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2014 wieder kein Paradigmenwechsel bei der GAP

Rede von Kirsten Tackmann,

Rede MdB Dr. Kirsten Tackmann, 16.10.2014, TOP 17, zu Protokoll zu 18/2708Entwurf eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen und deren Kontrollen in der Gemeinsamen Agrarpolitik

Redeentwurf MdB Dr. Kirsten Tackmann, 16.10.2014, TOP 17, zu Protokoll
zu 18/2708
Entwurf eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen und deren Kontrollen in der Gemeinsamen Agrarpolitik
Was für ein Wortungetüm: „Entwurf eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen und deren Kontrollen in der Gemeinsamen Agrarpolitik“. Hinter dieser Ansammlung an Wörtern verbirgt sich abschließende Beschluss zur Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Eine Debatte, die so lang, sperrig und zäh war wie der Titel des Gesetzes.
Für die neue Förderperiode 2014 – 2020 gab es viele neue Ideen. Ökologischer, gerechter und zukunftsfähiger sollte Agrarpolitik werden– auch im Interesse der ländlichen Räume. Als Linksfraktion im Deutschen Bundestag haben wir bereits im Jahr 2010 ein eigenes Konzept auf den Tisch gelegt und skizziert, wohin nach unserer Meinung die Reise gehen soll.
Am Anfang dieser Debatten schien es tatsächlich so, als ob ein Paradigmenwechsel gelänge, nämlich eine Förderung nach dem Prinzip: öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. Geld sollte der erhalten, der mehr Arbeitsplätze schafft, der besser Umwelt und Klima schont. Auch viele Umwelt-, Verbraucher- und kritische Bauernverbände hegten ähnliche Hoffnungen. Auch der EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos sah das so.
Was ist daraus geworden? Vom Greening, also der Ökologisierung der Direktzahlungen an die Bauernhöfe, ist nicht viel übrig geblieben. Einige nennen es nun verächtlich „Greenwashing“. Und die Berücksichtigung sozialer Leistungen sucht Frau leider vergebens. Trotzdem! Ich würde eher sagen: „Das Glas ist halb voll.“ Denn was wirklich neu ist: Die Direktzahlungen gibt es nicht mehr einfach so dafür, dass man landwirtschaftliche Nutzfläche besitzt und Gesetze einhält. Sie sind nun an bestimmte ökologische Anforderungen geknüpft. Das ist gut so. Und die 5 Prozent ökologische Vorrangflächen sind ein Anfang. Auf diesen fünf Prozent der Betriebsfläche kann man viel Gutes tun, was auch die Akzeptanz in der Gesellschaft erhöht: zum Beispiel Hecken anlegen oder Pufferstreifen an Wäldern, Feldern und Gewässern wild-, bienen- und insektenfreundlich gestalten.
Und es wäre mehr drin gewesen, was leider in Deutschland nicht genutzt wird: Nach den EU-Vorgaben können die EU-Mitgliedstaaten Agrarbetriebe mit vielen Beschäftigten unterstützen; das war eine zentrale Forderung der Linken. Es geht dabei nicht um ein Rundum-sorglos-Paket für ineffiziente Betriebe, sondern darum, dass zum Beispiel Betriebe mit Tierhaltung mehr Leute beschäftigen als reine Ackerbaubetriebe.
Und damit all diese neuen Änderungen der GAP auch in Deutschland wirksam werden, mussten die entsprechenden Regelungen in nationales Recht umgesetzt werden. Vergangenen Freitag beschloss der Bundesrat die Direktzahlungen-Durchführungs-Verordnung und gab der nationalen GAP-Umsetzung damit den letzten, inhaltlichen Feinschliff. Heute beschließen wir die technische Umsetzung.
Gut finden wir, dass die Anregungen des Bundesrates mehrheitlich aufgenommen wurden. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass die Bundesregierung auch den Hinweis zum Thema Düngerecht aus der Länderkammer berücksichtigt hätte.
Ich habe bei dem massiven Druck, den der Bauernverband und die CDU/CSU auf das Agrarministerium ausüben, meine Zweifel, dass wir eine fortschrittliche Novelle des Düngerechts bekommen, die uns sowohl vor Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie bewahrt, als auch – noch viel wichtiger – den Nährstoffüberschuss in den Gewässern wirksam reduziert. Dieser Debatte kann die Koalition dieses Mal noch ausweichen, aber die Uhr tickt.