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Alexander Ulrich: Investitionen und Tarifverträge für das Handwerk

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Todtenhausen, ich gebe Ihnen insoweit recht, dass wir hier im Parlament eine Überakademisierung haben und dass wir vielleicht mehr Handwerker oder mehr Abgeordnete mit einer dualen Berufsausbildung bräuchten. Ich bin Werkzeugmacher und habe eine duale Ausbildung. Man kann auch da, denke ich, eine andere Politik machen; da gebe ich Ihnen recht.

Aber dann hört es schon auf mit unseren Gemeinsamkeiten. Denn Sie sprechen eher aus dem Blickwinkel des Firmenbesitzers oder des Handwerksmeisters, der auch Eigentümer der Firma ist, und ich diskutiere eher als Gewerkschafter aus der Situation des Arbeitnehmers im Betrieb heraus. Da haben wir schon große Unterschiede. Denn wenn wir über Attraktivität des Handwerks reden, müssen wir erst mal feststellen: Es wäre sinnvoller, man hätte viel mehr Tarifbindung, viel mehr Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen,

(Beifall bei der LINKEN)

auch viel mehr öffentliche Vergaben mit Tarifbindung. Dann würden auch Handwerker nicht nach einer erfolgreichen Ausbildung in die Industrie abwandern. Das wäre eine Antwort; aber dazu hört man von Ihnen in Ihrem Antrag überhaupt nichts. Alleine schon deshalb muss der Antrag abgelehnt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Der zweite Punkt, wo wir einen großen Unterschied haben: Sie reden ja gar nicht über Handwerk, sondern es ist der gefühlt tausendste Antrag in dieser Legislaturperiode, wo die FDP reinschreibt: Wir brauchen Steuersenkungen, wir müssen die Lohnnebenkosten begrenzen, und wir müssen die Mindestlohndokumentation abschaffen.

(Christian Dürr [FDP]: Ja!)

Ich will Ihnen sagen: Sie haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Der Mindestlohn ist gut, wenn auch noch zu niedrig. Aber es gibt zu viele Möglichkeiten, den zu umgehen. Daher: Wir brauchen noch mehr Mindestlohnkontrollen, damit endlich mit diesen Ausnahmen Schluss gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Und was wir überhaupt nicht brauchen, sind weniger Steuern und Sozialabgaben. Gerade die Coronakrise hat doch gezeigt, wie wichtig ein aktiver Staat ist.

(Christian Dürr [FDP]: Die Arbeitnehmer sind weniger belastet!)

Wenn es nach der FDP ginge, wäre Kurzarbeit nicht finanzierbar gewesen,

(Christian Dürr [FDP]: Aber genau das will Herr Bartsch ja auch!)

und man hätte auch keine Staatshilfen für die wegen der Coronakrise notleidenden Betriebe geben können. Wir hätten viele Insolvenzen mehr, wenn es nach euren Steuerkonzepten gegangen wäre. Auch deshalb muss dieser Antrag abgelehnt werden.

(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Haben Sie mal Herrn Bartsch gefragt? Sie reden ja das Gegenteil dessen, was Herr Bartsch sagt!)

Und wenn wir über Fachkräftenachwuchs reden, dann ist doch auch ein Problem in diesem Land, dass die berufliche Ausbildung der Bildungsweg ist, der am stiefmütterlichsten behandelt wird. Wenn wir überall sagen: „Es wird viel zu wenig Geld in die Bildung gesteckt“, dann sage ich Ihnen: Schauen Sie sich mal die Berufsschulen in Ihren Wahlkreisen an! Das sind im Zweifel die am schlechtesten ausgestatteten Schulen, die es im Wahlkreis gibt. Da müsste endlich mal Geld investiert werden, dass auch die berufliche Bildung ebenso wie andere Bildungswege ihre Leistung erbringen kann. Die Berufsschulen bringen das überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn wir über Steuerkonzepte reden: Wir als Linke haben schon vor Monaten einen Antrag hier eingebracht, dass der Staat in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Investitionen in Bildung, in Gesundheit, in Infrastruktur, in schnelles Internet, wovon auch die Handwerksbetriebe profitieren würden, in Höhe von 450 Milliarden Euro tätigen muss. Davon würde insbesondere das Handwerk profitieren, weil sie diejenigen sind, die das vor Ort umsetzen. Das wäre eine Antwort: mehr Investition, auch durch mehr Steuergerechtigkeit. Aber da ist bei der FDP eine Leerstelle.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Nicht nur da!)

Zum Abschluss, Herr Präsident. – Die Kommunen sind ein großer Auftraggeber für das Handwerk. Wir brauchen endlich einen Altschuldenfonds, sodass die Kommunen ihre Investitionen tätigen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)