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CETA: Wo bleibt der Aufschrei der Demokraten?

Rede von Christian Leye,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Worum geht es? Es geht darum, dass mit CETA internationale Konzerne die Möglichkeit bekommen sollen, gegen demokratische Entscheidungen, zum Beispiel hier im Bundestag, vor Sondergerichten zu klagen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein, stimmt nicht! Darum geht es nicht!)

Das müsste doch eigentlich zu einem Aufschrei unter allen Demokratinnen und Demokraten führen. Wollen Sie als Gesetzgeber wirklich beschließen, dass Sie Konzernen keine Gesetze mehr vorgeben können, ohne dass die Sie vor ein Sondergericht ziehen? Frage in die Runde: Wenn Sie denken, dass Sie als Gesetzgeber für Konzerne nicht geeignet sind, warum sagen Sie das nicht Ihren Wählerinnen und Wählern? Aber darüber wird kaum gesprochen. Stattdessen reden wir über Werte. Und Sie wollen uns weismachen, dass gerade jetzt, in der Energiekrise CETA notwendig sei. Ich will mal anhand von Fallbeispielen erklären, warum genau das Gegenteil richtig ist.

So gab es in Kanada vollkommen zu Recht Widerstand der Bevölkerung gegen Fracking durch den Öl- und Gaskonzern Lone Pine. 100 Bürgerinitiativen wehrten sich; mehr als 130 000 Menschen unterzeichneten Onlinepetitionen. Die Provinzregierung stoppte das Fracking und fand sich vor einem Sondergericht wieder, wo sie von dem Konzern auf Millionensummen verklagt wurde. Frage in die Runde: Warum wollen Sie sich beim Abwägen zwischen Energieförderung und Umweltschutz derartig die Hände binden lassen?

(Beifall bei der LINKEN)

Aktuelles Beispiel aus Italien. Da verklagt das Ölförderunternehmen Rockhopper den italienischen Staat, weil nach Protesten aus der Bevölkerung in einer 12‑Meilen-Zone vor der Küste kein Öl mehr gefördert werden darf. Vor einem privaten Schiedsgericht hat der Konzern dann Recht bekommen. Der italienische Staat muss 190 Millionen Euro zahlen, weil er seine Bevölkerung schützen wollte. Frage in die Runde: Wollen Sie in Sachen Ölförderung wirklich die Konzerne fragen, bevor Sie Ihre eigenen Wählerinnen und Wähler fragen?

(Beifall bei der LINKEN)

Den Vogel abschießen tut der Energiekonzern Uniper; denn das Unternehmen verklagt gerade den niederländischen Staat vor einem Schiedsgericht. Der Konzern fordert knapp 1 Milliarde Euro, weil in den Niederlanden die Regierung bis 2030 aus der Kohle aussteigen will. Frage in die Runde: Wenn Uniper jetzt verstaatlicht werden soll, verklagt dann die deutsche Bundesregierung die niederländische Bundesregierung,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die Niederlande haben keine Bundesregierung!)

weil die etwas wollen, was wir so ähnlich auch wollen? Das ist doch der Wahnsinn in Tüten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Energiekrise und zu CETA. Sie ändern doch gerade im Wochentakt Ihre Energiepolitik, weil Sie, ehrlich gesagt, keinen Plan haben, wie wir durch diesen Winter kommen sollen. Gaspreisdeckel, Verstaatlichung, ein neues Strommarktdesign, Übergewinnsteuer, Preiskontrollen – für welche dieser Maßnahmen könnte man sich eigentlich vor einem Sondergericht wiederfinden, weil sie irgendeinem Energiekonzern nicht passen? Das ist doch der absolute Wahnsinn.

Deswegen: Kein Demokrat und keine Demokratin haben das Recht, vor dem internationalen Kapital derartig auf den Knien zu rutschen. Sagen Sie Nein zu diesem Abkommen!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)