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Alexander Ulrich: Konjunkturpaket statt marktliberale Öffnungsfantasien

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP bringt wieder mal einen Antrag in den Bundestag ein, dass wir weniger Staat brauchen. Das muss man sich wirklich mal überlegen: In einer Zeit, in der wir jetzt schon eine erhöhte Arbeitslosigkeit haben, in der Millionen Menschen in Kurzarbeit sind, in der Tausende von Selbstständigen nicht überleben könnten, wenn wir weniger Staat hätten,

(Michael Theurer [FDP]: Weil der Staat eingegriffen hat, Herr Kollege! Der Staat hat doch eingegriffen!)

das hier zu fordern, würde bedeuten, dass das Land wirklich schon am Ende wäre. Sie wollen amerikanische Verhältnisse. Sonst will das, glaube ich, hier im Haus niemand mehr außer der AfD. Diese Verhältnisse brauchen wir wirklich nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade jetzt sind wir in einer Situation, in der sich zeigt, dass ein Staat handlungsfähig sein muss,

(Michael Theurer [FDP]: Der Staatseingriff ist doch schuld!)

dass ein Staat durch eigenes Handeln in der Lage ist, Arbeitsplätze zu retten und auch vielleicht durch ein zukünftiges Konjunktur- und Investitionsprogramm die Weichen richtig zu stellen.

(Michael Theurer [FDP]: Das tun wir!)

Deshalb sage ich: Wir begrüßen auch, dass wir im Mai eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss haben. Wir als Linke haben schon vor dieser Pandemie hier einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Wir müssen nun in den sozial-ökologischen Umbau investieren. Wir haben gesagt: Lasst uns das Papier vom BDI und vom DGB anschauen, die gesagt haben: Wir brauchen 45 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen pro Jahr in den nächsten zehn Jahren. – Das muss man jetzt angehen. Ich glaube, dann könnte man in dieser Pandemie auch Zukunftsgestaltung in diesem Land organisieren,

(Beifall bei der LINKEN)

für mehr Arbeitsplätze, für gute Arbeitsplätze und als Antwort auf den Klimawandel.

Das, was die FDP will, ist genau das Gegenteil. Sie reden hier dem freien Markt das Wort. Dieser freie Markt gibt keine Antworten auf Marktversagen wie in der Finanz- und Euro-Krise. Dieser freie Markt gibt keine Antworten auf eine Pandemie.

(Reinhard Houben [FDP]: Corona ist doch kein Marktversagen!)

Dieser freie Markt führt dazu, dass jeder an sich denkt, aber dann sind viele Millionen Menschen in diesem Land arbeitslos. Das will die FDP, und es ist gut, dass wir diese Debatte heute mal führen.

(Michael Theurer [FDP]: Die Pandemie ist doch kein Marktversagen!)

Schauen wir uns einmal die zehn Punkte Ihres Antrags genauer an. In einer Phase, in der man wieder sieht, dass die Aktienmärkte keine Antworten bieten für ein sicheres Rentensystem, sagen Sie in Ihrem Antrag: Wir brauchen eine Rentenversicherung, die die private Altersvorsorge attraktiver macht, mit aktienorientierten Anleihen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unglaublich! Nichts gelernt! Gar nichts gelernt!)

– Genau, unglaublich, in so einer Phase! – Da muss man sagen: Die FDP hat nichts gelernt. Gehen Sie mal nach Amerika: Wie traurig die Menschen dort sind, dass ihre Rente von den Aktienmärkten abhängt. Die Rente bei uns mit der Umlagefinanzierung ist viel besser.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Theurer [FDP]: Gehen Sie doch mal in die Schweiz! Sprechen Sie doch mal von der Schweiz!)

Aber es kommt ja noch schlimmer: In einer Phase, in der deutlich wird, dass die Helden des Alltags zu schlecht bezahlt werden, dass sie oft keine Tarifverträge haben, reden Sie im Prinzip auch da wieder dem freien Arbeitsmarkt das Wort, indem Sie sagen: Es soll alles unterlassen werden, um bloß nicht den Arbeitsmarkt zu fesseln. – Sie wollen sachgrundlose Befristungen weiter zulassen. Wir sagen ganz deutlich: Sachgrundlose Befristungen müssen endlich abgeschafft werden!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, fangt endlich mal an, diesen Teil des Koalitionsvertrages auch umzusetzen. Die nächste Bundestagswahl kommt bestimmt. Es sollte nicht heißen: „Gut gemeint, aber nicht gemacht“, sondern: Macht endlich was,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unbedingt! Unbedingt!)

dass die sachgrundlosen Befristungen endlich verschwinden in diesem Land!

(Beifall bei der LINKEN)

Dann kommt noch dazu, dass Sie sagen: Man sollte beim Mindestlohn nichts verändern und keinen Eingriff bei der Mindestlohnkommission vornehmen. – Wir sagen ganz deutlich: Wir brauchen eine politische Antwort auf die Mindestlohnkommission. Da sind wir mit dem DGB auf einer Linie. Die Mindestlohnkommission hat eine falsche Architektur. Sie muss beendet werden. Wir brauchen eine politische Antwort. Wir brauchen mindestens 12 Euro Mindestlohn. Wir müssen als Gesetzgeber ganz deutlich handeln, damit hier endlich etwas getan wird, damit Armutslöhne in diesem Land nicht auch noch durch die Pandemie verlängert werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)