Zum Hauptinhalt springen

Aktuelle Stunde zu Energiepreiserhöhungen

Rede von Hans-Kurt Hill,

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Bürgerinnen und Bürger ist am Strom- und Gasmarkt offenbar, was falsches Handeln und Untätigkeit der Regierung kosten. Anders gesagt: Die Stromkunden können das Versagen der Großen Koalition mittlerweile am Zähler ablesen.
Aber nun zu den Fakten:
Erstens: Abschaffung der Aufsicht über die Stromtarife. CDU/CSU und SPD haben einmütig die einzige Kontrollschranke zwischen dem Energiekartell und den Stromkunden ersatzlos gestrichen. Was ist die Folge? Drei Preiserhöhungen in einem Jahr. Im Januar 2008 werden die Stromkosten für private Haushalte um 27 Prozent höher liegen als noch 2004. Die Gaspreise steigen im selben Zeitraum um sage und schreibe 45 Prozent. Was ist im gleichen Zeitraum mit den Reallöhnen passiert? Sie sinken weiter. Anpassungen bei Hartz-IV-Empfängern oder bei den Rentnerinnen und Rentnern? Ebenfalls Fehlanzeige. Das ist völlig inakzeptabel.
(Beifall bei der LINKEN)
Mit Ihrer unsozialen Energiepolitik schüren Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, auch den sozialen Unfrieden in diesem Land.
Zweitens: Einführung der Anreizregulierung für Strom- und Gasnetzbetreiber. Schon der Name klingt widersprüchlich. Das ist es auch. Die Regulierung der Netze senkt zwar die Kosten. Aber dies geschieht insbesondere zulasten der kleinen Stadtwerke, und zwar überwiegend durch den Abbau von Personal. Die Energieriesen bleiben weitgehend außen vor. Die Anreizregulierung wird die kleinen Stadtwerke in die Arme von Eon und RWE treiben und verstetigt die Monopolstruktur im Energiesektor. Außerdem kann die Bundesnetzagentur nach Belieben in die Lohnstruktur bei den Stadtwerken eingreifen und per Verordnung die Gehälter kürzen. Das ist ein eklatanter Eingriff in die Tarifautonomie. Das können wir so nicht zulassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu erwähnen ist noch, dass der Effekt für private Stromkunden gleich null ist. Die Anreizregulierung wird dem Endverbraucher erst 2013 eine Ersparnis von etwa 50 Euro pro Jahr bringen. Vattenfall hat aber in diesem Sommer den Strom in Berlin um 62 Euro je Haushalt verteuert. Wo das hinführt, kann man sich an fünf Fingern abzählen.
Drittens: Verschärfung des Kartellrechts. Wenn die Monopolisten die Preise um 10 Prozent willkürlich anheben können, muss, wie sich aktuell zeigt, die Hälfte der Regionalversorger und Stadtwerke mitziehen, da sie am Tropf der Konzerne hängen. Die vorgeschlagene Kartellrechtsänderung wird deshalb weitgehend wirkungslos bleiben. Denn: Wenn über 300 Energieversorger durch Preisanstiege vom Durchschnitt abweichen, ist das der neue Durchschnitt in der Regel unter 10 Prozent und somit maßgebend, und das Kartellamt kann nur noch tatenlos zusehen.
RWE und Eon beherrschen nach wie vor rund 60 Prozent des Strom- und des Gasmarktes. Diese Kartellstrukturen wurden maßgeblich von ehemaligen SPD-Ministern systematisch aufgebaut. Das ist das Problem. Wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, diese Kartellstrukturen zu zerschlagen, bleiben die Ankündigungen der Großen Koalition nur heiße Luft. Die Zeche zahlen die Bürgerinnen und Bürger mit überhöhten Strom- und Gaspreisen.
Die Linke fordert deshalb ganz konkrete Schritte: erstens die Wiedereinführung einer wirksamen Preisaufsicht über die Strom- und Gastarife;
(Beifall bei der LINKEN)
zweitens verpflichtende Sozialtarife für Privathaushalte mit geringem Einkommen;
(Beifall bei der LINKEN)
drittens Offenlegung der Stromhandelspreise, um Missbrauch durch die Energieversorger zu unterbinden, und viertens die Überführung der Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand.
(Beifall bei der LINKEN)
Zum Schluss einer der für uns wichtigsten Punkte: unbürokratische Heizkostenzuschüsse für Haushalte mit geringem Einkommen und zusätzlich die Anhebung der Hartz-IV-Sätze auf mindestens 435 Euro.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der LINKEN)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort erhält nun der Bundeswirtschaftsminister Michael Glos.
(Beifall bei der CDU/CSU)