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Nach Glyphosat: Der Glufosinat-Skandal

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,

Von Alexander Ulrich

Ein Glyphosat-Verbot konnte trotz einer eindrucksvollen europäischen Bürgerbewegung und der Einordnung des Phosphonates als "wahrscheinlich krebserregend" durch die internationale Agentur für Krebsforschung nicht erreicht werden. Als Advokat der Chemieindustrie und der Agrokonzerne hat Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt (CSU) durch seine Zustimmung mit einem beispiellosen, anti-demokratischen Akt das Aus für den Giftstoff verhindert. Angeblich gegen die Absprachen in der Koalition. Den Mann hat das nicht einmal den Ministerposten gekostet. Mit der SPD kann man es halt machen.

Vertrauen in Konzerne und EU-Regulierung ist dahin

Nicht zu verhindern ist aber, dass immer mehr Menschen achtsamer werden, wenn es darum geht, was auf den Teller kommt. Das Vertrauen in die Nahrungsmittelkonzerne und die EU-Regulierungen ist dahin. Das ist gut, denn Glyphosat ist bei weitem nicht das einzige Problem. So listet die EU derzeit 77 Wirkstoffe auf, die gegen die Pflanzenschutzverordnung verstoßen und möglichst durch andere Stoffe ersetzt werden sollen. Insgesamt steht derzeit bei 146 Wirkstoffen ein Wiedergenehmigungsverfahren an.

Einer dieser Wirkstoffe ist Glufosinat. Verwendet wird er hauptsächlich in Unkrautvernichtungsmitteln des Bayer-Konzerns. Einige EU-Mitgliedsstaaten haben Glufosinat verboten, denn es gilt als schädlich sowohl für die damit behandelten Pflanzen als auch für die Menschen, die diese Pflanzen dann essen. Zudem ist Glufosinat ein Einfallstor für gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel. So versucht Bayer, Gen-Mais-Sorten auf den Markt zu bringen, die gegen Glufosinat resistent gemacht wurden.

Ausgerechnet Deutschland ist Berichterstatter

Die seit 2007 gültige Genehmigung auf EU-Ebene ist längst ausgelaufen. Derzeit ist das Mittel nur noch vorläufig bis Juli 2018 zugelassen. Bayer hat eine Verlängerung beantragt. Eine Entscheidung dürfte bis zum Ende der vorläufigen Zulassung fallen. Damit das Gift dann endlich von Europas Äckern verschwindet, braucht es vor allem Druck in Deutschland. Denn die Genehmigungsverfahren laufen so, dass zunächst ein Mitgliedsstaat als Berichterstatter die Aufgabe übernimmt, eine Bewertung des Zulassungsantrags vorzunehmen. Auf Basis des entsprechenden Berichtes fällt dann auf EU-Ebene die Entscheidung. Berichterstatter im Fall Glufosinat ist Deutschland.

Ausgerechnet Deutschland, muss man angesichts des Glyphosat-Skandals sagen. Doch das ist kein unglücklicher Zufall. Bis 2011 fiel die Glufosinat-Zuständigkeit in schwedische Zuständigkeit. Schweden ist eines jener EU-Länder, in denen der Wirkstoff bereits verboten ist. Auf Anfrage bestätigte die Bundesregierung, dass "ein wichtiges Argument für die geänderte Zuteilung war, dass in Schweden Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glufosinat schon seit längerem nicht mehr zugelassen waren".

Regierung unter Druck setzen

Zumindest mangelnde Offenheit kann man der Bundesregierung an dieser Stelle nicht vorwerfen. Dass aber ein eher kritisch gestimmter Berichterstatter im Vorfeld einer Überprüfung gerade wegen dieser kritischen Haltung ersetzt wird, gibt Anlass zum Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit dieser Verfahren.

Nun liegt die Zuständigkeit also bei Deutschland – jenem Mitgliedsstaat in dem der Bayer-Konzern beheimatet ist. Ein schlechtes Zeichen für Mensch und Umwelt. Umso wichtiger ist es, das Thema hierzulande viel stärker öffentlich zu thematisieren und die Regierung unter Druck zu setzen. Denn Schadstoffgenehmigungen einfach durchzuwinken, funktioniert vor allem dann, wenn keiner es mitbekommt.