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Zukunftsinvestitionen statt Juncker-Plan!

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Natürlich muss in Europa viel mehr investiert werden. Wir haben das als Linke schon im Bundestagswahlprogramm 2009 gefordert. Wir haben es im Europawahlprogramm gefordert. Damals sind Sie von der SPD noch in der Großen Koalition gemeinsam mit der CDU/CSU durch Europa gezogen und haben für die Einhaltung von Schuldenbremsen und Ähnlichem geworben.

Deshalb sind Sie mit schuld an dem riesigen Ausmaß der Arbeitslosigkeit in Europa. Jetzt fordern Sie mehr Investitionen. Dabei haben Sie jahrelang versagt. Und auch der Juncker-Plan ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Was Investitionen angeht, müsste die größte Volkswirtschaft der EU viel mehr tun. Jetzt klopfen Sie sich mit Hinweis auf die 10 Milliarden Euro für Investitionen und die 5 Milliarden Euro für die Kommunen auf die Schulter und meinen, damit wäre ausreichend geholfen. Würde man nur die Schuldenbremse einhalten, die wir aber ablehnen, könnte man trotzdem allein in Deutschland 18 Milliarden Euro mehr investieren. Deshalb müsste man gerade jetzt in Deutschland viel mehr Investitionen anschieben.

Das schreibt Ihnen mittlerweile jeder ins Stammbuch, ob IWF oder EU-Kommission. Diese Woche war Moscovici bei uns im Europaausschuss. Er hat deutlich gesagt, dass in Deutschland viel mehr investiert werden müsste. Aber die Bundesregierung glaubt, mit 10 Milliarden Euro plus 5 Milliarden Euro hätte sie genug getan.

Im Vergleich zu 2007 haben wir EU-weit eine Investitionslücke von 430 Milliarden Euro pro Jahr, Herr Poß. Der tatsächliche Investitionsbedarf ist noch viel höher.

Jetzt kommt der Juncker-Plan. Herr Juncker vertritt die grundsätzlich richtige Idee, dass wir mehr tun müssen, um Beschäftigung zu schaffen und die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, und wirbt für den Juncker-Plan mit 315 Milliarden Euro.

Wie aber kommen diese 315 Milliarden Euro zustande? Es werden gerade einmal 21 Milliarden Euro bereitgestellt. Dafür werden auch noch Gelder aus den EU-Töpfen für Forschung und Entwicklung abgezwackt. Das heißt, Bereiche, in die dringend investiert werden müsste, leiden unter dem Juncker-Finanzierungsplan. Man glaubt, mit einem komischen Hebelmechanismus auf 315 Milliarden Euro zu kommen. Das ist Voodoo-Ökonomie und hat mit wirtschaftlicher Vernunft nichts zu tun.

Viel schlimmer ist aber: Diese 315 Milliarden Euro erstrecken sich über drei Jahre. Wir reden also über etwas mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr. Mit etwas mehr als 100 Milliarden Euro für ganz Europa kann man aber bei weitem nicht der Probleme Herr werden, über die wir reden.

Sie haben Südeuropa angesprochen, Herr Poß. Wir als Linke sagen schon seit Jahren: Wir brauchen einen Marshallplan für Europa. Dafür reichen die 315 Milliarden Euro in drei Jahren nicht aus. Wir brauchen 500 Milliarden Euro pro Jahr an öffentlichen Investitionen.

Deshalb können wir als Linke dem Juncker-Plan nicht zustimmen; denn er ist keine Lösung. Es werden wieder Luftschlösser gebaut, die Probleme werden nur vergrößert, und bei den Menschen werden Hoffnungen geweckt, die nicht erfüllt werden können.

Dann kommt auch noch hinzu, dass mit dem Juncker-Plan ÖPP-Projekte unterstützt werden sollen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es kann doch wohl nicht sein, dass wir gerade die Projekte wieder einmal unterstützen, bei denen am Schluss Gewinne, die erwirtschaftet werden, bei den Privaten ankommen, aber bei Verlusten der Steuerzahler herhalten muss.

Haben wir nicht aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gelernt, dass es nicht sein kann, die Verluste der Zocker den Steuerzahlern aufzubürden? Wenn es lukrative Geschäfte gibt, dann soll sie der Staat finanzieren. Die Zinsen der Europäischen Zentralbank sind so niedrig, dass das auch ohne Weiteres gehen würde.

Ich habe erwähnt - das ist der Vorschlag der Linken -, dass wir 500 Milliarden Euro im Jahr investieren sollten. Mit diesem Geld sollte sozial-ökologisches Wachstum finanziert werden. Es kann nicht sein, dass zusätzliche Flughäfen oder neue Kernkraftwerke finanziert werden. Wir brauchen sinnvolle Investitionen in die Zukunft. Wir glauben auch, dass das durch die öffentlichen Haushalte finanziert werden kann. Dazu brauchen wir auch mehr Steuergerechtigkeit. Wir müssen Konzernprofite und Vermögen wieder stärker besteuern!

Wir brauchen eine Vermögensabgabe, ein gerechteres Steuersystem, wir brauchen den Kampf gegen Steueroasen, wir brauchen eine Abkehr von der Politik der Niedriglöhne und eine Abkehr vom Stabilitäts- und Wachstumspakt. Diese Dinge gehören eigentlich auf den Müllhaufen der Geschichte. Wir brauchen endlich eine vernünftige Investitionspolitik, deren Vorreiter Deutschland sein müsste. Alleine in Deutschland bräuchten wir Mehrinvestitionen in Höhe von 100 Milliarden Euro im Jahr. Diese 10 Milliarden Euro plus 5 Milliarden Euro sind deutlich zu wenig.

Ich wiederhole gerne, was ich gestern gesagt habe: Reden Sie mit den Ländern, reden Sie mit den Kommunen. Schauen Sie sich die Infrastruktur in diesem Land an. Schauen Sie sich den Zustand der Brücken und Schulen an. Da besteht ein riesiger Investitionsbedarf. Wenn man da nichts tut, dann wird es sehr teuer für zukünftige Generationen. Deshalb wäre es klug, bei der jetzigen Niedrigzinspolitik zu investieren; das wäre für den Steuerzahler billiger, als jahrelang zu warten und dieses Land auf Verschleiß zu fahren.

Europas Jugend braucht mehr Chancen. Aber der Juncker-Plan gibt darauf leider keine Antwort. Unser Antrag ist sinnvoller. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu und lehnen Sie den Juncker-Plan ab!

Vielen Dank