Zum Hauptinhalt springen

Kommunen stärken anstatt Geflüchtete zu entrechten!

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon der Titel der Aktuellen Stunde zeigt, dass die Union die Forderungen der AfD übernommen hat, zumindest einige von Ihnen wie Merz oder Spahn, der sich für gewaltsame Zurückweisung an den Grenzen ausgesprochen hat.

(Dr. Gottfried Curio [AfD]: Das ist zutreffend!)

Das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch rechtswidrig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Max Lucks [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Beschlüsse der MPK sind vor diesem Hintergrund desaströs, und ich mache das gleich an zwei Komplexen deutlich. Das einzig Erfreuliche ist, dass die Länder Thüringen – mit einem linken Ministerpräsidenten – und Bremen – mit einer linken Regierungsbeteiligung – hierzu eine kritische Protokollerklärung abgegeben haben.

Der erste wichtige Punkt: Der Bund macht viel zu wenig und lässt die Kommunen und Länder im Regen stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt die Länder bei der Finanzierung der Unterbringung von Geflüchteten ausreichend zu unterstützen, hat man sich jetzt darauf geeinigt, drastische Leistungskürzungen vorzunehmen. Asylsuchende und Geduldete müssen künftig drei Jahre unter dem Existenzminimum leben. Diese Verschärfung ist ein unverfrorener Angriff auf die Menschenwürde der Betroffenen.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Sie können ja wieder gehen, wenn sie das nicht wollen!)

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach die willkürlichen Kürzungen im Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt und klipp und klar gesagt, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativiert werden darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Richtig wäre es deshalb an dieser Stelle, das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz ein für alle Mal abzuschaffen. Das haben gerade auch mehr als 150 Organisationen wie Pro Asyl in einem Appell gefordert.

(Zuruf von der AfD)

Der zweite wichtige Punkt: Bund und Länder haben sich erneut zu Binnengrenzkontrollen bekannt. Dass die seit Jahren stattfindenden Kontrollen an der Grenze zu Österreich EU-rechtswidrig sind, stört hier in diesem Haus offensichtlich niemanden mehr. Die Bundesregierung hat nun auch für die Grenzen zu Tschechien, Polen und der Schweiz stationäre Grenzkontrollen angemeldet. Außerdem findet mehr Schleierfahndung statt, was immer ein erhöhtes Risiko für Racial Profiling bedeutet.

Diese Maßnahmen an der Grenze sollen angeblich helfen, die Zahl der Geflüchteten in Deutschland zu reduzieren. Das ist allerdings Unsinn; denn Asylsuchende dürfen an der Grenze aus gutem Grund nicht zurückgewiesen werden. Ob Deutschland oder ein anderer Staat für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist, entscheidet nicht die Bundespolizei, sondern das BAMF. Wer behauptet, Grenzkontrollen seien ein Mittel, um die Zahl der Asylanträge zu senken, hat entweder keine Ahnung vom Migrationsrecht oder – schlimmer noch – will die Bundespolizei anstiften, illegale Zurückweisungen durchzuführen. Das wäre wirklich katastrophal!

(Beifall bei der LINKEN)

In den letzten Monaten häufen sich nämlich die Hinweise, dass genau das schon jetzt regelmäßig geschieht: Die Zahl der Zurückweisungen ist stark angestiegen. Betroffen sind vor allem Menschen aus Afghanistan, Syrien und der Türkei. Es gibt auch Berichte von Betroffenen, die sagen, sie hätten deutlich ein Asylgesuch geäußert und seien dennoch von der Bundespolizei zurückgewiesen worden.

Von einer selbsterklärten Fortschrittskoalition würde ich erwarten, dass sie diese Vorwürfe aufklärt und Pushbacks unterbindet. Denn was es eigentlich bräuchte, liegt doch auf der Hand. Als Linke haben wir das oft gesagt und auch entsprechende Anträge eingebracht. Aber Ihnen von der SPD und von den Grünen ist offensichtlich nicht an einer menschenrechtebasierten Asylpolitik gelegen, und ich frage mich, ob Sie sich dem Druck von rechts ernsthaft beugen.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Was denn jetzt?)

Die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine hat doch gezeigt, wie es funktionieren kann: sofortiger Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sprachkursen, Unterbringung in privaten Wohnungen, volle Sozialleistungen. Aus diesen Erfahrungen ließe sich doch für den Umgang mit allen Geflüchteten lernen, damit es keine Geflüchteten erster und zweiter Klasse gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber das reicht natürlich nicht aus; das ist mir auch schon klar. Zusätzlich muss massiv in kommunale Infrastruktur investiert werden. Die Kommunen wurden jahrelang kaputtgespart. Dass es an bezahlbaren Wohnungen, guten Schulen, einer ordentlichen Gesundheitsversorgung mangelt,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Bodo Ramelow!)

ist die Folge einer neoliberalen Politik und nicht die Schuld von Geflüchteten.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier gilt es umzusteuern. Aber weil Bund und Länder hieran offensichtlich kein Interesse haben, treten sie einfach nach unten und treiben die Entrechtung von Geflüchteten weiter voran. Dass selbst die Grünen diese Beschlüsse loben und so zeigen, dass sie ihre eigenen Werte verraten, ist vor allem für die Betroffenen, die vor Krieg fliehen, sehr bitter.

Es ist ein schrecklicher Konsens bei allen Parteien außer bei der Linken geworden, Geflüchtete zu bekämpfen, statt Kommunen dabei zu unterstützen und ihnen zu helfen, die Schutzsuchenden angemessen zu versorgen. Als Linke werden wir uns diesem Rechtsruck weiterhin entschlossen entgegenstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)