Verhandlungsvorschlag der EU-Kommission ist festgehalten, dass in Zukunft nur dann kooperiert wird, wenn Großbritannien Mitglied der Europäischen Menschenrechtskonvention und Mitglied des Europarates bleibt. Das wurde auch im Austrittsabkommen vereinbart. Es ist gut, dass das vereinbart wurde, und es ist auch gut, dass das konditionalisiert wird. Was ich nicht verstehe, ist, dass die Europäische Union selbst dieser Menschenrechtskonvention noch nicht beigetreten ist, wozu sie seit 2009 verpflichtet ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Beitritt wäre eine Stärkung der Menschenrechtskonvention, des Gerichtshofs in Straßburg und auch eine Stärkung der Verhandlungsposition.

Im Verhandlungsmandat stehen aber auch Punkte – auch das will ich sagen –, die wir sehr kritisch sehen. Da ist von künftigen gemeinsamen Militärmissionen die Rede, von sogenannten GSVP-Missionen; es werden gemeinsame Aufrüstungsprojekte anvisiert. Es werden sogar Geheimdienstkooperationen anvisiert, inklusive des Austausches sensibler Daten, ohne dass das in irgendeiner Weise etwa an Menschenrechte oder an das Völkerrecht, wie in der Justizkooperation, gekoppelt wird. Das lehnen wir sehr deutlich ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will daran erinnern, dass Großbritannien am völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak 2003 beteiligt war, und es wurde kürzlich vom Menschenrechtsgerichtshof wegen der anlasslosen Massenüberwachung durch den britischen Geheimdienst verurteilt. Also, eine solche Kooperation wollen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammengefasst: Wir sind natürlich für Verhandlungen; wir sind gegen einen ungeregelten Austritt; wir sind für Kooperationen, die im Bereich sozialer Rechte und Umweltschutz einen Fortschritt bedeuten. Aber andere Sachen sehen wir kritisch.

Herr Link, Sie haben gerade gesagt, es sollte ein EU-only-Abkommen sein, bei dem die nationalen Parlamente nichts mehr zu sagen haben. Bei den Freihandelsabkommen mit Kanada oder mit den USA, CETA und TTIP, haben wir uns damals alle dafür eingesetzt, dass es gemischte Abkommen werden, das heißt, dass auch die nationalen Parlamente etwas zu sagen haben. Ich denke, das sollte auch hier der Fall sein.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das wird super funktionieren!)

Vor allen Dingen wollen wir ein hohes Maß an Transparenz. Wir wollen als Parlament und auch als Öffentlichkeit sehr früh über mögliche Verhandlungsergebnisse informiert werden.

Lassen Sie mich zum Schluss über einen wichtigen Fall reden, der in Großbritannien in den nächsten Wochen und Monaten verhandelt wird, über den Fall des Journalisten Julian Assange. Nächste Woche beginnt der Prozess. Ich hoffe sehr, dass die skandalöse Auslieferung an die USA – mit Strafmaßandrohung von 175 Jahren – nicht vollzogen wird.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich hoffe, dass Julian Assange freigelassen wird und dass wir Ende des Jahres ein gutes Abkommen mit Großbritannien haben werden. Dann wäre 2020 auf jeden Fall ein sehr schönes Jahr.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)