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Änderung des Bundesversorgungsgesetzes durch die Bundesregierung ist der richtige Weg aber reicht nicht aus

Rede von Frank Tempel,

Rede zu Protokoll | 12.05.2011 | TOP ZP 4 „Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften“

Sehr geehrter Bundestagspräsident / Sehr geehrte Bundestagspräsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,

DIE LINKE begrüßt ausdrücklich, dass zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung die Leistungen im sozialen Entschädigungsrecht angeglichen werden sollen. Das ist ein wichtiger Schritt. Trotzdem gibt es noch einiges zu tun: Ich erinnere nur an die von allen Bundesregierungen verschleppte, längst überfällige Angleichung der Renten in Ostdeutschland auf das Westniveau.

Es ist zudem dringend geboten, die Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Auslandsversorgung gesetzlich umzusetzen. Die Entschädigung bei einem Wohnsitz im Ausland soll vereinfacht werden.

Obwohl der Gesetzentwurf insgesamt akzeptabel ist, müssen wir ihn an einigen Stellen klar kritisieren. Hier muss nachgebessert werden:

1. Durch den neugefassten Paragraph 87 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wird das Vergleichseinkommen, der zur Berechnung der Entschädigungsleistung herangezogen wird, vereinheitlicht und zukünftig anhand der Entwicklung der gesetzlichen Renten und nicht der Beamtenbesoldung fortgeschrieben. Damit bleibt die Entschädigung aufgrund der Dämpfungsfaktoren in der gesetzlichen Rentenversicherung hinter der Inflation zurück. Welche Auswirkungen die vereinheitlichten Vergleichseinkommen hätten, ist ohne die Berufsschadensausgleichsverordnung allerdings nicht absehbar.

2. Der Entwurf sieht eine Ausweitung des persönlichen Budgets vor. Unter den gegeben Umständen finden wir dies bedenklich, da so ein Anreiz auf schlechte Beschäftigung und Bezahlung gegeben wird.

3. Bisher sind Grundrenten nicht bei der Bedarfsprüfung als Einkommen angerechnet worden. Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2010 gilt das auch für Vermögen, das aus Grundrenten angespart worden ist. Künftig soll nun das aus Grundrenten angesparte Vermögen angerechnet werden. Der „Weisse Ring“ greift zu Recht eine wichtige Feststellung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai 2010 auf. Das Gericht betont insbesondere den immateriellen Zweck der Beschädigtengrundrente. Ich zitiere: Es ist „davon auszugehen, dass die Beschädigtengrundrente nach § 31 BVG wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs eines vom Einzelnen für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers geprägt wird.“ (BVerwG 5 C 7.09, Rz 26). DIE LINKE schließt sich der Forderung des „Weissen Rings“ an, dass das aus der Grundrente gebildete Vermögen anrechnungsfrei bleiben muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auf den Änderungsantrag aus den Fraktionen der CDU/CSU und FDP möchte ich gesondert eingehen. Die Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets entstanden sind, waren ganz ohne hellseherische Fähigkeiten vorhersehbar. Es ist und bleibt ein Irrsinn, die Leistungen über individuell zu beantragende Gutscheine zu organisieren. Das ohnehin aus Sicht der LINKEN eher mickrige Paketchen droht im bürokratischen Nirwana zu versacken. Es dient einzig der politischen Propaganda als der Aufklärung, wenn Werbung in Kinos ausgestrahlt wird, deren Eintrittsgeld sich Hartz-IV-Betroffene trauriger Weise oft gar nicht leisten können.

Selbstverständlich begrüßen wir die Fristverlängerung für die rückwirkende Inanspruchnahme der Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Das ist ein Akt konstruktiver Schadenbegrenzung, der aus Sicht der Fraktion DIE LINKE jedoch nicht ausreicht, um die grundrechtlich verbürgten Ansprüche der betroffenen Kinder tatsächlich durchzusetzen. DIE LINKE fordert deshalb, dass als Sofortmaßnahme die für die Monate Januar bis April 2011 im Budget vorgesehenen Mittel des Bildungspakets ohne Vorlage eines Nachweises pauschal an alle leistungsberechtigten Kinder ausgezahlt werden. Darüber hinaus muss sicher gestellt werden, dass die Informationen über das Bildungs- und Teilhabepaket auch tatsächlich bei den betroffenen Familien ankommen. Deshalb müssen alle leistungsberechtigten Familien angeschrieben und umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden.