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Aktiv gegen Rechtsextremismus im Sport

Rede von Jens Petermann,

139. Sitzung des Deutschen Bundestages, 10. November 2011
TOP 10: Rechtsextremistische Einstellungen im Sport konsequent
bekämpfen – Toleranz und Demokratie nachhaltig fördern
Drucksachen 17/5045, 17/7597

Jens Petermann (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen sind erschreckend: In den letzten 20 Jahren haben 137 Menschen ihr Leben durch rechtsextremistische Straftaten verloren. Sie wurden Opfer antisemitischer, fremdenfeindlicher und rassistischer Gesinnungstäter. Derartige Einstellungen finden sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen -  leider auch im Sport. Sie stellen eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Darum müssen wir uns immer wieder damit auseinandersetzen - auch hier und heute im Deutschen Bundestag.
Die Zusammenarbeit von Politik und zivilgesellschaftlichen Strukturen ist hier ein erfolgreiches Agieren gegen die Gefahr von rechts außen und ohne Alternative. Ein Beispiel dafür ist die thüringische Kreisstadt Hildburghausen. Dort hatte ein bekennender Neonazi einen Fußballverein gegründet, der als rechtes Sammelbecken diente. Durch zivilgesellschaftliches Engagement ist es gelungen, den Verein von der Bildfläche zu verbannen. Die Stadt Hildburghausen - übrigens mit einem linken Bürgermeister an der Spitze - hat dem Verein den Zugang zu Sportanlagen untersagt. Der Kreissportbund hat dem Zusammenschluss die Anerkennung als Verein verwehrt, und das örtliche Bündnis gegen Rechtsextremismus, in dem unter anderem Vertreter von Kirchen, Parteien und Gewerkschafter organisiert sind, hat vorbildliche zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit geleistet.
Rechtsextremismus im Sport ist ein sehr ernstzunehmendes Phänomen. Das zeigt eine endlose Kette von Vorfällen insbesondere im Umfeld des Fußballs; Kollege Knopek, Sie hatten es bereits erwähnt. Meine Fraktion begrüßt darum den Antrag der SPD als Schritt in die richtige Richtung. Umso bedauerlicher ist es allerdings, dass Union und FDP selbst diesen kleinen Schritt mit fadenscheinigen Begründungen ablehnen. Anstatt mit konkreten Maßnahmen dem Rechtsextremismus im Sport Paroli zu bieten, belässt es die Koalition leider bei Lippenbekenntnissen.
„An ihren Taten sollt ihr sie erkennen, nicht an ihren Worten“, heißt es sinngemäß bei Matthäus.
(Dr. Frank Steffel (CDU/CSU): Matthäus war ein Fußballer! Lothar Matthäus!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das Feld überlasse ich Ihnen gerne. Auch die heutige Politik muss sich an diesem Maßstab messen lassen. Die Linke wird darum dem Antrag der SPD zustimmen. Die Forderung, dauerhafte Förderstrukturen für Verbände und Vereine zu schaffen, unterstützen wir. Das ist ein ganz konkreter Vorschlag, auch wenn der Antrag in der Wahl der Begriffe nicht ganz konsistent ist.
Ich erinnere an dieser Stelle an die Erkenntnisse, die der Sportausschuss bereits im Jahre 2008 gewonnen hat. Damals erklärte der Sachverständige Martin Endemann vom Bündnis Aktiver Fußballfans in der Anhörung zu Extremismus im Sport: "Mir ist nicht bekannt, dass es in Deutschland ein großartiges Problem mit linksextremistischen Fußballfans gebe. Insofern halte ich den Titel dieser Veranstaltung für falsch; es sei denn, man macht den Fehler, antirassistisches Engagement in irgendeiner Weise mit linksextremistischer Politik verknüpfen zu wollen". - Übrigens hat sich der DFB-Präsident Theo Zwanziger diese Position in der gleichen Sitzung zu eigen gemacht.
Im Bereich Fußball bestehen sicherlich die größten Probleme, aber Rassismus und Diskriminierung gibt es auch in anderen Sportarten, manchmal offensichtlich, manchmal aber auch im Verborgenen. Bedingungsloser Einsatz gegen den Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft muss über Konzepte auf geduldigem Papier hinausgehen. Ich empfehle darum Union und FDP, einmal beim Bürgermeister in Hildburghausen zu hospitieren. Ich setze mich gerne dafür ein, dass Sie dort kurzfristig einen Termin bekommen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sönke Rix (SPD))