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Abzug der Bundeswehr aus Bosnien-Herzegowina

Rede von Inge Höger,

„Das Land Bosnien-Herzegowina ist eine moderne Kolonie…“ Dieser Satz stammt nicht von mir. Er stammt von Ismet Bajramović, dem Vorsitzenden des Bundes unabhängiger Gewerkschaften im bosnisch-kroatischen Landesteil Bosnien-Herzegowinas. Herr Bajramović ist nicht der einzige, der das vor Ort so sieht. Ich war im Juni dort und habe mich mit den Menschen in Sarajewo und Srebrenica unterhalten. Dabei habe ich festgestellt, dass es eine tiefe Kluft gibt zwischen der lokalen Bevölkerung und denen, die nicht gern Besatzer genannt werden wollen, und doch als solche wahrgenommen werden.

In den Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der NATO oder der EU hatte ich den Eindruck, dieses Land würde längst in Schutt und Asche liegen, wenn es nicht selbst ernannte Helferinnen und Helfer aus den reichen Ländern gäbe, die hier mit Militär und Investitionen für Ordnung sorgen.
Bei Gesprächen mit Bosnierinnen und Bosniern hörte sich alles ganz anders an. Die EUFOR-Truppen werden mit Befremden wahrgenommen. Nicht nur wegen der nächtlichen Truppenübungen, mit denen sie in Sarajewoer Wohngebieten für Unmut sorgen. Schüsse und Kriegslärm kennen die Leute dort nur zu gut aus der schlimmen Zeit der 1990er Jahre.

Die EUFOR verbessert die unerträgliche Situation im Lande nicht. Vielmehr zementieren die Truppen diese Situation. Auch deshalb fordert DIE LINKE immer wieder den Abzug der Bundeswehr aus Bosnien.
Banken aus dem Ausland – vorrangig aus Österreich und Deutschland – kaufen einen Großteil des Landes auf. Fabriken werden nach den Vorgaben von EU und IWF privatisiert, die Arbeitslosigkeit steigt. Nicht nur die 7 Millionen Euro, die dieser Einsatz bis zur nächsten Verlängerung kosten wird, sind an der falschen Stelle ausgegeben. Auch ein Teil der knapp 100 Millionen Euro, die im zivilen Bereich ausgegeben werden, richten Schaden an. Denn dieses Geld dient auch als Druckmittel für neoliberale Wirtschaftsreformen.

Wer Privatisierungen, Sozialabbau und die Zerschlagung des öffentlichen Dienstes auf dem Balkan durchdrückt, der hat nichts, aber auch gar nichts verstanden von den Ursachen der aktuellen Wirtschaftskrise. Es ist mehr als fragwürdig, in Bosnien die selbe Politik durchzusetzen, die Griechenland und Italien gerade in den Ruin treibt. Im Übrigen sehen die Menschen auf dem Balken am Beispiel Griechenlands, was ihnen blüht, wenn die von Minister Westerwelle propagierte „euro-atlantische Integration“ kommt. Sie können noch weniger alleine entscheiden, Deutschland und die EU sagen, wo’s lang geht. Sie sollten wenigstens so mutig sein, den Leuten nicht länger Sand in die Augen zu streuen.

Auch gemessen an den Maßstäben der Bundesregierung ist dieser Einsatz völlig unnötig. 16 Jahre nach Kriegsende brauchen die Bosnierinnen und Bosnier keine militärischen Bewacher. Die Vorstellung, dass sich Mitglieder der einen Ethnie sicherer vor der anderen Ethnie fühlen, weil dort die Bundeswehr stationiert ist, entbehrt jeder realen Grundlage. Stattdessen verstärkt die Militärpräsenz den Eindruck, Bosnien-Herzegowina werde von der EU fremdbeherrscht. Und dieser Eindruck ist nicht ganz falsch.

EUFOR bildet die bosnische Armee aus, damit diese sich in Afghanistan an einem neuen Krieg beteiligen und neue Probleme schaffen kann. Diese Spirale von Militarisierung und Krieg muss endlich durchbrochen werden!

Auch die EU-geführte Polizeitrainingsmission dient letztlich dem Aufbau einer Polizei, die Proteste niederschlägt und somit den Ausverkauf des Landes unterstützt. So wurden z.B. im vergangenen Jahr Demonstrationen gegen Kürzungen im Gesundheitswesen von der Polizei brutal niedergeschlagen. Damit muss endlich Schluss sein!

Das Geld, das Sie für den Bosnien-Einsatz ausgeben, könnte viel nützlicher für Aufbauprogramme ausgeben werden – aber bitte echte Aufbauprogramme und keine Beihilfen für Privatisierungen, von denen letztlich nur deutsche und österreichische Unternehmen profitieren! Gut angelegt ist das Geld außerdem bei der Minenräumung. Minen sind ja in Bosnien ein echtes Problem und es ist gut, dass sich Minenräumerinnen und Minenräumer, auch aus Deutschland, hier engagieren.

Den Einsatz deutscher Minenfachleute befürworten wir. Den Einsatz der Bundeswehr in Bosnien lehnt DIE LINKE jedoch entschieden ab. Ziehen Sie die Soldaten ab, die Menschen in Bosnien-Herzegowina werden es Ihnen danken!