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Altenpflege: 51 Jahre Jahre Arbeit für Rente auf Niveau der Grundsicherung

Nachricht von Pia Zimmermann,

Pflege ist anspruchsvoll: Schichtdienst, Wochenendarbeit und psychischer Beanspruchung. Trotzdem werden Pflegekräfte schlecht bezahlt, vor allem in der Altenpflege. Hier liegen die Bruttogehälter im Bundesdurchschnitt noch einmal um circa 500 Euro unter denen der Pflege im Krankenhaus. Die Folge ist ein Mangel an PflegerInnen. Die dramatische Corona-Situation verschärft den Personalnotstand. Der Pflexit hat längst begonnen.

Um mehr Pflegekräfte zu gewinnen oder im Beruf zu halten, brauchen sie dauerhaft höhere Löhne – die auch zu guten Renten führen. Zwar gibt es einen gesetzlichen Pflege-Mindestlohn. Für Pflegehilfskräfte betrug dieser 2020 im Westen 11,60 Euro. Mit einer 35-Stunden-Woche müsste eine Pflegekraft mit dieser Bezahlung kontinuierliche 53 Jahre beschäftigt sein, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erhalten (so eine Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Frage von Pia Zimmermann bereits im Mai 2020).

Die Gewerkschaft ver.di kämpft deshalb für einen flächendeckenden Tarifvertrag in der Altenpflege, der allgemeinverbindlich, also für alle Unternehmen gelten soll.. Die Verhandlungen von ver.di mit dem von gemeinwohlorientierten Unternehmen gegründeten Arbeitgeberverband ( BVAP), sind inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Beschlossen sind spürbare Erhöhungen des Stundenlohns ab August 2021. Vor allem sind weitere Steigerungen in den folgenden Jahren vorgesehen.

Zwei andere Arbeitgeberverbände, die aus privaten und vor allem gewinnorientierten Pflegeunternehmen bestehen, wollen diesem Tarifvertrag jedoch nicht beitreten. Sie haben sogar erklärt, gegen die Allgemeinverbindlichkeit zu klagen.

Von der Bundesregierung wollte Pia Zimmermann aktuell wissen, wie viele Arbeitsjahre erforderlich sind, um mit den aktuellen Pflegemindestlöhnen sowie auf Basis der von ver.di ausgehandelten und ab August gültigen Mindestentgelte eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erhalten.

Ergebnis: Bei Pflegehilfskräften würde mit dem Verhandlungsergebnis das Mindestentgelt von 11,80 auf 12,40 Euro/Stunde steigen. Die erforderlichen Arbeitsjahre für eine Rente auf Grundsicherungsniveau sinken von 53 auf 51 Jahre. PflegerInnen mit mindestens ein-jähriger Ausbildung erhalten nach dem Verhandlungsergebnis statt 12,50 dann 13,10 Euro/Stunde und müssten statt 50 nur noch 48 Jahre arbeiten; Pflegefachkräfte würden sich von 15,00 auf 16,10 Euro/Stunde verbessern. Ihre notwendigen Beschäftigungsjahre für eine Grundsicherungsrente würden von 42 auf 39 Jahre sinken.

Diese Zahlen zeigen: Der Einstieg in einen allgemeinverbindlichen Flächentarif in der Altenpflege ist überfällig, auch wenn es ab August 2020 noch keine durchgreifendne Verbesserungen gibt. Die dafür erforderlichen Erhöhungen sind von Ver.di bereits ausgehandelt. Nur so können mehr AltenpflegerInnen gewonnen und im Beruf gehalten werden.

"Die Weigerung der privaten Arbeitgeberverbände AGVP und bpa, dem von ver.di ausgehandelten Tarifvertrag beizutreten, ist der Gipfel", sagt Pia Zimmerman. "Das zeigt einmal mehr: Die Pflege muss in die öffentliche Hand. Nicht vergessen werden darf zudem: Die Finanzierung der Pflege muss so reformiert werden, dass höhere Löhne möglich sind und trotzdem zusätzliche finanzielle Lasten der Menschen mit Pflegebedarf vermieden, und schließlich ganz abgebaut werden. Kurz gesagt: Der Allgemeinverbindliche Tarifvertrag muss noch vor der Bundestagswahl kommen – und er muss zwingend mit der Einführung der Solidarischen Pflegevollversicherung verknüpft werden.“